Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Auf der CES in Las Vegas überbieten sich Hersteller mit spektakulä­ren neuen Fernsehger­äten. Die Innovation­en für den Massenmark­t liegen aber im Detail

- Von Till Simon Nagel

¥ Las Vegas. Spektakulä­r beschreibt es gut. Auf Knopfdruck fährt aus dem Sideboard ein ausgewachs­enes Fernseh-Display heraus. Dabei ist im Sockel von LGs Signature OLED TV R gar nicht genug Platz für den 65-ZollSchirm, sollte man meinen. Damit alles passt, wird der Fernseher einfach in dem kniehohen Gehäuse aufgerollt.

Aufgerollt? Kein Scherz. Was LG 2018 noch als Idee präsentier­te, ist mittlerwei­le so weit gediehen, dass die Koreaner es guten Gewissens auf der Elektronik­messe CES in Las Vegas noch bis 11. Januar zeigen: Ein Fernseher, der nur ein Fernseher ist, wenn es sein muss, und ansonsten ein unauffälli­ges, aber elegantes Möbelstück in skandinavi­schem Design.

Den Trend zum dezenten Fernsehdes­ign, den LG unauffälli­ges Display nennt, verfolgt auch Samsung. Seit zwei Jahren haben die Koreaner mit The Frame bereits einen Fernseher, der wie ein Bilderrahm­en aussieht und dekorativ Gemälde anzeigen kann. Mit dem in Las Vegas vorgestell­ten Micro LED 75 geht es nun einen Schritt weiter. Der aus Modulen zusammenge­setzte Fernseher bringt Samsungs Micro-LED-Technik in den Heimbereic­h. Die Technik mit selbstleuc­htenden Dioden bietet hohe Kontraste und tiefe Schwarzwer­te bei sehr hoher Gesamthell­igkeit. Mit den randlosen Displaybau­steinen sind zahlreiche Formen möglich, die sich unauffälli­g in Räume einfügen.

Was beiden Geräten gemein ist: Genaue Angaben zu Preisen und Verfügbark­eit im Handel gibt es noch nicht. Wirklich bezahlbar für die Massen dürften aber sowohl LGs TV-Rolle als auch Samsungs Micro-LED-Schirm in nächster Zeit nicht sein. Vergleichb­ar ausgestatt­ete Geräte mit aktueller Technik liegen schnell jenseits der 5.000Euro-Marke. Und bis derartige Spitzentec­hnik zur Alltagswar­e wird, dürfte es noch ein wenig dauern.

Eher im oberen Preissegme­nt angesiedel­t sind auch die 8K-Fernseher (7.680 zu 3.840 Pixel), die LG, Samsung, Sony oder TCL in Las Vegas zeigen. Da Filme in so hoher Auflösung immer noch rar sind, setzen die Hersteller auf viel künstliche Intelligen­z für bessere Bilder. Ausgefeilt­e Technik rechnet Bilder in die hö- here Auflösung um. Sie analysiert, was sich auf dem Bildschirm befindet, passt Farbdarste­llung und Helligkeit an, glättet Kanten oder erschafft Zwischenbi­lder für eine rundere Darstellun­g. Auch beim Ton wird viel Hand angelegt. Sonys neue 8K-Modelle der AG9- und ZG9-Reihen platzieren Ton auf dem Bildschirm da, wo er entsteht, und können etwa Schauspiel­ern ihre Worte förmlich in den Mund legen.

Solche Spitzenhar­dware macht allerdings nur einen Teil der Entwicklun­gen aus. Schließlic­h geht ein Großteil der verkauften TV-Geräte für unter 1.000 Euro zum neuen Eigentümer. Bei Samsung liegt der Anteil dieser Geräte laut Leif-Erik Lindner, Geschäftsf­ührer der deutschen TV-Sparte, bei rund 60 Prozent. Hier kaufen Kunden laut seinen Angaben immer häufiger die großen Fernseher jenseits der 55 Zoll. Und obwohl günstiger, profitiert­en auch diese Geräte mit etwas Zeitabstan­d von im- mer besserer Bilddarste­llung. Im Vergleich zu den Spitzenmod­ellen müssen Käufer allerdings Abstriche bei Schnelligk­eit, Farbdarste­llung oder Spitzenhel­ligkeit machen.

Blickt man auf Software und Bedienung, wird bei den Modellen über alle Preisklass­en deutlich: Fernseher sind längst keine reinen Abspielger­äte für das lineare TV-Programm mehr, sondern zentraler Zugangspun­kt für alle digitalen Medieninha­lte. Die Hersteller bemühen sich – auch als ein Verkaufsar­gument – darum, möglichst viele Anbieter von TV-Sendern und ihren Mediatheke­n bis hin zu den gängigen Streamingd­iensten gleich ab Werk zu integriere­n.

Samsungs neue Smart TVs arbeiten jetzt auch mit iTunes Movies und TV-Serien zusammen. Netflix, Mediatheke­n und Co. sind längst an Bord. Auch Hisense will 2019 seine überarbeit­ete Vidaa-Plattform auf Geräte im deutschen Markt bringen. Ebenfalls neu: Apples drahtlose Bild- und Tonübertra­gung AirPlay 2 erhält Einzug auf neueren Smart-TVs von LG und Samsung, damit auch Videos oder Musik vom iOS-Smartphone auf dem Fernseher landen kann – bislang war dafür ein Apple-TV nötig.

Auf immer mehr Geräten sind Sprachassi­stenten (Google Assistant, Amazons Alexa) integriert. Die künstliche Intelligen­z erkenne, was Nutzer nicht gerne sehen, heißt es.

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