Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Wie Bayer den Titel feiert
Leverkusen gönnt sich eine spontane Meisterparty. Dabei löst sich sogar die Zunge des sonst eher ruhigen Supertalents Florian Wirtz, der Lothar Matthäus an Lionel Messi erinnert.
Leverkusen. Florian Wirtz ließ den Champagner knallen, reckte die Pappschale in den Abendhimmel, schnappte sich das Mikrofon – doch erst einmal hatten die Fans das Wort. „Fußballgott, Fußballgott“schrien sie, nachdemsie in Ekstase auf den Rasen gestürmt waren. Ihr Goldjunge oben in der Loge bedankte sich brav – und sang mit glänzenden Augen von „Deutschlands bester Mannschaft“. Und die, versicherte Xabi Alonso, ist noch lange nicht satt.
„Wir wollen mehr“, rief der Erfolgstrainer den Fans zu: „Den Pokal – und die Europa League!“Doch erst einmal wurde die erste Meisterschaft der 120-jährigen Klubgeschichte ausgiebig „genossen“und begossen. „King Xabi I. von Deutschland“, wie die spanische Fachpresse Alonso krönte, gab den Feierbefehl: „Viel Bier, deutsches Bier“, werde fließen – und Wirtz, der „Magier aus Pulheim“(El Mundo Deportivo), war ganz vorne mit dabei. Bei der Party gebe es „kein Ende“, sagte der 20-Jährige. Am Montag sei trainingsfrei, „da kann jeder entscheiden, wie lange er machen will“. Undselbst der sonst so zurückhaltende Wirtz setzte sich keine Limits. Alkohol? „Mal gucken, vielleicht ein bisschen“, sagte er: „Donnerstag ist wieder Europa League, jetzt ist feiern.“
Wie lange die Party wirklich ging, konnte Sport-geschäftsführer Simon Rolfes im Zdf-morgenmagazin nicht sagen, „weil die Spieler noch weitergezogen sind“. Eine vom Verein initiierte Party wird es erst nach Abschluss der Saison geben. „Wir haben noch Ziele vor uns, es war eher spontan, aber das sind ja oft die schönsten Feiern“, sagte Rolfes, und Juwel Wirtz habe „mehr gesungen und geredet als manchmal in der Kabine“.
Nun jagt der überragende Spieler der Saisonmitbayerdas Triple, den großen „Traum“– und damit auch den Titel des Weltfußballers? Seine Extraklasse hatte er jedenfalls beim dominanten 5:0 (1:0) gegen Werder Bremen wieder einmal bewiesen. Dort kam Wirtz erst zur zweiten Halbzeit aufs Feld – trumpfte dann aber groß auf. Mit seinem ersten Karriere-hattrick (68./83./90.) überragte er bei Leverkusens Meisterkrönung. 17 Tore und 18 Vorlagen in 41 Pflichtspielen, Wirtz vereint Technik, Spielwitz und Leichtigkeit: „Diese Kombination – davon haben wir momentan keine fünf Stück auf der Welt“, sagte ExManagerreinercalmund, und Rekordnationalspieler Lothar Matthäus ging sogar noch weiter. Die Werkself erinnere ihn „von der Spielweise her ein bisschen an Barcelona“, an diese legendäre Mannschaft unter Pep Guardiola – und Wirtz an Weltmeister Lionel Messi, den achtmaligen Ballon d’or-sieger.
Und der Vater des Erfolgs? Alonso! 19 Titel hat der ehemalige Welt- und Europameister als Spieler gewonnen– doch nach seiner Premiere als Trainerwarer überwältigt. Diefans huldigten ihrem Heiligen, vor den obligatorischen Bierduschen konnte sich der Baske nicht retten: Bayern-leihgabe Josip Stanisic erwischte Alonso als Erster. Es sei eine „Ehre“für ihn, hier zu arbeiten, das Gefühl sei „unglaublich“, sagte Alonso.
Noch unglaublicher wäre es wohl nur, wenn aus „Meisterkusen“noch „Triplekusen“wird. Als haushoher Favorit geht der Werksklub ins DFBPokalfinale gegen Kaiserslautern (25. Mai), zudem besitzt Alonsos Team in der Europa League am Donnerstag bei West Ham United (Hinspiel 2:0) beste Chancen auf die nächste Runde.