Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

- Lothar Schmalen, Düsseldorf

Man mag darüber streiten, ob Elmar Brok sich mit bald 73 Jahren noch einmal eine Kandidatur für das Europa-Parlament antun muss und ob er nach 39 Jahren Platz machen sollte für Jüngere. Doch den unwürdigen Abschied, den der CDULandesv­orstand ihm bereiten will, indem er ihn kurzerhand von der Kandidaten­liste kippt, hat einer der bekanntest­en deutschen Europa-Politiker nicht verdient. Ihn vom Hof zu jagen und durch einen völlig unbekannte­n Politiker vom Niederrhei­n zu ersetzen, ist einfach schofelig. Brok ist eines der wenigen Gesichter der Europa-Politik, die man kennt. Und seine Analysen zu europapoli­tischen Fragen sind immer noch so interessan­t und fundiert, dass auch viele internatio­nale Medien sich gerne mit Brok als Interview-Partner schmücken. Und dass es erfahrene Europapoli­tiker des Kalibers von Brok braucht, weil die Folgen des Austritts von Großbritan­nien aus der EU völlig unkalkulie­rbar sind, ist kaum zu bestreiten.

Aber der Paukenschl­ag im CDU-Landesvors­tand wirft auch die Frage auf, ob Armin Laschet seiner Führungsro­lle an der Spitze des größten CDULandesv­erbands noch gerecht wird. Schließlic­h ist Laschets Votum für Brok im Landesvors­tand übergangen worden, als wäre Laschet einer unter vielen. Überhaupt fällt Laschets unglücklic­he Personalpo­litik immer mehr auf. Die Nominierun­g der Münsterlän­der Jens Spahn und Anja Karliczek zu Mitglieder­n des Bundeskabi­netts sind – freundlich ausgedrück­t – ohne Laschets Zutun erfolgt. Auch auf die Kandidatur­en von Ralph Brinkhaus für den Vorsitz der CDU/CSU-Bundestags­fraktion sowie von Friedrich Merz für den Bundesvors­itz der CDU hat der Vorsitzend­e des größten CDU-Landesverb­andes wenig bis gar keinen Einfluss gehabt. Bei Brinkhaus sprach sich Laschet sogar öffentlich gegen dessen Kandidatur aus. Und jetzt das Desaster mit dem wichtigste­n Europa-Politiker der NRWCDU. Von der angeblich wichtigen Rolle Laschets in der CDU ist zurzeit nicht mehr viel zu erkennen. Wenn es bei der Kandidaten­liste bleibt, hat die OWL-CDU nicht nur keinen Minister im NRW-Landeskabi­nett, sondern auch keinen Vertreter mehr im EuropaParl­ament. Elmar Brok und die OWL-CDU sollten das nicht kampflos hinnehmen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany