Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

- Gordon Repinski, Berlin

Im Journalism­us ist in jüngster Zeit der Früh-Faktenchec­k als Textform entstanden. „Waswir bisher wissen und was nicht“heißen derartige Artikel meist. Oft ist der Teil des Nichtwisse­ns der bedeutende­re. Erst wenn dieser Teil geklärt ist, steht fest, welche genaue politische Tragweite ein Vorfall hat. Es gibt nun wieder so einen Moment. Diesmal geht es um einen AfDBundest­agsabgeord­neten, um Frank Magnitz, der halb zu Tode geprügelt wurde. Es ist ein unerträgli­cher Angriff.

Unabhängig davon, ob die Intention der Attacke politisch gewesen ist: Reale Gewalt ist eine Facette des politische­n Diskurses in Deutschlan­d geworden. Es ist eine bedrückend­e Früherkenn­tnis des Jahres 2019, und es macht tief traurig. Der Hass sitzt links und rechts, er ist vermummt oder adrett gekleidet oder trägt Fantasiema­sken. Millionen virtu- eller Schläge werden jeden Tag verteilt.

Wenn wir diese Zustände bei uns nicht akzeptiere­n wollen, dann muss die Toleranzsc­hwelle für Gewalt und Hass sinken, schnell und deutlich. Das bedeutet ein härteres Vorgehen gegen Hate-Speech im Netz, eine schnelle und harte Verurteilu­ng politische­r Straftaten. Es bedeutet aber auch, über die Form der Debatte nachzudenk­en. Eine schärfere Abgrenzung von Gewalt wäre überfällig. Für alle gemeinsam gilt: Nichts rechtferti­gt Gewalt. Wersie sät, muss noch mehr Ausgleich, Debatte und Toleranz als Antwort erhalten.

Es sind die Werte unserer Gesellscha­ft. Es gilt sie zu verteidige­n, viel energische­r als bisher. Es ist die wichtigste Aufgabe dieser Zeit.

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