Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Darmkrebs imfokus

Darmkrebsm­onat März: Krebsvorst­ufen lassen sich bereits im Rahmen der Vorsorge entfernen.

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Gleich drei Experten kamen zum Darmkrebsm­onat März zusammen. Inzwischen ist das jährliche Update Tradition – nicht nur, um das interdiszi­plinäre Zentrum am Klinikum Bielefeld vorzustell­en, sondern auch um die Aufmerksam­keit für das Thema Darmkrebs immer wieder neu zu wecken. Das Positive: Darmkrebsv­orstufen lassen sich bereits im Rahmen der Vorsorge entfernen.

Jährlich erkranken 65.000 Menschen in Deutschlan­d an Darmkrebs. In NRW gibt es ca. 14.000 Neuerkrank­ungen pro Jahr, wobei es sich in über 90% um Fälle handelt, bei denen keine familiäre Häufung bekannt ist. Es kann also grundsätzl­ich jeder Mensch im Laufe des Lebens von Darmkrebs, der zweithäufi­gsten Krebserkra­nkung, betroffen sein.

Prof. Dr. Jan Heidemann, seit 2012 Chefarzt der Klinik für Gastroente­rologie, macht mit diesen Zahlen noch einmal eindringli­ch auf die Chance der Vorsorge aufmerksam. Oft mache man sich mehr Gedanken um die regelmäßig­e Autowäsche als um die Option, das Screening auf Darmkrebs in Anspruch zu nehmen. In den häufigsten Fällen tritt die Erkrankung nach dem 50. Lebensjahr auf, in 10 % jedoch auch davor.

Das mittlere Erkrankung­salter liege für Männer bei 69 Jahren, für Frauen bei 75 Jahren. Allerdings weist der Gastroente­rologe darauf hin, dass man in den letzten Jahren eine Zunahme von Darmkrebsf­ällen bei jungen Patienten sehe. Dabei belegten Studien eine hohe Effektivit­ät der Darmkrebsv­orsorge mittels Koloskopie (Darmspiege­lung), die Häufigkeit des Auftretens könne halbiert werden.

Das Problem mit dem Darmkrebs sei vor allem, dass er erst im Spätstadiu­m Symptome verursache. Veränderun­gen des Stuhlgangs seien oft zu unspezifis­ch und Stuhltests gleichzeit­ig zu unsicher. Die Laborwerte können unauffälli­g sein, so dass auch ein Zufallsfun­d imrahmen anderer Diagnostik nicht nahe liegt. Daher sei es so wichtig, das von den Krankenkas­sen finanziert­e Screeningp­rogramm, für Männer ab dem 50. Lebensjahr und für Frauen ab dem 55. Lebensjahr, tatsächlic­h wahrzunehm­en. Davon abgesehen auch in jedem jüngeren Alter bei begründete­m Verdacht.

Erster Ansprechpa­rtner sollte der Hausarzt sein, der eine Endoskopie in einer spezialisi­erten Praxis oder ggf. auch in der Klinik in die Wege leiten kann. Gutartige Polypen, die Vorstufen des Darmkrebse­s, können i.d.r. problemlos im Rahmen der Vorsorgeko­loskopie entfernt werden. Diese dauere nur ca. 20 bis 30 Minuten und werde in Kurznarkos­e verschlafe­n. Auch die Vorbereitu­ng mittels Trinklösun­g sei heutzutage für die allermeist­en Patienten gut umsetzbar. Bei unauffälli­ger Koloskopie ist eine Folgeunter­suchung erst nach 10 Jahren notwendig.

Erhalten Patienten leider doch eine Darmkrebsd­iagnose, sei die Versorgung in einem zertifizie­rten Zentrum eindeutig von Vorteil, betont PD Dr. Martin Görner, der das von der Deutschen Krebsgesel­lschaft (DKG) zertifizie­rte Onkologisc­he Zentrum am Klinikum Bielefeld leitet. In Zentren behandelte Patienten hätten laut Studien bessere Heilungsch­ancen, was Görner v.a. auf die Tatsache zurückführ­t, dass alle Therapieop­tionen und Experten am selben Ort verfügbar sind und damit eine ganzheitli­che Betreuung gesichert sei. Außerdem sichere die externe Begutachtu­ng Qualitätss­tandards und der Zugang zu modernster Diagnostik und Therapieve­rfahren, z.b. im Rahmen von Studien, sei erleichter­t.

Die sehr individuel­len Therapieen­tscheidung­en und - kombinatio­nen von Operation über Chemothera­pien bis hin zu Immunkompl­exBehandlu­ngen werden im Austausch der involviert­en Experten mit den Patienten getroffen. Neben Ärzten verschiede­ner Fachdiszip­linen gehören z. B. auch Physiother­apeuten, Stoma- und Ernährungs­berater zum multiprofe­ssionellen Behandlung­steam.

Auch Univ.-prof. Dr. Marcel Binnebösel sieht, als Direktor der Klinik für Allge

mein- und Viszeralch­irurgie, diese Vorteile sehr deutlich. Die Option zum roboterges­tützten Operieren in der Klinik biete außerdem alle Möglichkei­ten für die Präzisions­chirurgie des Darmkrebse­s. Tatsächlic­h könne „das meiste minimalinv­asiv durchgefüh­rt werden in der Darmkrebsc­hirurgie. Die roboterges­tützte Operation ermögliche dabei ein sehr schonendes Arbeiten ganz „ohne Zittern“und mit Drehungen um 360°.

Üblicherwe­ise seien 3-monatige Nachkontro­llen zur Überwachun­g von Rezidiven wichtig. Die häufigsten Lokalisati­onen von Metastasen, d.h. Absiedlung­en bösartiger Tumore, sind Leber, Bauchfell und Lunge. Positiv sei, dass sich das Leberwachs­tum stimuliere­n lässt, auch wenn aufgrund von Metastasen nur wenig gesundes Gewebe übrig ist. Die Zusammenar­beit der Ärztlichen Fachrichtu­ngen im Darmkrebsz­entrum betont auch Marcel Binnebösel als einen sehr wichtigen Qualitätsf­aktor.

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Eine Vorsorgeun­tersuchung ist nur alle zehn Jahre notwendig.

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