Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Neue Westfälische
Bielefeld. Wie aus einem Ei schälen sich die beiden Darsteller am Anfang des Stücks langsam auf die Bühne. Ihre Körper sind aneinandergeschmiegt, die sanften Bewegungen des einen setzen sich in der Körpersprache des anderen fort. Symbiotisch und friedlich wirkt das, untermalt von sanften Klängen. Doch dann kommt das Wort hinzu, in dem Theaterstück „Ewige Windmühlen“– und alles ändert sich. Die neue Produktion des Theaterlabors feierte jetzt Premiere im Tor 6 Theaterhaus.
Freund, Gegner, Bruder, Schwester, Komplize– was sind wir eigentlich, wir Menschen? Mal das eine, dann das andere, mal alles zusammen? Und wie zeigt sich das? Die Schauspieler Isabel Remer und Holger Voss loten dieses Spannungsfeld in dem 45-Minuten-stückaus. Dawerdenworte zu Taten und auch mal zu Handgreiflichkeiten.
Manchmal zeigen sie das banal klar, manchmalabsurd verworren oder aneinander vorbei. Die Protagonisten treffen dabei „irgendwo im Nirgendwo“aufeinander und begeben sich auf einen gemeinsamen Weg, geraten aneinander, zueinander oder voneinander weg.
Das Spiel der beiden Darsteller ist überzeugend und zieht seine Betrachter in den Bann. Es gibt starke, komische Elemente im Stück. Auf dem Gebiet sind Remer und Voss Experten, beide Schauspieler arbeiten auch als (Klinik-)clowns.
Das Stück „Ewige Windmühlen“glänzt aber auch in den ruhigen Passagen. Spannend etwa die Szene, in der sich Remer und Voss als Affen geben, minutenlang die Welt um sichherumerkunden, umdann ihre Hände zu entdecken und zum Menschen zu evolvieren. Sie finden das Wort, sie reden miteinander. Doch das birgt zugleich Probleme. Entscheidungen treffen müssen, obwohl man nicht weiß, was man will? Wie kann da der andere helfen, ohne die Entscheidung selbst zu übernehmen?
Mal reiben sich die beiden Protagonisten in dem Stück sprachlich aneinander, bis nichts mehr geht. Dann aber wirken sie zusammen, drehen sprichwörtlich gemeinsam am Rad und schaffen mit akkumulierter Kraft Neues. So entsteht aus Bühnenelementen wie Holzpaletten, Laken und Rohren ein Ort zum Wohnen.
Genial ist die Szene, in der zwei Wünsche aufeinanderprallen: Der eine will schlafen, der anderekaffeebereiten. Das eine braucht Ruhe, das andere ist laut. Nichtimmergibt es Lösungen. Aber immergibt es Beziehungen, in Sprache und Tat.
Inspiriert wurde das Stück durch die Arbeit des Psychoanalytikers Irvin D. Yalom. Der 92-jährige Us-amerikaner beschäftigte sich immer wieder mit den „vier letzten Dingen“der menschlichen Existenz:
Freiheit, Isolation, Sinnlosigkeit und Tod. So beeinflusse der jeweils individuelle Umgang damit, wie der Mensch lebt und wie er sich zur Welt verhält, sagt Yalom.
Unter der Regie von Pauline Miller haben sich die Darsteller diesem „menschlichen Ringen“genähert, suchen auf eigenwillige Art nach Halt und Rettungsankern in einer Welt, die sich immer wieder der gemeinsamen Sinnsuche entzieht. Amende war es einweg, das wird auch in dem Stück klar. Mal geht man ihn allein, mal ist er gemeinsam schöner.
Und oft sind es die scheinbar kleinen Dinge, die erst richtig Wind ins Leben bringen. „Ewige Windmühlen“ist ein kluges, mitreißendes Stück. Toll auf die Bühne gebracht, bietet es den Zuschauern Raum für weiterführende Gedanken und Überlegungen.
Die nächsten Aufführungen von „Ewige Windmühlen“sind am Freitag, 22. März, und Samstag, 23. März, jeweils um 20 Uhr. Karten gibt es an der Abendkasse oder im Vorverkauf online im Internet auf der Seite:
www.theaterlabor.eu/karten
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