Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Bayerns femininster Hotspot
Ein ganz bestimmtes Fleckchen Erde in Krün am Fuß der Zugspitze scheint Frauen in seinen Bann zu ziehen. Einst wurde es von einer Engländerin entdeckt. Heute belebt Frauen-power ein Hotel an diesem magischen Ort.
Esbegann mit einer Reise Mary Isabel Portmans von London nach Berlin, und setzte sich einige Jahre später fort mit einer Tour nach Bayern zum Schachen. So stand die privilegierte Tochter aus reichem Hause also 1913 auf einer abgelegenen Anhöhe inmitten unberührter Natur. Die Violinistin verliebte sich in dieses Fleckchen Erde so sehr, dass sie den Bau eines Anwesens mit eigenem Konzertsaal und Blick auf Wetterstein- und Karwendelgebirge in Auftrag gab. Doch ihr kleines Schloss in den bayerischenbergen konnte sie nie betreten. Die Wirren des Ersten Weltkriegs trieben die englische Adlige zurück nach London. Das mystische Gebäude drohte zu verfallen. Durch glückliche Umstände entstand nach Jahrzehnten dann ein Haus, indemmanheute über die taffe Lady staunen kann. Fernab von jeglichem Verkehrs- und Fluglärm fühlt es sich dem „Dreiklang Natur – Ruhe – Bewegung“verpflichtet, wie Hoteldirektor Ralf Enseleit betont. „In unserer schnelllebigen Zeit mit viel Stress stellen wir fest, dass Junge wie Ältere hier vor allem dieruhe suchen. Undwir geben jedem den dafür nötigen Raum.“Heute sind es wiederum Frauen, die den Charakter des Hotels prägen. Mit Leidenschaft und Fantasie wirkt jede von ihnen an diesem magischen Ort in ihremrefugium: im Kräutergarten, in der Backstube und im Spa.
Zum Beispiel Susanne Erhart. Vor vier Jahren wurde die Naturheilkundige gefragt, ob sie an diesem Ort, wo es bis in den Mai hinein Frost gibt, einen Kräutergarten anlegen könnte. Mittlerweile wachsen 151 verschiedene Pflanzen: rote Rosen und gelb-orange
Kapuzinerkresse, grün-fedriger Gewürzfenchel und duftender Thymian, silbern glänzender Salbei, aromatische Zitronenmelisse und köstliche Minze. Die Gärtnerin und Kräuterfrau weiß um die zahllosen guten Wirkungen eines jeden Krautes – also dass zum Beispiel bei einem Bienenstich Spitzwegerich helfen kann, bei Kopfweh Pfefferminzöl und bei Halsschmerz Salbei. Doch auch, wer sich verloren fühlt und wieder zu sich finden möchte, wer den Schmerz einer Trennung verkraften muss oder vor schwierigen Verhandlungen steht, findet bei ihren Führungen durch den Garten „grüne Tipps“zur energetischen Wirkung von Heilpflanzen. Tipps, die im Alltag vielleicht belächelt würden. Doch das mächtige Alpenmassiv vor Augen ist man sicher, dass es mehr gibt zwischen Himmel und Erde als Aspirin und Antibiotika. Susanneteilt nichtnur freigebig ihr Wissen, sie gibt auch mit vollen Händen Samen aus dem Garten an ihre Gäste weiter. Alles bleibt im Kreislauf: Kaffeesatz aus der Hotelküche wird als Dünger genutzt. Frische Kräuter und essbare Pflanzenteile wandern direkt auf die Teller.
Oder aber in den Wellnessbereichzuveronika Kellermann. Hier bekommt der oft geschmähte Ackerschachtelhalm seine große Bühne. „Den Ackerschachtelhalm gab es bereits vor 400 Millionen Jahren. Damals waren das 30 Meter hohe Bäume, von denen sich Dinosaurier ernährten,“weiß die Leiterin des Spa-bereiches. „Ein Auszug aus dem Kraut zieht Blutgefäße zusammen, stärkt das Bindegewebe, nährt Haut, Haare, Nägel und Muskeln. Das liegt an seiner hohen Konzentration von Kieselsäure.“Schon im Altertum nutzte man ihn zur Blutstillung. Doch dann geriet der Ackerschachtelhalm in Vergessenheit. Seine grünen Sommerwedel wurden nur noch zum Putzen von Zinngeschirr genutzt – daher sein Beiname Zinnkraut. Erst Sebastian Kneipp brachte ihn wieder in Erinnerung. Während er andernorts als lästiges Unkraut bekämpft wird, pflückt Veronika im Frühsommer direkt vor der Tür des Wellnessbereiches die frischen sattgrünentriebe, weichtsie in kaltes Wasser ein, kocht sie auf und mischt den abgekühlten Sud mit Aloe-vera-gel. Die darin getränkten Baumwollvliese erfrischen und nähren die Haut.
Das Wort „nähren“wird im Kranzbach generell großgeschrieben. Auch aus der Hotel-backstube duftet es schon am Morgen verführerisch nach Schokolade und Mandeln, Äpfeln, Krokant und Sahne. Wer erkunden will, wer hinter den kunstvoll kreierten Köstlichkeiten auf dem nachmittäglichen Kuchenbuffet steckt, wer all die Petit fours, Törtchen und Pralinen, die Brownies, Strudel oder Plätzchen kreiert, der trifft auf Susan Merbold. Viele Jahre betrieb die Konditormeisterin ihr eigenes Café in Thüringen, dann verwöhnte sie mit ihrem Backwerk deutsche Urlauber auf Fuerteventura. Durch die Corona-krise kam sie nach Bayernundfand ihr neues Betätigungsfeld. „Ich könnte sechs Wochen lang durchbacken, ohne dass sich etwas wiederholt,“sagt sie lachend. Ein Rezeptbüchlein brauche sie dafür nicht. Die Leidenschaft fürs Backen habe ihr die Oma vererbt. „Ich liebe es einfach“, sagt sie.
Auch die Bewegung sollte nun nicht zu kurz kommen – ob nun beim Yoga im hauseigenen Meditationshaus, bei einer Kräuterwanderung oder einem Spaziergang durch die einzigartigen Buckelwiesen. Der Luxus großer Ruhe ist in jedem Fall garantiert. Weitere Informationen unter www.daskranzbach.de