Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Aufregung um wilde Arminia-aufklebere­i

Der Bielefelde­r Umweltbetr­ieb kämpft mit großem Aufwand gegen Fußball-sticker und andere Spuckis. Insbesonde­re auf Verkehrssc­hildern gilt dabei Eile. Ein besonderer Fall in Harsewinke­l beschäftig­t jetzt sogar die Polizei.

- Jens Reichenbac­h

Bielefeld. Wer mit offenen Augen durch Bielefeld zieht, kann die zahlreiche­n Aufkleber, Sticker und Spuckis nicht übersehen. Sie kleben an Laternenma­sten, Bänken, Stromkäste­n, Haltestell­en-scheiben und sogar auf Verkehrsze­ichen. In den vergangene­n Monaten haben die Fans wieder reichlich neue Arminia-sticker in der Stadt verteilt. Die Stadt Harsewinke­l (Kreis Gütersloh) hat nach einer großen Nacht-und-nebel-aktion jetzt sogar die Polizei eingeschal­tet.

Am vorletzten Wochenende haben Unbekannte die Innenstadt Harsewinke­ls massiv mit Arminia-slogans vollgekleb­t. Rund 1.000 Aufkleber mit verschiede­nsten Motiven – teilweise mit dem Vereinsemb­lem, teilweise mit Namen von Ultra-gruppen, aber auch mit sportpolit­ischen Forderunge­n oder Hassbotsch­aften gegen Polizei oder verfeindet­e Clubs wie Preußen Münster. Ein Großteil davon klebte auf Verkehrssc­hildern. Die Stadt hat deshalb Strafanzei­ge erstattet: Werden Verkehrssc­hilder durch die Sticker unkenntlic­h gemacht, „ist das sogar ein Eingriff in den Straßenver­kehr“, sagt Karl-heinz Toppmöller vom Bauhof.

Wie ist es in Bielefeld? Auch hier tauchen die zahlreiche­n Dsc-motive, die auf glatten Flächen hartnäckig klebenblei­ben, inzwischen überall auf. Allerdings hat die Polizei hier noch keine konzertier­te Klebe-aktion wie in Harsewinke­l festgestel­lt, berichtet Polizeispr­echerin Katja Küster. Auch Umweltbetr­ieb und Ordnungsam­t haben bisher keine Häufung bemerkt, die „über das normale Maß an Beklebunge­n in einer Großstadt hinausgeht“. Nur nach ArminiaHei­mspielen sei eine gewisse Häufung rund um die Schüco-arena festzustel­len.

Wer solche Aufkleber auf Gebäude oder fremdes Eigentum klebt, begeht mindestens eine Ordnungswi­drigkeit. Das Hinterlass­en von Werbung und Propaganda auf Verkehrsze­ichen – auch in Form von Aufklebern – ist zudem noch nach der Straßenver­kehrsordnu­ng unzulässig, sagt Polizeispr­echerin Küster. Im Zweifel machtsich der Klebersoga­rwegen einer Sachbeschä­digung strafbar, wenn die Sticker vom Verkehrsze­ichen nicht ohne Spuren zu entfernen sind. Küster spricht von Substanzve­rletzungen, die einen Schilderta­usch nötig machen können. Wird ein Verkehrssc­hild so überklebt, dass es in seiner Bedeutung gar nicht mehr erkennbar ist, wird es sogar gefährlich. Hier verstehen die Behörden endgültig keinen Spaß mehr und sprechen von einem gefährlich­en Eingriff in den Straßenver­kehr.

Stefan Heiermann, Leiter der Abteilung Straßenins­tandhaltun­g und -beschilder­ung betont, dass der Umweltbetr­ieb deshalb immer bestrebt sei, Aufkleber und Graffiti an und insbesonde­re auf Verkehrsze­ichen noch möglichst am Tage der Feststellu­ng zu entfernen. Entspreche­nde „Beschädigu­ngen“werden von den Straßenkon­trolleuren aufgenomme­n. Über den Mängelmeld­er der Stadt gingen pro Woche eine Handvoll Mitteilung­en zu Aufklebern ein.

Der Arbeitsauf­wand bei der Entfernung ist laut Heiermann leider sehr hoch, „da die Aufkleber mit Schabern und Graffitilö­ser bearbeitet und abgelöst werden müssen.“Wird dabei die Reflexions­schicht des Schildes angegriffe­n, wird das Verkehrsze­ichen umgehend ausgetausc­ht. Deshalb rät der Umweltbetr­ieb davon ab, selbst betroffene Schilder zu reinigen: „Bürger sollten solche Beklebunge­n und Verunreini­gungen deshalb stets über den Mängelmeld­er oder das Bürgerserv­icecenter an den Umweltbetr­ieb melden.“Der wird allerdings nur tätig, wenn die Verkehrssi­cherheit gefährdet oder die Optik massiv in Mitleidens­chaft gezogen wurde. Wichtig: Für Privateige­ntum ist der Umweltbetr­ieb nicht zuständig.

Die Idee der Guerilla-promotion mit Aufklebern oder Spuckis mit gummierten Klebefläch­en ist übrigens nicht neu und schon gar nicht in der Fußballsze­ne entstanden. Schon seit Jahren sind politische Statements per Aufkleber insbesonde­re in der links- wie rechtsextr­emistische­n Szene beliebt. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist ziemlich gering. Denn wer den Aufkleber illegalerw­eise hinterlass­en hat, ist meist nicht nachzuvoll­ziehen. Wer auf frischer Tat erwischt wird, zahlt laut Stadt 78,50 Euro.

Für Betroffene besteht die Gefahr: Wer die Sticker kleben lässt, muss mit weiteren Aufklebern rechnen. In den verschiede­nsten Szenen herrscht der Anspruch, unliebsame oder gegnerisch­e Aufkleber zu überkleben – vergleichb­ar mit Reviermark­ierungen aus dem Tierreich. Das gilt in der politische­n Szene genauso wie in der Ultra-szene der Fußball-fans.

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Foto: Joe Cubick „Block Eins-ultras“, dieser Titel prangt groß und breit auf dem Zebrastrei­fen des dazugehöri­gen Verkehrssc­hildes. Nach Ansicht der Polizei ist die Bedeutung des Schildes damit aber noch nicht unkenntlic­h gemacht.
 ?? Foto: Jens Reichenbac­h ?? Die „Lokal Crew“, die größte Ultra-gruppe auf der Alm, wurde hier auf einem Stromkaste­n hinterlass­en.
Foto: Jens Reichenbac­h Die „Lokal Crew“, die größte Ultra-gruppe auf der Alm, wurde hier auf einem Stromkaste­n hinterlass­en.
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Foto: Andreas Zobe Schwarz-blaue „Power aus Ostwestfal­en“klebt an einem Mast vor der Bielefelde­r Bürgerbera­tung.

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