Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Mutige Entscheidung für Gerechtigkeit
Seit Kriegsbeginn 35.000 Tote im Gazastreifen, darunter viele tausend Zivilisten. Unterernährung bei Kindern, Dehydrierung. Das ist kalkulierte Grausamkeit. Die Kritik an Israels Vorgehen im Kampf gegen die Hamas ist inzwischen so laut, dass Netanjahu sie nicht mehr überhören kann. Der Druck ist enorm – auch von innen. Zuletzt stellte der israelische Minister Benny Gantz dem Premier ein Ultimatum und drohte mit dem Bruch der Regierung.
Inmitten dieser Unruhen markiert die jüngste Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs (ISTGH) einen bedeutenden Moment in der Justizgeschichte. Er beantragt Haftbefehle gegen prominente Führer sowohl der Hamas als auch der israelischen Regierung.
Chefankläger Karim Khan beweist nicht nur Mut, sondern unterstreicht, dass niemand über dem Gesetz steht. Dass Gerechtigkeit für die Opfer von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit unverzichtbar ist.
Die Entscheidung, Haftbefehle gegen Benjamin Netanjahu und Hamas-führer Jihia al-sinwar sowie andere hochrangige Persönlichkeiten zu beantragen, beweist die Unparteilichkeit des ISTGH. Es ist ein klares Signal, dass sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure zur Rechenschaft gezogen werden müssen.
Diese Ausgewogenheit könnte dazu beitragen, das Vertrauen in internationale Institutionen zu stärken und die Hoffnung der Opfer auf Gerechtigkeit zu erhalten.
Besonders bemerkenswert ist Khans Fokus auf die verheerenden Auswirkungen des Krieges bei der Zivilbevölkerung. Detailliert beschreibt er den Hunger, die Dehydrierung und das Leid der Menschen in Gaza. Gleichzeitig betont er die skrupellose Grausamkeit des Hamas-angriffs am 7. Oktober. Im Unterschied zu den Hamas-führern ist Netanjahu demokratisch legitimiert. Es liegt in seiner Hand, die Gleichbehandlung aufzuheben, in dem er das Existenzrecht Palästinas anerkennt und sich an internationale Menschenrechtsstandards hält.
Die Gesetze des Krieges dürften nicht hohl ausgelegt werden, warnt Khan in Richtung Netanjahu. Und schon gar nicht dürften sie so interpretiert werden, dass sie den Schutz der Genfer Konventionen für Kinder, Frauen, Kranke oder Zivilisten aufheben.
Während die Entscheidung des ISTGH kontroverse Reaktionen hervorrufen wird,sowohlinisraelalsauch in Palästina, sollte man den mutigen Schritt des Chefanklägers nicht unterschätzen. Es ist ein Plädoyer für Gerechtigkeit inmitten eines komplexen Konflikts.
Die Richter in Den Haag stehen nun vor der schwierigen Aufgabe, diese Haftbefehle zu prüfen. Doch unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens, hat der ISTGH ein starkes Zeichen gesetzt: Die Welt schaut hin, und sie fordert Rechenschaft.
„Niemand steht über dem Gesetz – auch nicht Regierungschefs oder Hamas-führer.“