Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Besorgt über brutale Taten und Politikmüdigkeit
Es gibt in unserer Gemeinde eine Gruppe, der es wichtig ist, sich klarzumachen, wie wir in Deutschland von unserer Weltoffenheit und von Europa profitieren. Können wir daher zusammen eine Veranstaltung zur Europawahl anbieten? Diese und ähnliche Fragen erreichten mich in der evangelischen Erwachsenenbildung in den vergangenen Monaten.
Auch Christinnen und Christen sind derzeitig besorgt über polarisierende Sprache und brutale Taten, über Politikmüdigkeit und deren Folgen sowie über das Erstarken extrem rechter Bewegungen. Kirchliche Funktionsträgerinnen und -träger beziehen Stellung: Die amtierende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) Kirsten Fehrs erklärt „völkischen Nationalismus und Christentum für unvereinbar“.
Auch in Bielefeld machen sich derzeitig engagierte Menschen und Gemeindegruppen auf den Weg. Sie entwickeln Bildungsveranstaltungen. Das sind beispielsweise Gesprächskreise zur Europa-wahl, Vorträge über die „Radikalisierung in der Gesellschaft“oder zu „offener Demokratie und sicheren Räumen“.
Manche Christinnen und Christen waren darüber irritiert. Sie kritisierten, dass in kirchlichen Räumen verstärkt
Diakonin Kerstin Schachtsiek
politische Fragen erörtert werden. Viele zeigten sich jedoch erleichtert und waren dankbar für dezidierte und aktuelle Infos etwa zur rechten Szene in Ostwestfalen-lippe oder zur Demokratie in Deutschland und Europa. Dank der Auseinandersetzungen mit neuen Forschungsergebnissen und dem Gespräch darüber konnten Situationen besser eingeschätzt werden. Die eigene Sprachlosigkeit zu überwinden, lag vielen Teilnehmenden am Herzen.
Bleibt die Frage: Was gehen uns die gesellschaftspolitischen Themen an? Viel, denke ich. Als Erwachsenenbildnerin in der Evangelischen Kirche bin ich zum einen verpflichtet, demokratische Bildung zu fördern. Persönlich halte ich es als Christin für notwendig, mich immer wieder „upzudaten“.
Zu fragen, worauf sich mein Glauben begründet, wie dieser mit der gesellschaftlichen Realität in Verbindung steht und welche Konsequenzen das für mein Handeln hat. Von daher freut es mich, dass sich viele Menschen über den evangelischen Tellerrand hinweg vernetzen. Beispielsweise im „Bielefelder Bündnis gegen Rechts“oder im Gremium „Dialog der Religionen“sowie in vielen anderen Aktionsbündnissen. Sie agieren demokratisch und setzen sich für eine Gesellschaft ein, die Minderheiten schützt. Im besten Sinne biblisch.