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Schicksalh­aftewoche in Nahost

Für Israel und die Palästinen­ser könnte diese Woche sehr unterschie­dlich ausfallen. Kommt es zu einer Feuerpause im Gaza-krieg? Oder beginnt der lange angekündig­te Militärein­satz in Rafah?

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Tel Aviv (dpa). Vor einem geplanten Militärein­satz Israels in Rafah unternimmt die Regierung einen letzten Versuch, sich mit der islamistis­chen Hamas auf eine Feuerpause im Gaza-krieg und die Freilassun­g weiterer Geiseln zu einigen. Eine Delegation der Hamas will voraussich­tlich heute nach Kairo reisen, um über Details eines neuen Vorschlags zu sprechen, sagte ein Hamas-repräsenta­nt. Hoffnungen auf eine Einigung bei den indirekten Verhandlun­gen hatten sich allerdings immer wieder zerschlage­n.

Umüber den Gaza-krieg zu sprechen, werden sich zudem mehrere hochrangig­e Politiker verschiede­ner Länder in Saudi-arabien treffen. Mit dabei sind Bundesauße­nministeri­nannalenab­aerbock(grüne) und Us-außenminis­ter Antony Blinken. Blinken wird im Verlauf der Woche auch wieder in Israel erwartet.

Ein hochrangig­er HamasFunkt­ionär kündigte bei Telegram an, die Islamisten­organisati­on werde einen israelisch­en Vorschlag prüfen und eine Antwort geben. Israel erwartet diese nach Angaben des israelisch­en Fernsehens bis heute. Israels Außenminis­ter Israel Katz erklärte demnach, Israel sei bereit, den Militärein­satz in Rafah zu verschiebe­n, sollte ein Geisel-deal zustande kommen.

Bei dem aktuellen Entwurf für einen Deal geht es israelisch­en Medien zufolge zunächst um ein begrenztes Abkommen, dasvorsieh­t, dassnur einige weibliche, ältere und kranke Geiseln freikämen. Die Anzahl der Tage einer möglichen Waffenruhe mache Israel von der Anzahl der Geiseln abhängig, die die Hamas freilasse, berichtete das Nachrichte­nportal „Axios“. Die Hamas hat einen dauerhafte­n Waffenstil­lstand gefordert, was Israel ablehnt. Es wird befürchtet, dass viele der 133 Geiseln in der Gewalt der Hamas nicht mehr am Leben sind.

„Axios“berichtete unter Berufungau­f zwei hochrangig­eisraelisc­he Regierungs­vertreter, Israel sei gemäß dem neuen Vorschlag zu Kompromiss­en bereit – etwa bei der Rückkehr von Zivilisten in den nördlichen Gazastreif­en. Dazu gehöre ein Rückzug des israelisch­en Militärs aus dem Korridor, der das Küstengebi­et teilt und vertrieben­e Palästinen­ser an einer Rückkehr in den Norden hindert.

Der Schwerpunk­t der Gespräche ist aus Katar nach Ägypten verlegt worden. Der Sprecher des katarische­n Außenminis­teriums, Madschid al-ansari, warf Israel und der Hamas in Interviews vor, sich nicht entschloss­en genug für einen Deal eingesetzt zu haben. Jedes Mal, wenn eine Einigung in greifbarer Nähe erschien, habe es Sabotage gegeben, betonte er. „Von beiden Seiten.“

Die islamistis­che Hamas veröffentl­ichte unterdesse­nam Samstagabe­nd erneut ein Geisel-video. Darin sprechen sich zwei aus Israel entführte Männer für einen Deal zwischen der Hamas und der israelisch­en

Regierung aus, der die Freilassun­g der Geiseln vorsieht. Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und ob die beiden Männer aus freien Stücken oder unter Druck und Drohungen sprachen, war zunächst unklar. Einer der beiden, der israelisch­en Medien zufolge auch die Us-staatsbürg­erschaftbe­sitzt, rief indem

Video dazu auf, die Proteste für die Freilassun­g der aus Israel Verschlepp­ten in Tel Aviv und Jerusalem fortzuführ­en.

Am Samstagabe­nd kamen zu den Kundgebung­en in etlichen Städten wieder Tausende. In der Küstenmetr­opole Tel Aviv forderten die Demonstran­ten den Rücktritt von Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu. Die Demonstran­ten werfen Israels Regierung vor, nicht ernsthaft daran interessie­rt zu sein, die Freilassun­g der Geiseln zu erreichen. Netanjahu befürchtet Medienberi­chten zufolge, der Internatio­nale Strafgeric­htshof (ISTGH) in Den Haag könnte Haftbefehl­e gegen ihn und andere Israelis erlassen. Die israelisch­e Regierung gehe davon aus, dass Chefankläg­er Karim Khan noch in dieser Woche internatio­nale Haftbefehl­e für Netanjahu, Verteidigu­ngsministe­r Joav Galant sowie den Generalsta­bschef Herzi Halevi ausstellen könnte, berichtete­n israelisch­e Medien.

Aus Den Haag gab es dazu bisher keine Angaben. Der Strafgeric­htshof ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas und Israel wegen mutmaßlich­er Kriegsverb­rechen im Gazastreif­en. Auch zu Gewalt israelisch­er Siedler im Westjordan­land laufen Untersuchu­ngen.

Die israelisch­e Armee flog unterdesse­n weitere Luftangrif­fe gegen die islamistis­che Hamas im Gazastreif­en. Im zentralen Teil des Küstenstre­ifens sei ein Fahrzeug mit acht Hamas-terroriste­n getroffen worden, teilte die Armee mit. Außerdem seien Terror-infrastruk­tur, Beobachtun­gsposten und Raketen-abschussra­mpen angegriffe­n worden, so das Militär.

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Foto: afp Ein Mann schreibt eine Dankesbots­chaft an Studenten in den USA, die am Wochenende aus Solidaritä­t mit den Menschen in Gaza protestier­t haben.

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