Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost
Dieses historische Haus wirdwachgeküsst
Der neue Eigentümer saniert es mit Millionenaufwand – und die Stadt Bielefeld gibt Geld zur neuen, besonderen Fassade dazu. Das Beste: Im Fördertopf ist noch Geld. Und so würden sich viele freuen, wenn andere Eigentümer nachziehen würden.
Was für ein Kontrast: Aus einem dunkelgrauen, eher rottig daherkommenden Mehrfamilienhaus an der Walther-rathenau-straße 67 ist ein schickes, elegant-grünes Jugendstilhaus geworden.
Ein Hingucker. Einer, so hofft es Neu-eigentümer Jens Schmücker, „der eine Art Leuchtturmprojekt für das Quartier am Ostmannturm wird“.
Er, der mehrere Millionen Euro für das Haus bezahlt hat und dann noch gut eine Million Euro in die Sanierung steckt, schätzt das Viertel, in dem er früher, im Studium, selbst lebte. Natürlich gebe es hier Probleme, aber es sei ein spannendes Quartier.
Mit vielen bodenständigen Menschen, die hier seit Jahrzehnten zur Miete lebten, so auch in seinem Haus. Und mit Potenzial: Das Gelände der ältesten freien (und jetzt geschlossenen) Tankstelle, der Auto-tränke, ist ein Bereich, wo er sich Wohnen vorstellen kann, längerfristig auch die Flächen des Schrotthandels gegenüber sowie die riesigen Gebiete des Güterbahnhofs. „Viel Raum für Nachverdichtung – und das alles mit einer super Infrastruktur.“
Schmücker hofft, dass sein „Leuchtturm“absehbar einmal nicht mehr am Rande des Ostmannturmviertels liegt, sondern mittendrin. Nachverdichtung sei das Zauberwort, auch in seinem Haus, 1909 erbaut: Er ließ den kompletten Dachboden abtragen und neu aufbauen – so originalgetreu wie möglich.
Mit einer rund gebogenen Mansarde, teuer, aber so wie sie das Haus immer prägte. In diesem Dachboden sind zwei neue Wohnungen entstanden, eine mit einer sensationellen Dachterrasse mit Blick auf Sparrenburg, Teuto und Ostmannturm. Aus 11 Wohnungen wurden 13, aus 1.100 Quadratmetern Wohnfläche 1.400 Quadratmeter.
Handwerker wie Zimmerer Eugen Penner und Maler Dennis van Erp hatten ihren Spaß an den besonderen Herausforderungen, mussten mit hohen Ansprüchen des Eigentümers umgehen.
Dass der Putz weitgehend wegbröckelte? Egal. Dass der Dachstuhl originalgetreu wieder aufgebaut werden musste? Egal.
Mal was anderes, mal eine Herausforderung, finden die Handwerker.
Und jetzt? Elegant gedeckte Grüntöne geben dem alten Haus eine neue Würde, Faschen, also weiße Umrahmungen der Fenster, eine natürliche Eleganz. Ein Prachtstück. Eines, das auch die Stadt erfreut. Mirca Loh sagt: „Ein gelungenes Beispiel, dasdazubeiträgt, das kulturelle Erbe Bielefelds zu erhalten.“
Das sei der Stadt auch Geld wert, unabhängig vom Denk
malschutz, der hier gar nicht griff. 50 Prozent werden gefördert– wenn die Fassade aufgewertet wird, Innenhöfe entsiegelt oder Zäune und Mauern aufgewertet werden.
Bis zu 25.000 Euro gibt es, auch Schmücker erhält diese Summe. „Sehr unbürokratisch“, betont der fürs städtebauliche Quartiersmanagement zuständige Oliver Engelhardt. „Wir beraten bei der Gestaltung, helfen gerne.“
Loh sagt zu Beweggründen: „Es ist nicht zu unterschät
zen, was ein solches, aufgewertetes Gebäude für einen ganzen Straßenzug bedeutet.“
Möglich sei das, weil das Quartier ein sogenanntes Insek-gebiet (Stadtumbaugebiet Nördlicher Innenstadtrand) ist - und damit Bund, Land und Stadt fördern könnten. Das Beste: „Wir haben noch genug Geld im Topf, wir würden uns über Anfragen freuen“, sagt Loh.
Auch Schmücker fände Nachahmer klasse, weil das Quartier einfach Potenzial ha
be. Undsich zwar schon im Bereich Richtung Wiesenbad viel getan habe, nunaber müsse der nördlichere Teil nachziehen. Schmücker hat auf jeden Fall nachgelegt, so gibt es in seinem Schmuckstück jetzt auch Erdwärme statt einer Gasheizung.
Das Quartier, das betont er, sei es wert, es sei weitaus mehr als nur „komische Gestalten zwischen Bahnhof, Ostmannturm und Borsigstraße.“
Bestes Beispiel für die Tradition des Quartiers ist die Ge
schichte seines Hauses: Früher lebten hier Angestellte des Fruchthandels Steinkrüger, der Handelsladen war unten im Haus. Und hinten stand die Bananenreiferei – alles Geschichte. Nun ist diebgwhier ein Akteur, der den Wohnungsmarkt bedient.
Dochviele Häuser sind auch im Privatbesitz – und hier könnte mehr passieren, finden Stadt und Eigentümer wie Schmücker.
Infos zur Förderung unter www.bielefeld.de/insek-ni
„Ein Leuchtturm im Ostmannturmviertel“