Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Mehr Respekt für Busfahrer gefordert
Der Verkehrsverbund OWL reagiert mit einer bunten Kampagne, die ein vermeintlich schlichtes Ziel hat: mehr Danke, mehr Bitte, mal ein Lächeln und immer Respekt.
Bielefeld.
Respekt „ist auf Anerkennung beruhende Achtung“. So die Definition. Busfahrerinnen und Busfahrer vermissen diesen Respekt. Immer häufiger. Es werde gemault, genörgelt, boshaft gemeckert – und mehr.
„Der Ton ist rauer geworden, es wird sofort losgepoltert – und Danke, Bitte, Auf Wiedersehen oder Auf Wiederhören sind verloren gegangen“, sagt Lina Philippsen, die täglich Beschwerden an einer Telefon-hotline abarbeitet.
Busfahrerin Handan Budak ergänzt: „Ich erwarte ein freundliches Lächeln und bekomme ein zur Seite gedrehtes Gesicht – und dann Sprüche wie ,schon wieder zu spät’ oder ,was soll denn das, ich muss zur Arbeit’.“Schüler seien besonders unangenehm: „Sie verweigern regelmäßig, ihr Ticket vorzuzeigen– und dann höre ich hinter mir Beleidigungen und schlimme Wörter.“Sie brauche eine dicke Haut, so die Busfahrerin vom Busverkehr Ostwestfalen (BVO). Bedrohlich sei es auch regelmäßig, vor allem spätnachts, wenn der Alkohol die Aggressionen steigert.
Messbar ist all das nicht, so spricht Arne Petersen, Geschäftsführer von Mobiel, von unter zehn Anzeigen pro Jahr. Bei täglich bis zu 150.000 Fahrgästen verschwindend wenig – unddocheinproblem, weil vieles auf der Ebene des Miteinanders nicht mehr passe. Für ihn unverständlich, denn die Fahrer trügen „eine große Verantwortung“und „ohne den Öpnvfunktioniert unsere Gesellschaft nicht“.
Seine Kollegin von der BVO, Michaela Wirtz, sieht ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches in Bus und Bahn besonders sichtbar werde, bei vielen Fahrgästen: „Das zieht sich quer durch.“
Für Olaf Lewald, Verkehrsamtsleiter in Bielefeld und ständiger Öpnv-nutzer, „ist da richtig viel Luft nach oben“. Auch ihm ist aufgefallen, dass der Tonfall in Bus und Bahn „zunehmend respektlos wird“, das jedoch nicht nur gegenüber dem Fahr- und Begleitpersonal, sondern „auch unter den Fahrgästen“.
Kurze Zündschnur als Phänomen unserer Gesellschaft, das erlebt Philippsen am Telefon oft – „Rentner haben am wenigsten Zeit und es geht gerne auch mal um eine Minute Verspätung.“Eine Minute. Ihre Erfahrung: „Vor allem zu später Stunde wird es auch am Telefon ziemlich respektlos.“
Trends, die vor allem den gut 1.500 Busfahrerinnen und
Busfahrern (400 bei der BVO) zu schaffen machen, und das habe Folgen, so Oliver Gubela vom Verkehrsverbund OWL (Vvowl/alles außer Paderborn und Höxter). Noch seien die Fahrer-stellen bei den Unternehmen voll besetzt, ist zu hören, aber: „Es muss sich was verändern, es drängt, denn wir spüren ein zunehmend geringeres Interesse am Beruf.“
Derfachkräftemangeldroht mittelfristig auch dieser Branche– ambeispiel Mobiel nennt Petersen Fakten: Es gibt gut 500 Fahrer, von denen aber alleine 2024 etwa 90 bis 100 neu eingestellt werden – wegen Abgängen (Rente, Krankheit, Kündigung) und neuen Linien. „Für die nächsten Jahre sind wir zwar voll im Plan, aber dann droht der Mangel“, sagt Petersen.
Deshalb reagiert der Vvowljetzt– mit einer Kampagne. Einer schrillen und eher positiv daherkommenden. Das Schlagwort „Respekt“steht im Zentrum, Geschäftsführer Stefan Honerkamp erklärt: „Wir wollen überall, in der Stadt und im ländlichen Raum, die Menschen erreichen – und ihnen vermitteln, dass die Fahrerinnen und Fahrer nichts Böses wollen, sondern helfen möchten.“Helfen, von A nach B zu kommen. Und dabei nicht an jedem Stau, jedem Unfall oder jedem Falschparker schuld sind, der Verzögerungen im ÖPNV verursacht.
Honerkamp: „Entspannt machtesdochallenmehrspaß; wir rufen den Menschen zu ,Macht’s mal mit einem Lächeln!“Zu diesem Lächeln sollen drei bunte Motive mit diesen Sprüchen beitragen: „Bitte und Danke fahren kostenlos mit.“– „Wir brauchen keine Blumen. Ein Lächeln reicht.“– „Deine Stretch-limo nach Hause. Sei nice.“
Zu sehen an Haltestellen, in Social Media, auf kleinen und großen Plakaten, in Kundenzentren und auf gut 25 Busseninderregion; bisendemai.
Fakt ist: Respektloser Umgang macht etwas mit Menschen. Hier zwei Beispiele von Frauen, die jeden Tag an einer Hotline Beschwerden entgegennehmen – von morgens bis abends Kritik, Gemecker, Beleidigungen.
Dieeine, Danielareich, sagt, sie komme am besten durch den Tag, indem sie alles abperlen lasse – sie setzt auf den Tefloneffekt. Und die andere, Lina Philippsen, muss jeden Abend alles loswerden, sie beglückt ihren Mann quasi zur Begrüßung mit dem, was sie am Tag ertragen musste.
Beides Verhaltensmuster, die Menschen verändern– und das nur, weil eine Sache fehlt: Respekt.