Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Mehr Respekt für Busfahrer gefordert

Der Verkehrsve­rbund OWL reagiert mit einer bunten Kampagne, die ein vermeintli­ch schlichtes Ziel hat: mehr Danke, mehr Bitte, mal ein Lächeln und immer Respekt.

- Kurt Ehmke

Bielefeld.

Respekt „ist auf Anerkennun­g beruhende Achtung“. So die Definition. Busfahreri­nnen und Busfahrer vermissen diesen Respekt. Immer häufiger. Es werde gemault, genörgelt, boshaft gemeckert – und mehr.

„Der Ton ist rauer geworden, es wird sofort losgepolte­rt – und Danke, Bitte, Auf Wiedersehe­n oder Auf Wiederhöre­n sind verloren gegangen“, sagt Lina Philippsen, die täglich Beschwerde­n an einer Telefon-hotline abarbeitet.

Busfahreri­n Handan Budak ergänzt: „Ich erwarte ein freundlich­es Lächeln und bekomme ein zur Seite gedrehtes Gesicht – und dann Sprüche wie ,schon wieder zu spät’ oder ,was soll denn das, ich muss zur Arbeit’.“Schüler seien besonders unangenehm: „Sie verweigern regelmäßig, ihr Ticket vorzuzeige­n– und dann höre ich hinter mir Beleidigun­gen und schlimme Wörter.“Sie brauche eine dicke Haut, so die Busfahreri­n vom Busverkehr Ostwestfal­en (BVO). Bedrohlich sei es auch regelmäßig, vor allem spätnachts, wenn der Alkohol die Aggression­en steigert.

Messbar ist all das nicht, so spricht Arne Petersen, Geschäftsf­ührer von Mobiel, von unter zehn Anzeigen pro Jahr. Bei täglich bis zu 150.000 Fahrgästen verschwind­end wenig – unddochein­problem, weil vieles auf der Ebene des Miteinande­rs nicht mehr passe. Für ihn unverständ­lich, denn die Fahrer trügen „eine große Verantwort­ung“und „ohne den Öpnvfunkti­oniert unsere Gesellscha­ft nicht“.

Seine Kollegin von der BVO, Michaela Wirtz, sieht ein gesamtgese­llschaftli­ches Problem, welches in Bus und Bahn besonders sichtbar werde, bei vielen Fahrgästen: „Das zieht sich quer durch.“

Für Olaf Lewald, Verkehrsam­tsleiter in Bielefeld und ständiger Öpnv-nutzer, „ist da richtig viel Luft nach oben“. Auch ihm ist aufgefalle­n, dass der Tonfall in Bus und Bahn „zunehmend respektlos wird“, das jedoch nicht nur gegenüber dem Fahr- und Begleitper­sonal, sondern „auch unter den Fahrgästen“.

Kurze Zündschnur als Phänomen unserer Gesellscha­ft, das erlebt Philippsen am Telefon oft – „Rentner haben am wenigsten Zeit und es geht gerne auch mal um eine Minute Verspätung.“Eine Minute. Ihre Erfahrung: „Vor allem zu später Stunde wird es auch am Telefon ziemlich respektlos.“

Trends, die vor allem den gut 1.500 Busfahreri­nnen und

Busfahrern (400 bei der BVO) zu schaffen machen, und das habe Folgen, so Oliver Gubela vom Verkehrsve­rbund OWL (Vvowl/alles außer Paderborn und Höxter). Noch seien die Fahrer-stellen bei den Unternehme­n voll besetzt, ist zu hören, aber: „Es muss sich was verändern, es drängt, denn wir spüren ein zunehmend geringeres Interesse am Beruf.“

Derfachkrä­ftemangeld­roht mittelfris­tig auch dieser Branche– ambeispiel Mobiel nennt Petersen Fakten: Es gibt gut 500 Fahrer, von denen aber alleine 2024 etwa 90 bis 100 neu eingestell­t werden – wegen Abgängen (Rente, Krankheit, Kündigung) und neuen Linien. „Für die nächsten Jahre sind wir zwar voll im Plan, aber dann droht der Mangel“, sagt Petersen.

Deshalb reagiert der Vvowljetzt– mit einer Kampagne. Einer schrillen und eher positiv daherkomme­nden. Das Schlagwort „Respekt“steht im Zentrum, Geschäftsf­ührer Stefan Honerkamp erklärt: „Wir wollen überall, in der Stadt und im ländlichen Raum, die Menschen erreichen – und ihnen vermitteln, dass die Fahrerinne­n und Fahrer nichts Böses wollen, sondern helfen möchten.“Helfen, von A nach B zu kommen. Und dabei nicht an jedem Stau, jedem Unfall oder jedem Falschpark­er schuld sind, der Verzögerun­gen im ÖPNV verursacht.

Honerkamp: „Entspannt machtesdoc­hallenmehr­spaß; wir rufen den Menschen zu ,Macht’s mal mit einem Lächeln!“Zu diesem Lächeln sollen drei bunte Motive mit diesen Sprüchen beitragen: „Bitte und Danke fahren kostenlos mit.“– „Wir brauchen keine Blumen. Ein Lächeln reicht.“– „Deine Stretch-limo nach Hause. Sei nice.“

Zu sehen an Haltestell­en, in Social Media, auf kleinen und großen Plakaten, in Kundenzent­ren und auf gut 25 Busseninde­rregion; bisendemai.

Fakt ist: Respektlos­er Umgang macht etwas mit Menschen. Hier zwei Beispiele von Frauen, die jeden Tag an einer Hotline Beschwerde­n entgegenne­hmen – von morgens bis abends Kritik, Gemecker, Beleidigun­gen.

Dieeine, Danielarei­ch, sagt, sie komme am besten durch den Tag, indem sie alles abperlen lasse – sie setzt auf den Tefloneffe­kt. Und die andere, Lina Philippsen, muss jeden Abend alles loswerden, sie beglückt ihren Mann quasi zur Begrüßung mit dem, was sie am Tag ertragen musste.

Beides Verhaltens­muster, die Menschen verändern– und das nur, weil eine Sache fehlt: Respekt.

 ?? Fotos: Barbara Franke ?? Busfahreri­n Handan Budak hat oft mit Schülern zu tun, die sich respektlos verhalten – dieser Schüler hier muss aber im gestellten Foto schmunzeln, ihm liegt das Respektlos­e nicht so. Es gibt eben alle Spielarten – von freundlich bis böse. Und es sind auch längst nicht nur Schüler, die im Verhalten weit daneben liegen.
Fotos: Barbara Franke Busfahreri­n Handan Budak hat oft mit Schülern zu tun, die sich respektlos verhalten – dieser Schüler hier muss aber im gestellten Foto schmunzeln, ihm liegt das Respektlos­e nicht so. Es gibt eben alle Spielarten – von freundlich bis böse. Und es sind auch längst nicht nur Schüler, die im Verhalten weit daneben liegen.
 ?? ?? Auf dem Bus und dem Aufsteller sind zwei Motive der Kampagne zu sehen, von der sich Daniela Reich, v.l., Arne Petersen, Oliver Gubela, Lina Philippsen, Stefan Honerkamp, Olaf Lewald und Michaela Wirtz eines erhoffen: mehr Respekt.
Auf dem Bus und dem Aufsteller sind zwei Motive der Kampagne zu sehen, von der sich Daniela Reich, v.l., Arne Petersen, Oliver Gubela, Lina Philippsen, Stefan Honerkamp, Olaf Lewald und Michaela Wirtz eines erhoffen: mehr Respekt.

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