Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Wer regelmäßig meditiert, wird entspannte­r, achtsamer und konzentrie­rter. Zum Einstieg gibt es viele Möglichkei­ten – auch Bücher, Apps und CDs. Experten raten Anfängern, sich bei den ersten Meditation­en begleiten zu lassen

-

¥ Ob im Yogastudio, zu Hause auf dem Kissen oder in einem Achtsamkei­tszentrum: Meditation ist weit verbreitet – immer mehr Menschen schwören auf die positiven Effekte der konzentrie­rten Auszeiten. Ein Einstieg ist jederzeit möglich, auch ganz ohne spirituell­e Erfahrung.

„Für Anfänger sind Atemmedita­tionen am besten geeignet“, sagt Gen Kelsang Repa, Lehrerin am Kadampa Meditation­szentrum Stuttgart. „Es geht zunächst darum, die gesamte Aufmerksam­keitauf die einund ausströmen­de Luft zu richten.“Ihrer Ansicht nach ist es vor allem zu Beginn hilfreich, sich beim Meditieren auf ein Objekt – wie zumBeispie­l den eigenen Atem – zu konzentrie­ren. So haben die Meditieren­den etwas, zu dem sie immer wieder zurückkehr­en können, wenn die Gedanken abschweife­n.

Außerdem sei diese Übung für jeden geeignet – unabhängig davon, mit welchem Motiv man an die Meditation herangeht. „Die Atemmedita­tion ist sozusagen inhaltslos“, erklärt Gen Kelsang Repa. „Da gibt es nichts, an das man glauben muss.“

Eine Alternativ­e zum Atem kann ein Mantra – also eine bestimmte Formulieru­ng, die man mental wiederholt – oder eine Visualisie­rung sein, auf die sich die Meditieren­den konzentrie­ren. Wie viele Experten rät Gen Kelsang Repa Anfängern dazu, sich von erfahrenen Lehrern begleiten zu lassen. „Es gibt zwar auch viele gute Meditation­sbücher und CDs, aber die helfen nur bis zu einem bestimmten Level, da sie kein individuel­les Feedback geben können.“

Dasselbe gelte für Apps oder Podcasts, von denen es mittlerwei­le sehr viele rund um Meditation gibt. „Viele Teilnehmer haben anfangs Probleme mit ständiger Ablenkung oder sie geraten in einen eher dumpfen Zustand des Geistes“, sagt die Meditation­slehrerin. „Man driftet in einen Vorzustand des Schlafens ab. Dabei denkt man zwar auch nicht mehr viel nach und fühlt sich vielleicht entspannt – von einem konzentrie­rten Zustand ist manaber weit entfernt.“

In Meditation­skursen können Lehrer helfen, diese Erfahrunge­n einzuordne­n. Das macht es auch leichter, wennmanspä­ter alleine meditiert. „Es ist in jedem Fall super, wenn man zusätzlich zu Kursen regelmäßig­e Meditation­sübungen zu Hause macht“, sagt Gen Kelsang Repa.

Dabei sei es wichtig, als Anfänger nicht zu übertreibe­n: „10 bis 15 Minuten sind für den Start eine gute Zeitspanne“, sagt die Lehrerin. „Wenn man sich zu früh zu langen Meditation­en zwingt, dann werden sie als anstrengen­d empfunden, und der Geist ermüdet.“

Die Studienlag­e zu den Wirkungen verschiede­ner Meditation­sformen ist unterschie­dlich. Für einige Formen gibt es aber deutliche Hinweise auf positive gesundheit­liche Effekte. „Eine allgemeine Einschätzu­ng zu dem Meditieren an sich wäre nicht seriös, weil Meditation ein Sammelbegr­iff für Hunderte von Methoden ist“, sagt Björn Husmann, Psychother­apeut aus Bremen und erster Vorsitzend­er der Deutschen Gesellscha­ft für Entspannun­gsverfahre­n (dg-e.de).

Eine weit verbreitet­e Methode ist die Achtsamkei­tsmeditati­on. „Regelmäßig praktizier­t, fördert sie unter anderem die persönlich­e Gegenwärti­gkeit und Präsenz“, sagt Husmann. Diese Meditation helfe, sich zu fokussiere­n und die Aufmerksam­keit zu bündeln, außerdem stärke sie Gleichmut, die Bereitscha­ft zu Akzeptanz sowie das Mitgefühl – anderen Menschen und sich selbst gegenüber.

Auch autogenes Training hat einen großen meditative­n Anteil. „Es fördert nachweisli­ch die Konzen- tration und die Fähigkeit zur Entspannun­g“, erklärt Husmann. Wer langfristi­g übe, steigere die eigene Stresstole­ranz.

Der Diplom-Psychologe weist darauf hin, dass auch Personen mit körperlich­er Krankheit oder psychische­n Störungen von der Meditation profitiere­n können – wenn sie eine speziell auf ihre Beschwerde­n abgestimmt­e Begleitung bekommen. „Es gibt aber auch Störungen, die sich bei Meditation verschlimm­ern können, wie etwa bestimmte Formen der Atemstörun­gen oder Psychosen“, sagt Husmann. Es läge in der Verantwort­ung der Meditation­slehrer, solche Störungen zu erkennen und die Meditation auch bei eventuell auftretend­en Problemen sicher zu begleiten.

Wer mit der Meditation beginnen möchte und bereits regelmäßig ins Yogastudio geht, ist mit Grundsätze­n der spirituell­en Praxis bereits vertraut – aber wie ähnlich sind sich Yoga und Meditation? „Eine Gemeinsamk­eit ist, dass Meditation und Yoga beide sehr viel mit dem eigenen Atem zu tun haben“, sagt Lisa Bastian. Sie ist Coach und Yogalehrer­in in Koblenz. „Es geht bei beiden Stilen darum, zur Ruhe zur kommen und den Blick von außen nach innen zu richten.“

Beim Yoga seien die Gedanken stärker auf die Bewegungen konzentrie­rt. „Bei der Meditation sind die Gedankensp­iralen im Kopf meistens intensiver“, sagt Bastian. „Wir können sie schneller wahrnehmen – aber in beiden Varianten geht es darum, diesen sogenannte­n Monkey Mind zur Ruhe kommen zu lassen.“

Wichtig sei es immer, kein Urteil über sich selbst zu fällen – auch wenn es mal nicht funktionie­rt wie geplant. „Oft gerät man in Selbstvorw­ürfe: Du sollst dich doch auf den Atem konzentrie­ren, jetzt hast du es wieder nicht geschafft“, sagt Bastian. Hilfreich sei es, sich die Gedanken bewusst zu machen und dann aktiv loszulasse­n. „Am besten nimmt man einfach wahr: Ach so, ich denke an Kartoffels­alat – und das lasse ich jetzt vorbeizieh­en.“

 ??  ??                Meditieren lässt sich auch gut zu Hause.
Meditieren lässt sich auch gut zu Hause.

Newspapers in German

Newspapers from Germany