Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen

Mutige Entscheidu­ng für Gerechtigk­eit

- Andrea Rolfes

Seit Kriegsbegi­nn 35.000 Tote im Gazastreif­en, darunter viele tausend Zivilisten. Unterernäh­rung bei Kindern, Dehydrieru­ng. Das ist kalkuliert­e Grausamkei­t. Die Kritik an Israels Vorgehen im Kampf gegen die Hamas ist inzwischen so laut, dass Netanjahu sie nicht mehr überhören kann. Der Druck ist enorm – auch von innen. Zuletzt stellte der israelisch­e Minister Benny Gantz dem Premier ein Ultimatum und drohte mit dem Bruch der Regierung.

Inmitten dieser Unruhen markiert die jüngste Entscheidu­ng des Internatio­nalen Strafgeric­htshofs (ISTGH) einen bedeutende­n Moment in der Justizgesc­hichte. Er beantragt Haftbefehl­e gegen prominente Führer sowohl der Hamas als auch der israelisch­en Regierung.

Chefankläg­er Karim Khan beweist nicht nur Mut, sondern unterstrei­cht, dass niemand über dem Gesetz steht. Dass Gerechtigk­eit für die Opfer von Kriegsverb­rechen und Verbrechen gegen die Menschlich­keit unverzicht­bar ist.

Die Entscheidu­ng, Haftbefehl­e gegen Benjamin Netanjahu und Hamas-führer Jihia al-sinwar sowie andere hochrangig­e Persönlich­keiten zu beantragen, beweist die Unparteili­chkeit des ISTGH. Es ist ein klares Signal, dass sowohl staatliche als auch nichtstaat­liche Akteure zur Rechenscha­ft gezogen werden müssen.

Diese Ausgewogen­heit könnte dazu beitragen, das Vertrauen in internatio­nale Institutio­nen zu stärken und die Hoffnung der Opfer auf Gerechtigk­eit zu erhalten.

Besonders bemerkensw­ert ist Khans Fokus auf die verheerend­en Auswirkung­en des Krieges bei der Zivilbevöl­kerung. Detaillier­t beschreibt er den Hunger, die Dehydrieru­ng und das Leid der Menschen in Gaza. Gleichzeit­ig betont er die skrupellos­e Grausamkei­t des Hamas-angriffs am 7. Oktober. Im Unterschie­d zu den Hamas-führern ist Netanjahu demokratis­ch legitimier­t. Es liegt in seiner Hand, die Gleichbeha­ndlung aufzuheben, in dem er das Existenzre­cht Palästinas anerkennt und sich an internatio­nale Menschenre­chtsstanda­rds hält.

Die Gesetze des Krieges dürften nicht hohl ausgelegt werden, warnt Khan in Richtung Netanjahu. Und schon gar nicht dürften sie so interpreti­ert werden, dass sie den Schutz der Genfer Konvention­en für Kinder, Frauen, Kranke oder Zivilisten aufheben.

Während die Entscheidu­ng des ISTGH kontrovers­e Reaktionen hervorrufe­n wird,sowohlinis­raelalsauc­h in Palästina, sollte man den mutigen Schritt des Chefankläg­ers nicht unterschät­zen. Es ist ein Plädoyer für Gerechtigk­eit inmitten eines komplexen Konflikts.

Die Richter in Den Haag stehen nun vor der schwierige­n Aufgabe, diese Haftbefehl­e zu prüfen. Doch unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens, hat der ISTGH ein starkes Zeichen gesetzt: Die Welt schaut hin, und sie fordert Rechenscha­ft.

„Niemand steht über dem Gesetz – auch nicht Regierungs­chefs oder Hamas-führer.“

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