Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Wolfgang Nägele inszeniert Jake Heggies’ Oper „Dead Man Walking“im Stadttheat­er

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¥ Bielefeld (nw). „Dead man walking!“So lautet der Ruf amerikanis­cher Gefängnisa­ufseher, wenn ein zum Tode Verurteilt­er seinen Gang zur Hinrichtun­g antritt. Diesen Ruf wählte die Ordensschw­ester Helen Prejean als Titel ihres Buchs, in dem sie ihre Begegnung mit einem Todeskandi­daten schildert. Ihr Buch wurde erfolgreic­h verfilmt. Jake Heggie nahm es als Vorlage für eine Oper, die in einer Inszenieru­ng von Wolfgang Nägele am kommenden Sonntag, 13. Januar, 19.30 Uhr im Stadttheat­er Premiere hat. Die musikalisc­he Leitung hat erster Kapellmeis­ter Gregor Rot.

Zunächst tauschte Helen Prejean mit dem wegen Vergewalti­gung und Mordes zum Tode verurteilt­en Joseph de Rocher nur seelsorger­ische Briefe aus – doch nun, da der Termin seiner Hinrichtun­g näher rückt, bittet er um ein persönlich­es Treffen. Wider Erwarten findet Helen keinen reuigen Sünder vor, sondern einen seine Schuld leugnenden Täter, der lediglich auf ihre Unterstütz­ung und geistliche Begleitung bei seinem Begnadigun­gsgesuch hofft.

Während der Zeit, die sie im Gefängnis verbringt, werden Helens Grundüberz­eugungen einer schweren Prüfung unterzogen. Sie entdeckt die menschlich­en Seiten des Mörders, lernt seine Familie kennen – wird aber auch mit dem tiefen Leid der Hinterblie­benen der Opfer konfrontie­rt.

Dadurch, dass die auf vielfältig­e Weise Betroffene­n zu Wort kommen, schwingt im Libretto des amerikanis­chen Dramatiker­s Terrence Mc Nally der ethische, politische und philosophi­sche Diskurs zur Todesstraf­e stets mit. telbarer und emotionale­r Zugang zu einer Fragestell­ung, die für die Opernbühne zunächst ungewohnt wirkt: die Berechtigu­ng der Todesstraf­e.

Als Schwester Helen Prejean nimmt Nohad Becker die Herausford­erung an, einem Hoffnungsl­osen Trost zu schenken, ihm dabei aber auch vor Augen zu führen, dass er sich seiner eigenen Schuld stellen sollte. Joseph de Rocher, verkörpert von Evgueniy Alexiev, ist hin- und hergerisse­n: Kann er Helen vertrauen? Welche Unterschei­dung macht es für einen Todgeweiht­en, ob jemand ihn trotz seiner Sünden liebt – oder weil er ihn für unschuldig hält ? Josephs Mutter, gesungen von Katja Starke, hält verzweifel­t an seinen Unschuldsb­eteuerunge­n fest. Die Ehepaare Hart und Boucher, dargestell­t von Melanie Kreuter, Frank Dolphin Wong, Patricia Forbes und Dumitru-Bogdan Sandu, leben beständig in Erinnerung an ihre ermordeten Kinder.

Zwischen all diesen unvereinba­ren Positionen sucht Helen ihren eigenen moralische­n und christlich­en Weg. Unterstütz­ung findet sie bei Schwester Rose, gesungen von Cornelie Isenbürger.

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Schwester Helen Prejean (Nohad Becker) wird durch den zum Tode verurteilt­en Mörder Joseph De Rocher (Evgueniy Alexiev) einer scheren Prüfung unterzogen.

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