Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Ein abenteuerliches Leben endet tragisch
Helmut R. Meyer ist am Montag plötzlich gestorben. Der passionierte Flieger wurde 88 Jahre alt. Eigentlich wollte er 100 werden, hat er mal in einem Interview gesagt. Der Mann vom Ströhen wurde ein Weltenbummler.
Bielefeld/steinhagen. Helmut R. Meyer – der Name ist mit einem Bild verknüpft, das viele Menschen nicht nur in Bielefeld sofort im Kopf haben dürften: Sie sehen einen Heißluftballon, der am Himmel schwebt. Besser: fährt. „Heißluftballons fliegen nicht, sie fahren“, hat mir Helmut Meyer einmal erklärt. Es war unser erstes Treffen. Ich der Zeitungs-volontär, er der Abenteurer, der mir fortan spannende Geschichten lieferte.
Am Montag sitzt Helmut Meyer am Steuer seines Oldtimer-campingbusses und stirbt ganzplötzlich hinterdem Lenkrad. Wiederbelebungsversuche der Rettungskräfte bleiben erfolglos. Mit 88 Jahren endet das Leben eines Tausendsassas. Dabei wollte er doch 100 werden, wie er 2019 in einem Interview anlässlich seines Jubiläums nach 50 Fliegerjahren verriet. „Ich bin 83 und fühle mich wie 40“, hatte er da gesagt. Und ja, das hat er ganz bestimmt genauso gemeint.
Denn Helmut Meyer hatte sich bis ins hohe Alter eine gewisse Juvenilität bewahrt, um die man ihn nur beneiden konnte. Das dürfte natürlich auch an seinem Lebensstil gelegen haben. Er war das, was
man guten Gewissens einen Weltenbummler oder einen Abenteurer nennen kann.
Der Hoferbe vom Ströhen in Steinhagen hatte an der Landwirtschaft nicht so richtig viel Interesse. Stattdessen zog es Helmut Meyer hinaus in die Welt. In New York, wo er Anfang der 1960er Jahre mit seiner Frau Hilde lebte, verkaufte er klassische Autos und Oldtimer-fahrzeuge. Zurück in Ostwestfalen gründete das Paar 1963 eine Autovermietung. Im gleichen Jahr kam Tochter Bärbel zur Welt, 1967 Sohn Dirk.
Nebenbei lebte Helmut
Meyer seine Leidenschaft für
das Fliegen. Im März 1969 hatte er die Prüfung für seinen Flugschein auf dem Flugplatz Windelsbleiche in Bielefeld bestanden. Der frisch gebackene Pilot kaufte sich eine zweimotorige Aero-commander und gründete 1972 seine Firma „Air Taxi-service Bielefeld“. Mit den Chefs der heimischen Industrie ging es durch ganz Europa, nachkanadaundsüdamerika. Zuseinenkundengehörtenauchfranzjosef Strauß, Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht oder Berlins Bürgermeister Ernst Reuter. Ihm gehörten zwischenzeitlich drei Passagierflugzeuge, fünf Hubschrauber, ein
Wasserflugzeug, ein Ultralight-doppeldecker, ein Sportflugzeug und ein Zeppelin. Und – natürlich – mehrere Heißluftballons, deren majestätische Silhouetten jahrelang zumsommerhimmelüber Bielefeld gehörten.
Sein Leben über den Wolken hat Helmut Meyer in seiner Autobiografie „Vom Tabakpflücker zum Global Player“publiziert. In dem Buch beschreibt er seine Fliegerkarriere und seine Weltumkreisungen in den Jahren 1979 und 1993 zusammen mit Ehefrau Hilde. Nicht jeder Flug war ein himmlisches Vergnügen. Hin und wieder kam es auch mal zu brenzligen Situationen, in denen der Abenteurer offenbar einen Schutzengel mit an Bord hatte. Zum Beispiel, als während des Flugs über die Alpen ein Triebwerk ausfiel und der Pilot gezwungen war, nach Italien umzukehren. „Da drückt man natürlich beide Daumen, dass das noch laufende Triebwerk nicht auch noch den Geist aufgibt“, erzählte Meyer später. Für Schlagzeilen sorgte auch eine Notlandung mit einem Heißluftballon in einem Maisfeld. Auch damals ging alles gut aus.
Den Familienmensch Meyer gab es auch. Und der wusste, dass sein Abenteurer-leben den Liebsten zu Hause viel abverlangt. Auch, wenn seine Frau Hilde bei vielen Unternehmungen dabei war. Zu seinem 80. Geburtstag sagte Meyer: „Bei allem muss die Familie mitziehen. Man braucht eine verständnisvolle und tolerante Frau, die Freiräume zulässt und einem Zeit schenkt“, erklärte Helmut Meyer damals.
Nun ist keine Zeit mehr da. Was bleibt, sind viele spannende Erinnerungen an einen Mann, derein prall gefülltesleben gelebt hat. Biszumschluss. Dass die meisten Menschen bei dem Namen Helmut Meyer an einen Heißluftballon denken, der oben am blauen Himmel fährt, ist irgendwie tröstlich.