Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld mit Oerlinghausen
Neuer Stern am Kinohimmel – aus SHS
Dileyla Agirman (14) spielt die Hauptrolle im Kinder- und Jugendfilm „Sieger sein“, der mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde und zurzeit bei den Filmfestspielen in Cannes beworben wird.
Schloß Holte-stukenbrock. Auf der Leinwand zu sehen, wie ihre Dileyla gemobbt, geschubst und beschimpft wird, das konnte die Familie der inzwischen 14-Jährigen bei der Premiere des Films „Sieger sein“kaum ertragen. So überzeugend hat Dileyla in ihrer Hauptrolle gespielt, was dem Flüchtlingsmädchen Mona widerfährt. Am Ende des Film steht sie zusammen mit den Mädchen, die sie so mies behandelt haben, Arm in Arm auf einer Art Bühne – weil sie gemeinsam Sieger sind. Wie im wahren Leben. Dileyla Agirman erlebt gerade etwas, was im Traum nicht schöner sein könnte. Die junge Schloß Holterin ist – so schätzen es viele Fachleute ein – ein neuer Stern am Kinohimmel.
„Sieger sein“(zum Inhalt: siehe Zusatztext) ist eingestuft als „Der besondere Kinderfilm“, wurde zum Auftakt der Berlinale vor einem regelrecht ausflippenden Publikum gezeigt, mit dem Deutschen Filmpreis „Lola“ausgezeichnet und wird gerade auf den Filmfestspielen in Cannes beworben. Kritiker überschlagen sich vor Begeisterung. „Rotzig, witzig und voller Energie“titelt zum Beispiel Julia Haungs vom SWR. „Ein Problemfilm ist ,Sieger sein’ trotz der vielen verhandelten Probleme nicht. Er dürfte vielen Kindern, die sich in bürgerlichen Wohlstandswelten nicht wiederfinden, das Gefühlt geben, gesehen zu werden.“Hauptfigur Mona ist mit ihrer Familie aus Syrien geflüchtet und muss sich an einer Problemschule in Berlin-wedding zurechtfinden, was letztlich über den Fußball gelingt.
„Wir wollen Dich für die Mona.“Dieser Satz am Ende des Casting-prozesses – wegen Corona online – im April vor zwei Jahren hat Dileyla Agirman inzwischen auf viele rote Teppiche, auch im Ausland, gebracht. Hätte sie nie gedacht, sagt sie. Auf Dileylas Wunsch hin hatten sie ihre Eltern Leyla und Bayram Agirman im August 2021 bei einer Düsseldorfer Schauspielagentur angemeldet – ohne ernsthafte Hintergedanken. Und dann kam die Einladung zum Casting für „Sieger sein“.
Dileyla Agirman hat kurdische Wurzeln. Sie ist in Hildesheim geboren und lebt seit 2015 mit ihrer Familie in Schloß Holte. Manche Nwleser kennen sie auch als erfolgreiche Kung-fu-kämpferin. Schon mit neun Jahren hat sie einen schwarzen Gürtel bekommen und musste dafür unter anderem einen Ziegelstein durchschlagen. Ihre Sportlichkeit und ihre Fußballerfahrung als Stürmerin und Torfrau seit der Grundschule waren für „Sieger sein“wichtig.
Die Dreharbeiten waren eigentlich für 2022 geplant, verschoben sich dann wegen der Corona-pandemie auf die Zeit von März bis Juni vergangenen Jahres. Kinder in dem Alter, Dileyla war zu der Zeit 13, dürfen nicht länger als fünf Stunden am Set verbringen und maximal drei Stunden davon drehen.
Deshalb, und auch für den Krankheitsfall, hatte jeder der 14 Jugendlichen, die eine große bis größere Rolle in „Sieger sein“spielen, mehrere Double. Alle jungen Darsteller wurden von der Filmcrew liebevoll betreut und niemals überfordert, sagt Dileylas Mutter Leyla, die ihre Tochter jedes Wochenende in Berlin besucht und zusammen mit der Familie zu den abschließenden Dreharbeiten im Irak begleitet hat.
Mit einer vergleichsweise einfachen Szene fingen für Dileyla die Dreharbeiten an, die etwa in der Filmmitte zu sehen ist: Mona mit Taschenlampe unter der Bettdecke, die um ihre Tante trauert, die im syrischen Widerstand gefallen ist. Da konnte Dileyla zur Verblüffung von Regisseurin Soleen Yusef beweisen, dass sie ohne Veranlassung auf Anhieb weinen kann. In dieser Szene sitzt im Schlafanzug auf dem Nachbarbett – Dileylas kleine Schwester Viyan. Die jetzt Siebenjährige hatte fünf Drehtage und keine Sprechrolle, aber durch ihren Ausdruck bei der Filmcrew einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, wie die Regisseurin bei der Filmpremiere in Bielefeld vor einigen Wochen hervorhob. In zwei Kinosälen des Lichtwerks im Ravensberger Park wurde „Sieger sein“für Familie und Freunde parallel gezeigt. Die Begeisterung für Dileylas Schauspiel und Viyans Beteiligung war grenzenlos. Auch bei Lehrern des Gymnasiums, die mit dem Nachhilfeunterricht am Set einverstanden waren, und ihrer ehemaligen Grundschullehrerin, die sie immer unterstützt und prophezeit haben: „Du wirst einmal Schauspielerin.“
Inzwischen sagen Profis Dileyla eine steile Karriere voraus, und die inzwischen 14Jährige sagt auch, sie würde gerne weiter drehen. Das Abitur muss aber in jedem Fall sein.
Und was man auch noch wissen sollte: „Sieger sein“soll in das Lehrprogramm aller Schulen aufgenommen werden. Und ist auch für Erwachsene spannend und anrührend.
Profis sagen ihr eine steile Karriere voraus