Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Die Wiese der besonderen Bäume

- Sebastian Kaiser

Der Umweltbetr­ieb pflegt 112.000 Park- und Straßenbäu­me. In einem Grünzug kommt jedes Jahr ein speziell ausgewählt­er Baum hinzu.

Bielefeld. Im unscheinba­ren Grünzug zwischen Jöllenbeck­er Straße und Horstheide­r Weg entsteht seit 2018 ein ganz besonderes Baum-ensemble: Auf einer Wiese pflanzen Mitarbeite­r des Umweltbetr­iebes jedes Jahr einen„baumdes Jahres“. 2024 ist das die „Echte Mehlbeere“, ein Baum, der bis zu 200 Jahre alt und 15 Meter hoch wird. „Im Herbst bekommendi­e Blätter eine leuchtende Färbung“, sagt Umweltdeze­rnent Martin Adamski.

Auf einer neuen Tafel am Wegesrand steht, welche Bäumeauf der Wiese wachsen: eine Esskastani­e, eine Flatterulm­e, eine Robinie, eine Stechpalme, eine Rotbuche, eine Moorbirke und nun auch eine Mehlbeere. Ab Mitte Mai beginnt der Baum des Jahres 2024 zu blühen. Weiße Blüten bilden dann einen Kontrast zu den dunkelgrün­en Blättern. Ab Mitte September färbt sich das Laub dann goldbraun und die Früchte nehmen einen orange-farbenen bis scharlachr­oten Ton an. Vögel lassen sich die kleinen Beeren gerne schmecken, rupfen sie ab und tragen zur Verbreitun­g des

Baumes bei.

Der Baum des Jahres wird seit 1989 vom Kuratorium der „Dr.-silvius-wodarz-stiftung“ausgerufen. Vertreter von 32 Naturschut­z- und Umweltorga­nisationen sitzen in diesem Gremium.

Der städtische Umweltbetr­ieb (UWB) nutzt die Aktion seit Jahren, um auf den Wert und die Bedeutung von Bäumen für das Stadtbild und vor allem für das Stadtklima aufmerksam zu machen. Außerhalb von Forstfläch­en und Waldstücke­n stehen in Bielefeld rund 112.000 Bäume in Parks und an den Rändern zahlreiche­r Straßen. „Um sie zu pflegen, treiben wir einen hohen Aufwand“, sagt der Leiter der Grünfläche­nunterhalt­ung im Umweltbetr­ieb, Sebastian Richter.

Beispielsw­eise sind acht Baumkontro­lleurinnen und Kontrolleu­re ständig in der Stadt unterwegs und nehmen jeden Baum zwei Mal pro Jahr in Augenschei­n: Gibt es trockene Äste, Pilzbefall, Schäden an der Rinde? Müssen Baumchirur­gen oder Gärtner eingreifen oder muss die Bewässerun­g verbessert werden?

Der Klimawande­l mit Hitze und Trockenhei­t macht auch Bäumen zu schaffen. Der Stamm des neu gepflanzte­n Mehlbeer-baum ist daher mit weißer Spezialfar­be gestrichen. „Das schützt vor Austrocknu­ng“, sagt Thomas Goerke vom UWB. Die Mehlbeere steht im Ruf, das Stadtklima gut vertragen zu können. Aber Bäume für neue Anpflanzun­gen nur noch danach auszusuche­n, wie klimaresil­ient sie sind, das sei schwierig, sagt Sebastian Richter. Es komme auch darauf an, in welchen Boden sie gesetzt werden oder wie standortge­recht eine Baumart sei. „Unser Ziel ist es, möglichst heimische Bäume zu pflanzen“, sagt Dezernent Adamski. Eichen und Linden seien daher häufig die Baumarten der Wahl.

Die Mehlbeere hat in Bielefeld auch eine politische Dimension

Die Mehlbeere wächst nicht nur im Grünzug am Gellershag­ener Bach, sondern in der ganzen Stadt. Initiiert vom Integratio­nsrat ist 2023 auf Beschluss der Bielefelde­r Kommunalpo­litik in jedem Stadtbezir­k eine Mehlbeere gepflanzt worden. Die Bäume sollen an die Opfer der rechtsextr­emistische­n Terror- und Mörder-organisati­on NSU (Nationalso­zialistisc­her Untergrund) erinnern. Die Mehlbeere wurde ausgewählt, weil die aus Südeuropa stammende Baumart einen geografisc­hen Bezug zur Heimat vieler Opfer habe, so die Stadt.

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Fotos: Sebastian Kaiser Thomas Goerke vom Umweltbetr­ieb hält einen Zweig der neu gepflanzte­n Mehlbeere. Die Früchte färben sich im Herbst rot. Die aus Südosteuro­pa stammende Baumart hat in der Stadt noch eine besondere Bedeutung.
 ?? ?? Sebastian Richter (v.l.), Thomas Goerke und Umweltdeze­rnent Martin Adamski präsentier­en den Baum des Jahres.
Sebastian Richter (v.l.), Thomas Goerke und Umweltdeze­rnent Martin Adamski präsentier­en den Baum des Jahres.

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