Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
38.000 Fälle von Partnerschaftskriminalität zählte das Landeskriminalamt zuletzt jährlich in NRW. In 84 Prozent der Fälle sind Frauen oder Mädchen Opfer dieser Straftaten. Oftmals geht es dabei um sexuelle Gewaltanwendung und brutale Körperverletzung.
Schon lange gibt es die Vermutung, dass die amtlich bekannt gewordenen Delikte nur einen Teil der tatsächlich verübten Partnerschaftskriminalität ausmachen. Um das Dunkelfeld der Gewalttaten in der Partnerschaft oder unter ExPartnern genauer auszuloten, haben das NRW-Gleichstellungsministerium und das NRW-Innenministerium jetzt eine große Studie in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse dieser sogenannten Dunkelfeld-Studie sollen Anfang des Jahres 2020 vorliegen.
Vergleichbare Studien gibt es schon länger in Niedersachsen, aber auch in SchleswigHolstein und MecklenburgVorpommern. Die Studien in Niedersachsen hätten beispielsweise ergeben, dass zwar 94 Prozent aller Kfz-Diebstähle, aber nur sieben Prozent aller Sexualstraftaten angezeigt würden, sagte Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU).
Das Besondere der Studie in NRW: Erstmals geht es nicht nur um Gewalt gegen Mädchen und Frauen, sondern auch gegen Jungen und Männer. „Schließlich sind 16 Prozent der Opfer von Partnerschaftskriminalität männlich“, sagte Scharrenbach. Es könne gut sein, dass künftig neben den 60 Frauenhäusern in NRW auch Schutzwohnungen für Jungen und Männer erforderlich werden, fügte Scharrenbach hinzu.
Für die 500.000 Euro teure Studie sollen insgesamt 60.000 Personen ab 16 Jahre anonym in 81 Städten befragt werden, darunter elf Kommunen aus OWL (unter anderem Bielefeld, Paderborn und Herford). Die Befragten erhalten einen Fragebogen mit insgesamt 54 Fragen. Um tragfähige Ergebnisse zu erzielen, sei ein Rücklauf von 25 Prozent erforderlich, erläuterte Innenminister Herbert Reul (CDU). Wissenschaftlich begleitet wird die Studie vom Infas-Institut für angewandte Sozialforschung in Bonn.
Mit der Studie wollen die Ministerien auch Erkenntnisse über die gefühlte (Un-)Sicherheit in NRW gewinnen. Deshalb beziehen sich einige der Fragen auch auf das Wohnumfeld und die allgemeine Erfahrung mit Kriminalität, sagte Innenminister Reul.