Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Bayerns femininste­r Hotspot

Ein ganz bestimmtes Fleckchen Erde in Krün am Fuß der Zugspitze scheint Frauen in seinen Bann zu ziehen. Einst wurde es von einer Engländeri­n entdeckt. Heute belebt Frauen-power ein Hotel an diesem magischen Ort.

- STEFFI SCHWEIZER

Esbegann mit einer Reise Mary Isabel Portmans von London nach Berlin, und setzte sich einige Jahre später fort mit einer Tour nach Bayern zum Schachen. So stand die privilegie­rte Tochter aus reichem Hause also 1913 auf einer abgelegene­n Anhöhe inmitten unberührte­r Natur. Die Violinisti­n verliebte sich in dieses Fleckchen Erde so sehr, dass sie den Bau eines Anwesens mit eigenem Konzertsaa­l und Blick auf Wetterstei­n- und Karwendelg­ebirge in Auftrag gab. Doch ihr kleines Schloss in den bayerische­nbergen konnte sie nie betreten. Die Wirren des Ersten Weltkriegs trieben die englische Adlige zurück nach London. Das mystische Gebäude drohte zu verfallen. Durch glückliche Umstände entstand nach Jahrzehnte­n dann ein Haus, indemmanhe­ute über die taffe Lady staunen kann. Fernab von jeglichem Verkehrs- und Fluglärm fühlt es sich dem „Dreiklang Natur – Ruhe – Bewegung“verpflicht­et, wie Hoteldirek­tor Ralf Enseleit betont. „In unserer schnellleb­igen Zeit mit viel Stress stellen wir fest, dass Junge wie Ältere hier vor allem dieruhe suchen. Undwir geben jedem den dafür nötigen Raum.“Heute sind es wiederum Frauen, die den Charakter des Hotels prägen. Mit Leidenscha­ft und Fantasie wirkt jede von ihnen an diesem magischen Ort in ihremrefug­ium: im Kräutergar­ten, in der Backstube und im Spa.

Zum Beispiel Susanne Erhart. Vor vier Jahren wurde die Naturheilk­undige gefragt, ob sie an diesem Ort, wo es bis in den Mai hinein Frost gibt, einen Kräutergar­ten anlegen könnte. Mittlerwei­le wachsen 151 verschiede­ne Pflanzen: rote Rosen und gelb-orange

Kapuzinerk­resse, grün-fedriger Gewürzfenc­hel und duftender Thymian, silbern glänzender Salbei, aromatisch­e Zitronenme­lisse und köstliche Minze. Die Gärtnerin und Kräuterfra­u weiß um die zahllosen guten Wirkungen eines jeden Krautes – also dass zum Beispiel bei einem Bienenstic­h Spitzweger­ich helfen kann, bei Kopfweh Pfeffermin­zöl und bei Halsschmer­z Salbei. Doch auch, wer sich verloren fühlt und wieder zu sich finden möchte, wer den Schmerz einer Trennung verkraften muss oder vor schwierige­n Verhandlun­gen steht, findet bei ihren Führungen durch den Garten „grüne Tipps“zur energetisc­hen Wirkung von Heilpflanz­en. Tipps, die im Alltag vielleicht belächelt würden. Doch das mächtige Alpenmassi­v vor Augen ist man sicher, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als Aspirin und Antibiotik­a. Susannetei­lt nichtnur freigebig ihr Wissen, sie gibt auch mit vollen Händen Samen aus dem Garten an ihre Gäste weiter. Alles bleibt im Kreislauf: Kaffeesatz aus der Hotelküche wird als Dünger genutzt. Frische Kräuter und essbare Pflanzente­ile wandern direkt auf die Teller.

Oder aber in den Wellnessbe­reichzuver­onika Kellermann. Hier bekommt der oft geschmähte Ackerschac­htelhalm seine große Bühne. „Den Ackerschac­htelhalm gab es bereits vor 400 Millionen Jahren. Damals waren das 30 Meter hohe Bäume, von denen sich Dinosaurie­r ernährten,“weiß die Leiterin des Spa-bereiches. „Ein Auszug aus dem Kraut zieht Blutgefäße zusammen, stärkt das Bindegeweb­e, nährt Haut, Haare, Nägel und Muskeln. Das liegt an seiner hohen Konzentrat­ion von Kieselsäur­e.“Schon im Altertum nutzte man ihn zur Blutstillu­ng. Doch dann geriet der Ackerschac­htelhalm in Vergessenh­eit. Seine grünen Sommerwede­l wurden nur noch zum Putzen von Zinngeschi­rr genutzt – daher sein Beiname Zinnkraut. Erst Sebastian Kneipp brachte ihn wieder in Erinnerung. Während er andernorts als lästiges Unkraut bekämpft wird, pflückt Veronika im Frühsommer direkt vor der Tür des Wellnessbe­reiches die frischen sattgrünen­triebe, weichtsie in kaltes Wasser ein, kocht sie auf und mischt den abgekühlte­n Sud mit Aloe-vera-gel. Die darin getränkten Baumwollvl­iese erfrischen und nähren die Haut.

Das Wort „nähren“wird im Kranzbach generell großgeschr­ieben. Auch aus der Hotel-backstube duftet es schon am Morgen verführeri­sch nach Schokolade und Mandeln, Äpfeln, Krokant und Sahne. Wer erkunden will, wer hinter den kunstvoll kreierten Köstlichke­iten auf dem nachmittäg­lichen Kuchenbuff­et steckt, wer all die Petit fours, Törtchen und Pralinen, die Brownies, Strudel oder Plätzchen kreiert, der trifft auf Susan Merbold. Viele Jahre betrieb die Konditorme­isterin ihr eigenes Café in Thüringen, dann verwöhnte sie mit ihrem Backwerk deutsche Urlauber auf Fuertevent­ura. Durch die Corona-krise kam sie nach Bayernundf­and ihr neues Betätigung­sfeld. „Ich könnte sechs Wochen lang durchbacke­n, ohne dass sich etwas wiederholt,“sagt sie lachend. Ein Rezeptbüch­lein brauche sie dafür nicht. Die Leidenscha­ft fürs Backen habe ihr die Oma vererbt. „Ich liebe es einfach“, sagt sie.

Auch die Bewegung sollte nun nicht zu kurz kommen – ob nun beim Yoga im hauseigene­n Meditation­shaus, bei einer Kräuterwan­derung oder einem Spaziergan­g durch die einzigarti­gen Buckelwies­en. Der Luxus großer Ruhe ist in jedem Fall garantiert. Weitere Informatio­nen unter www.daskranzba­ch.de

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FOTO: STEFFI SCHWEIZER Das Kranzbach: Einst initiiert von der englischen Adligen Mary Isabel Portman, liegt es abseits in der Bergeinsam­keit der Alpen, auf über 1.000 Metern Höhe.

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