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Trauer um Nobilia-seniorchef Werner Stickling
Nach langer Krankheit ist der Küchenpionier aus Verl am Freitag im Alter von 79 Jahren gestorben. Aus der Schreinerei des Vaters und Onkels entwickelte er den weltweit führenden Hersteller von Küchenmöbeln.
Verl. Trauer um eine große Unternehmerpersönlichkeit: Werner Stickling, Seniorchef des Verler Küchenherstellers Nobilia, ist am Freitagmorgen, 17. Mai, nach langer Krankheit im Alter von 79 Jahren gestorben. Bis zuletzt war der Küchenpionier für die mehr als 4.500 Mitarbeiter, davon gut 3.000 in Verl, „unser Chef Werner“.
„Werner Stickling war einer der bedeutendsten Unternehmerpersönlichkeiten des Kreises Gütersloh und Ostwestfalens. Er besaß in der Unternehmerschaft höchstes Ansehen“, sagte Burkhard Marcinkowski, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Unternehmerverbandes für den Kreis Gütersloh, am Freitag auf Nw-anfrage. „Seine Vision und sein unternehmerischer Geist haben unser Unternehmen geprägt und waren die Basis für nachhaltiges Wachstum. Wir trauern um eine große Unternehmerpersönlichkeit und einen herausragenden Menschen“, so die Nobilia-geschäftsführung in einer Mitteilung.
Ende der 1960er Jahre übernahm Werner Stickling Führungsverantwortung in dem Unternehmen, das 1945 kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs von seinem Vater Johann und seinem Onkel Willy als Schreinerei gegründet worden war. Im Gründungsjahr von Nobilia wurde Werner Stickling am 10. Januar in Gütersloh geboren und wuchs in Avenwedde auf.
Nach einer Tischlerlehre und anschließender Techniker-ausbildung stieg er 1967 in die von seinem Vater geführte Firma ein. Seinerzeit spezialisierte sich Nobilia, das bis dahin vor allem kleine Küchenbuffets und Nähschränke gebaut hatte, mit damals 145 Mitarbeitern auf Einbauküchen. 1970 übernahmen die beiden Brüder Heinz und Werner Stickling die Unternehmensführung. Während sich Heinz, der 1999 bei einem Unfall ums Leben kam, um Verwaltung und Vertrieb kümmerte, verantwortete der erst 25-jährige Werner die Bereiche Produktion und Technik.
Um neue Produktionskapazitäten zu schaffen, errichtete Nobilia 1970 auf einem 51.000 Quadratmeter großen Grundstück in Verl-sürenheide ein neues, zunächst 7.000 Quadratmeter großes Werk – bis heute Keimzelle und Stammsitz des Unternehmens. Unter der technischen Leitung von Werner Stickling entwickelte sich Nobilia zum weltweit führenden Hersteller von Küchenmöbeln und zum Marktführer in Europa. 1996 verabschiedete sich Stickling aus dem operativen Geschäft und übernahm den Vorsitz des Nobilia-beirats. Seit 2015 fungierte er als Ehrenvorsitzender dieses Beirats.
Auch in dieser Zeit hielt er immer engen Kontakt zum Unternehmen und seinen Mitarbeitern. Interne Veranstaltungen – vom Familientag über das Fußballturnier bis zu Jubilarund Weihnachtsfeiern – besuchte er ebenso wie die alljährliche Hausmesse im Herbst oder die Bilanzpressekonferenzen. Bis vor kurzem ging Stickling noch jede Woche durch die Werke in Sürenheide und Kaunitz.
„Zeit seines Lebens war es ihm wichtig, eine Unternehmenskultur zu etablieren, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders wertschätzt. Werner Stickling wurde dabei stets als warmherziger, gutmütiger und fürsorglicher Familienunternehmer wahrgenommen, für den eine enge und persönliche Verbindung zu seiner Nobilia-mannschaft selbstverständlich war“, teilte die Nobilia-geschäftsführung gestern mit.
Bereits von Krankheit gezeichnet ließ es sich Stickling im Januar 2020 nicht nehmen, mit mehr als 300 Gästen in der Klosterpforte Marienfeld seinen 75. Geburtstag zu feiern. Einen seiner letzten öffentlichen Auftritte hatte er im März 2022 bei der Einweihung der A2-autobahnbrücke zwischen den Nobiliawerken Sürenheide und Spexard sowie im August 2023, als er auf der Feier zum 75. Nobilia-geburtstag den Auftritt von Superstar Helene Fischer ankündigte.
„Werner Stickling war ein Unternehmer, wie er im Buche steht. Er hatte Rückgrat, auf sein Wort konnte man sich immer verlassen. Für seine Mitmenschen hat er viel getan“, sagte der Verler Alt-bürgermeister Paul Hermreck.
Ehrenamtlich war Werner Stickling im Kuratorium der Bürgerstiftung Gütersloh tätig, außerdem engagierte er sich für das Theater der Stadt Gütersloh und für andere soziale Projekte. Ruhe und Erholung suchte und fand der passionierte Golfspieler am liebsten auf Sylt und Mallorca. „Werner Stickling hat sich auch durch sein starkes soziales Engagement hohes Ansehen erworben und war damit ein glaubhaftes unternehmerisches Vorbild“, sagte Burkhard Marcinkowski.
Der Verstorbene hinterlässt seine Töchter Marion und Anja Stickling. Beide sind im Unternehmen tätig.