Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Frank W. und sein Mann sind HIV-positiv und in der Privatinsolvenz. Als das Amtsgericht Paderborn ihrem Chef einen Beschluss faxt, erfährt der ganze Betrieb von ihrer Krankheit – und das ungewollt
¥ Paderborn. Frank W. und sein Lebenspartner wissen seit 15 Jahren, dass sie HIV-positiv sind. Seit April 2018 weiß auch der gemeinsame Arbeitgeber von ihrer Krankheit, obwohl sie das nicht wollten. Ein Fax vom Amtsgericht Paderborn outete sie als HIV-positiv. Auch wenn das Schreiben an den Arbeitgeber adressiert war, machte die Nachricht im gesamten Betrieb die Runde.
Zu der Situation konnte das Amtsgericht Paderborn kurzfristig keine Stellung beziehen. Das Schreiben, indem Frank W. und sein Mann als HIV-positiv bezeichnet werden, liegt dieser Zeitung vor.
„Das hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen“, schildert Frank W. die Auswirkungen des Faxes. Grund für das Schreiben des Amtsgerichts Paderborn war ein Antrag für Mehrbedarf. Beide Männer sind in der Privatinsolvenz. Das heißt: Teile ihres Gehalts bleiben beim Arbeitgeber, um direkt an die Gläubiger verteilt zu werden. Frank W. und sein Mann wollten monatlich mehr Geld bekommen und begründeten ihren Antrag mit ihrer HIVKrankheit sowie mit weiteren Erkrankungen. „Ich bin seit 2006 schwer erkrankt. Das geht mit hohen Kosten für Medikamente, spezielle Lebensmittel und Hygieneartikel einher“, berichtet Frank W.. Als Begründung habe man ihm erklärt, dass keine verfolgbare Straftat zu erkennen sei. Ermittlungen seien daher hinfällig.
„Ich habe nicht den Eindruck, dass unser Outing ein Zufall oder Versehen war“, sagt Frank W.. Gemeinsam mit der Hilfsorganisationen für HIVpositive Menschen wolle er weiter für seine Persönlichkeitsrechte und den Schutz seiner Daten kämpfen.
Trotz der Begründungen des Amtsgerichtes hat sich bereits etwas verändert: In einem Folgebeschluss im September 2018 ist laut Frank W. lediglich von einer chronischen Erkrankung und nicht von HIV die Rede. „Das Amtsgericht hat also durchaus einen Weg gefunden, den Arbeitgeber zu informieren und dabei nicht von HIV zu sprechen“, findet Frank W.. Erst gestern erfuhr er, dass er zum 1. Februar eine Erwerbsminderungsrente erhält. Er ist seit Oktober 2017 krankgeschrieben und hat im Anschluss an das Fax des Amtsgerichtes ein Gespräch mit seinem Arbeitgeber geführt. „Er sagte mir, dass er für mich keine Aufgaben hat und bot mir eine Abfindung an“, berichtet Frank W.. Eine Kündigung wurde bislang von keiner Seite ausgesprochen.
Sein Lebenspartner ist weiterhin in dem Betrieb beschäftigt, findet jedoch, dass sich das Betriebsklima seit dem Fax verändert hat.