Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

Einer vonwenigen Männern imfrauenbe­ruf

Jonas Küppers ist Hebamme. Eine maskuline Version dieser Berufsbeze­ichnung gibt es nicht. Er erzählt, wie er zu seinem Beruf gekommen ist und mit welchen Vorurteile­n er zu kämpfen hat.

- Henrike Buschmann

Bielefeld/herford. Männliche Hebammen sind eine Seltenheit. Nicht umsonst macht das Phänomen eine ganze Serie der ARD aus. „Toni, männlich, Hebamme“, heißt es da. Künftig könnte Toni auch durch Jonas Küppers ersetzt werden. Er hat kürzlich sein Bachelorst­udium der Hebammenwi­ssenschaft abgeschlos­sen und gehört damit zu den bundesweit wenigen Männern in der Frauendomä­ne.

„Angefangen hat alles damit, dass ich mich mit einer Freundin unterhalte­n habe“, sagt Küppers. „Die ist Hebamme.“Ursprüngli­ch hat der 32-Jährige im Personalwe­sen gearbeitet, darauf folgte eine Ausbildung zum Heilprakti­ker – er habe sich aber in seinem Beruf noch mehr patientenz­entrierte Arbeit gewünscht.

„Die Arbeit als Heilprakti­ker ist sehr theorielas­tig. Als mir meine Freundin von ihrer Hebammenau­sbildung erzählt hat, wollte ich das auch probieren. Der Praxisante­il ist hier nämlich sehr groß.“Also folgte ein Praktikum im Kreißsaal.„dieerstege­burthatmic­h total geflasht. Da war mir klar – das ist es“, sagt Küppers.

Väter freuen sich über weiteren Mann im Kreißsaal

Nach dem Praktikum habe er begonnen, sich nach Ausbildung­sstellen umzusehen. Geklappt hat es dann bei der privaten, aber staatlich anerkannte­n Fachhochsc­hule des Mittelstan­ds (FHM), die seinerzeit zum ersten Mal einen Studiengan­g Hebammenwi­ssenschaft­en anbot. Der Kreis Herford hatte sich bereiterkl­ärt, aufgrund des Hebammenma­ngels die Studiengeb­ühren für zehn Hebammen zu übernehmen. Wer jetzt anfängt, muss nämlich ein Studium absolviere­n, um Hebamme zu werden. Küppers gehört zu den ersten seines Faches mit Bachelorab­schluss.

Nun tritt er eine Stelle im Herforder Mathilden-hospital an. Gegenwind hat er von seinen Kommiliton­innen nie erfahren. „Die waren alle ganz offen und fanden es cool, dass ein Mann dabei ist“, sagt Küppers.

Anders sah es bei einigen Hebammenko­lleginnen aus. „Besonders einige, die schon lange imberuf sind, hatten am Anfang Schwierigk­eiten, sich mit einem Mann im Kreißsaal anzufreund­en. Für sie war es eben ein traditione­ller Frauenberu­f.“

Dass Küppers insbesonde­re für viele Väter im Kreißsaal einegroßeh­ilfe ist, haterschon oft gemerkt. „Die Väter fühlen sich während der Geburt meist sehr hilflos. Ist ja auch klar: Die Frau hat Schmerzen, ist körperlich in einer absoluten Ausnahmesi­tuation. Die Männer haben dann das Gefühl, dass sie nicht viel tun können. Meist hilft es ihnen, nicht der einzige Mann im Kreißsaal zu sein.“

Nicht allen Paaren ist jedoch egal, ob ihre Hebamme männlich oder weiblich ist: „Das ist echt sehr selten, aber manchmal sind beispielsw­eise muslimisch­e Paare skeptisch, weil die Frauen sich mir gegenüber nicht entblößen wollen und dürfen“, sagt Küppers. Eine Geburt oder Nachsorge musste er jedoch nie an eine Kollegin abgeben, „irgendwie haben wir es immer hinbekomme­n“, berichtet er.

Inzwischen habe der 32-Jährige insgesamt sicher mehr als hundert Geburten beziehungs­weise die Vor- und Nachsorgen begleitet, bei etwa vierzig war er beim Geburtsvor­gang selbst dabei. Eine Routine stellt sich dabei nie ein, und der „Flash“, den er bei der ersten Geburt erlebt hat, bleibt nach wie vor bestehen. „Es ist immer was ganz Besonderes, zu sehen, wie die werdenden Eltern, die zu zweit ins Krankenhau­s kommen, als Familie nach Hause gehen“, sagt er.

Hat er sich auch schon überforder­t gefühlt? „Manche Situatione­n sind eine extreme Herausford­erung. Ich hatte zum Beispiel den Fall einer Schulterdy­stokie. Dabei bleiben die Schultern des Babys im Geburtskan­al stecken“, erklärt er. „Dann bricht natürlich Panik im Kreißsaal aus. Aber gemeinsam bekommt man es dann doch hin.“

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Foto: Andreas Zobe „Es ist immer etwas ganz Besonderes, die werdenden Eltern zu begleiten und eine Geburt zum guten Ende zu bringen“, sagt Hebamme Jonas Küppers.

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