Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Nato-übung mit Soldaten aus OWL als Signal an Moskau
Bei der Großübung „Steadfast Defender“kommt dem deutsch-britischen Pionierbrückenbataillon 130 eine besondere Rolle zu. In Polen liefern die Soldaten aus Minden und Paderborn Bilder, die volle Einsatzbereitschaft demonstrieren. Präsidenten und Generäle schauen ganz genau hin.
Korzeniewo/paderborn/minden. Im 650-Einwohner-dorf Korzeniewo trifft Weltpolitik auf Wirklichkeit. Drei Jahre hat die Nato ihr Großmanöver „Steadfast Defender“bis ins Detail für ganz Europa vorbereitet. An der Weichsel in Zentralpolen ist in dieser Woche nun die Realität zu begutachten – zumindest, soweit Einblicke zugelassen sind. Gewollt sind vor allem beeindruckende Bilder und eindeutige Signale an Wladimir Putin. Deshalb sind die Medien da, der polnische Präsidentandrzej Duda bringt seinen litauischen Amtskollegen Gitanas Nauseda mit und Generäle vieler Nationen diktieren in jeden Journalisten-block diese eine Botschaft: „Wir stehen zusammen und wir sind bereit.“
Eine Fähre für gleich zwei Panzer
Dafür, dass die Nato hier an Polens längstem Fluss glänzen kann, sorgen Soldatinnen und Soldaten aus Ostwestfalen. Stars auf der Manöver-bühne von Korzeniewo sind Männer und Frauen des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130 aus Minden. Etwa 200 der rund 1.000 Soldaten des Bataillons gehören zur britischen Armee mit Sitz in Paderborn-sennelager. Vom missmutigen Wetter, dem hohen Wasserstand der Weichsel und einer Fließgeschwindigkeit von 1,7 Metern pro Sekunde lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Männer wie die in Paderborn lebenden Ratu Diloi, Oli Robinson und Thomas Welsh beherrschen ihre Aufgaben, sie üben immer wieder auf dem Wasser.
Gemeinsam mit ihren Bundeswehrkameraden führen sie in Pommern vor, wie aus jeweils vier Amphibien-lastwagen vom Typ M3 in 15 Minuten im Fluss eine schwimmende Fähre zusammengebaut wird. Diese kann dann locker zwei Leopard-2-panzer mit jeweils 70 Tonnen über den 300 Meter breiten Fluss befördern.
Zweieinhalbwochen ist die Einheit in Polen. Danach geht es zurück von der Weichsel an die Weser. „Die Arbeit ist klasse“, sagt Corporal Diloi, als er die Presse auf dem schwimmenden Gefährt empfängt. „Es geht nicht nur ums Übersetzen der Fahrzeuge, sondern wir kümmern uns auch um die Instandhaltung und die Technik. Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind gefragt.“Unddie Zusammenarbeit mit der Bundeswehr? „Die läuft super. Es macht viel Spaß mit ihnen.“
Internationale Kooperation, darauf ist die Nato angewiesen, damit Abschreckung funktioniert. An diesem Tag schippern die Owl-soldaten im Fährdienst Fahrzeuge aus der Türkei, Spanien, Großbritannien, den USA, Polen und von weiteren Nato-partnern ans andere Ufer. Als König Charles III. vor einem Jahr Deutschland besuchte, baute das Bataillon auch für ihn aus den Amphibien-fahrzeugen eine stabile Brücke über einen Brandenburger Fluss. Ob Fähre oder Brücke – entschieden wird je nach Lage.
Als Beobachter hat sich in Polen diesmal auch Us-general Randolph Staudenraus, bei der Nato für Planung zuständig, unter die Journalisten gemischt. Beim Air-force-mann zaubert der reibungslose Pendelverkehr der deutsch-britischen Pioniere ein Strahlen ins Gesicht. „Das, was diese Einheit hier leistet, ist sehr wichtig für die Nato. Sie zeigt besondere Fähigkeiten und bringt uns taktisch voran“, lobt der Golfkriegsveteran. Brücken, so istvondernatoan diesem Tag immer wieder zu hören, gehören zu den ersten Einrichtungen, die ein Feind im Krieg zerstört. Wer dann dennoch mit Truppen vorrücken will, braucht die Fähigkeiten der Pioniere – und ihr Gerät. Dass es sich bei der Übung um Vorbereitungen für den Einsatz von Bodentruppen in der Ukraine handelt, weist Stauden raus weit von sich .„ Truppen verlegungen vonwestna ch Ost haben wir schon oft durchgeführt. Das hat mit der aktuellen Lage nichts zu tun. Aber fest steht auch, dass wir für alles, was in der Ukraine passiert, bereit sein werden.“
Bereit für mehr sind an der Weichsel auch die Chefs des Pionier bataillons. Mit dem Fährdienst der eigenen Fahrzeuge ist es diesmal nicht getan. Der aus Höxter stammende Kommandeur Florian Loges und sein britischer Stellvertreter Chris Button tragen im Manöver diesmal noch größere Verantwortung. Einewoche lang haben sie im Vorfeld mit Franzosen und Polen koordiniert, wie auch deren Fährsysteme zeitgleich das Übersetzen auf der Weichsel durchführen. Bei der Operation selbst haben dann die Mindener das Kommando über alle drei Routen. Frankreich und Polen stellen andersartige wasserfahrzeuge, die eher an Schlauchboote erinnern. Panzer transportieren können sie auch – nur nicht so schnell wie die M3-amphibien von Deutschen und Briten.
„Beleg für gelebte deutsch-britische Freundschaft“
Für die British Army sind die Pioniere die einzige multinationale Einheit überhaupt. Sie bringen 27 M3-amphibien mit, die Bundeswehr hat 30 Stück. Eine neue version soll derzeit in Vorbereitung ein. In Korzeniewo hat diesebe sonder etruppenununt erden augen des Militärattachés an der britischen Botschaft in Berlin, Simon Hirst, den Nachweis ihrer vollständigen Einsatzfähigkeit erhalten. Selbst im Manöver bleibt noch Zeit für die Übergabe einer Urkunde dieses Militär-tüvs an die 2021 gegründete Einheit. Hirst, den viele private und dienstliche Erlebnisse mit Sennelager und der Senne verbinden, ist stolz auf die Truppe im Nato-fokus: „Die Zusammenarbeit funktioniert, weil wir die gleichen Amphibiensysteme nutzen, und sie ist ein Beleg für gelebte deutsch-britische Freundschaft.“
Wichtig bleiben für die Briten, das betont Hirst auch von Pommern aus, der Zugriff auf dieSenne als Truppenübungsplatz und die verbliebenen Kasernen inSenne lager. Sie hätten sich gerade im Manöver als Drehscheibe im Herzen Europas bewährt. Was man eben braucht, wenn Weltpolitik auf Wirklichkeit trifft.