Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Aufregung um wilde Arminia-aufkleberei
Der Bielefelder Umweltbetrieb kämpft mit großem Aufwand gegen Fußball-sticker und andere Spuckis. Insbesondere auf Verkehrsschildern gilt dabei Eile. Ein besonderer Fall in Harsewinkel beschäftigt jetzt sogar die Polizei.
Bielefeld. Wer mit offenen Augen durch Bielefeld zieht, kann die zahlreichen Aufkleber, Sticker und Spuckis nicht übersehen. Sie kleben an Laternenmasten, Bänken, Stromkästen, Haltestellen-scheiben und sogar auf Verkehrszeichen. In den vergangenen Monaten haben die Fans wieder reichlich neue Arminia-sticker in der Stadt verteilt. Die Stadt Harsewinkel (Kreis Gütersloh) hat nach einer großen Nacht-und-nebel-aktion jetzt sogar die Polizei eingeschaltet.
Am vorletzten Wochenende haben Unbekannte die Innenstadt Harsewinkels massiv mit Arminia-slogans vollgeklebt. Rund 1.000 Aufkleber mit verschiedensten Motiven – teilweise mit dem Vereinsemblem, teilweise mit Namen von Ultra-gruppen, aber auch mit sportpolitischen Forderungen oder Hassbotschaften gegen Polizei oder verfeindete Clubs wie Preußen Münster. Ein Großteil davon klebte auf Verkehrsschildern. Die Stadt hat deshalb Strafanzeige erstattet: Werden Verkehrsschilder durch die Sticker unkenntlich gemacht, „ist das sogar ein Eingriff in den Straßenverkehr“, sagt Karl-heinz Toppmöller vom Bauhof.
Wie ist es in Bielefeld? Auch hier tauchen die zahlreichen Dsc-motive, die auf glatten Flächen hartnäckig klebenbleiben, inzwischen überall auf. Allerdings hat die Polizei hier noch keine konzertierte Klebe-aktion wie in Harsewinkel festgestellt, berichtet Polizeisprecherin Katja Küster. Auch Umweltbetrieb und Ordnungsamt haben bisher keine Häufung bemerkt, die „über das normale Maß an Beklebungen in einer Großstadt hinausgeht“. Nur nach ArminiaHeimspielen sei eine gewisse Häufung rund um die Schüco-arena festzustellen.
Wer solche Aufkleber auf Gebäude oder fremdes Eigentum klebt, begeht mindestens eine Ordnungswidrigkeit. Das Hinterlassen von Werbung und Propaganda auf Verkehrszeichen – auch in Form von Aufklebern – ist zudem noch nach der Straßenverkehrsordnung unzulässig, sagt Polizeisprecherin Küster. Im Zweifel machtsich der Klebersogarwegen einer Sachbeschädigung strafbar, wenn die Sticker vom Verkehrszeichen nicht ohne Spuren zu entfernen sind. Küster spricht von Substanzverletzungen, die einen Schildertausch nötig machen können. Wird ein Verkehrsschild so überklebt, dass es in seiner Bedeutung gar nicht mehr erkennbar ist, wird es sogar gefährlich. Hier verstehen die Behörden endgültig keinen Spaß mehr und sprechen von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.
Stefan Heiermann, Leiter der Abteilung Straßeninstandhaltung und -beschilderung betont, dass der Umweltbetrieb deshalb immer bestrebt sei, Aufkleber und Graffiti an und insbesondere auf Verkehrszeichen noch möglichst am Tage der Feststellung zu entfernen. Entsprechende „Beschädigungen“werden von den Straßenkontrolleuren aufgenommen. Über den Mängelmelder der Stadt gingen pro Woche eine Handvoll Mitteilungen zu Aufklebern ein.
Der Arbeitsaufwand bei der Entfernung ist laut Heiermann leider sehr hoch, „da die Aufkleber mit Schabern und Graffitilöser bearbeitet und abgelöst werden müssen.“Wird dabei die Reflexionsschicht des Schildes angegriffen, wird das Verkehrszeichen umgehend ausgetauscht. Deshalb rät der Umweltbetrieb davon ab, selbst betroffene Schilder zu reinigen: „Bürger sollten solche Beklebungen und Verunreinigungen deshalb stets über den Mängelmelder oder das Bürgerservicecenter an den Umweltbetrieb melden.“Der wird allerdings nur tätig, wenn die Verkehrssicherheit gefährdet oder die Optik massiv in Mitleidenschaft gezogen wurde. Wichtig: Für Privateigentum ist der Umweltbetrieb nicht zuständig.
Die Idee der Guerilla-promotion mit Aufklebern oder Spuckis mit gummierten Klebeflächen ist übrigens nicht neu und schon gar nicht in der Fußballszene entstanden. Schon seit Jahren sind politische Statements per Aufkleber insbesondere in der links- wie rechtsextremistischen Szene beliebt. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist ziemlich gering. Denn wer den Aufkleber illegalerweise hinterlassen hat, ist meist nicht nachzuvollziehen. Wer auf frischer Tat erwischt wird, zahlt laut Stadt 78,50 Euro.
Für Betroffene besteht die Gefahr: Wer die Sticker kleben lässt, muss mit weiteren Aufklebern rechnen. In den verschiedensten Szenen herrscht der Anspruch, unliebsame oder gegnerische Aufkleber zu überkleben – vergleichbar mit Reviermarkierungen aus dem Tierreich. Das gilt in der politischen Szene genauso wie in der Ultra-szene der Fußball-fans.