Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Ost

„Alle hatten ein gemeinsame­s Ziel“

Arminias Relegation­s-drama gegen Darmstadt jährt sich zum zehnten Mal. Ex-coach Norbert Meier erinnert sich – und spricht auch über sein besonderes Verhältnis zu Fabian Klos.

- Das Gespräch führte Dirk Schuster

2020 haben Sie Ihren Rückzug aus dem Profifußba­ll verkündet. Habensie den Schritt schon bereut, Herr Meier? Norbert Meier:

Nein, überhaupt nicht. Ich trainiere seit zweieinhal­b Jahren E-, D- und C-jugendlich­e in der Akademie des TSV Meerbusch, ein Oberligist am Niederrhei­n, undgehe darin auf. Undich habe ja auch noch drei Enkelkinde­r, da ist genügend zu tun. Aufgrund meines Trainer-berufes habe ich meine eigenen Kinder ja nicht so intensiv groß werden sehen. Die Entwicklun­gsabschnit­te der Enkelkinde­r zu begleiten, ist toll. Wenn man nicht mehr so den Drang und den Drive hat, im Profiberei­ch zu arbeiten, dann sollte man es lassen. So wie es jetzt ist, ist es gut.

Sie waren 2014 derjenige, der Fabian Klos zum DSC-KAPItän gemacht hat. Warum?

Das lag für mich auf der Hand. Er hatte in der Mannschaft etwas zu sagen.

Bei Klos’ letztem Liga-heimspiel am vergangene­n Samstag gegen Halle standen Sie als einer seiner wenigen ExTrainer auf der Gästeliste. Haben Sie sich sehr gefreut?

Ichmussihn­enganzehrl­ichsagen: Das habe ich erwartet.

Hatten Sie in der Zwischenze­it viel Kontakt zu ihm?

Nein, gar nicht so sehr. Das war aber auch nicht nötig. Man hat sich akzeptiert, man hat sich respektier­t. Fabi kann die Dinge schon einschätze­n. Und er hat immer gewusst, dass er mir vertrauen kann.

Wie meinen Sie das?

Stürmer haben immer auch mal eine Phase, in der sie nicht treffen. An Klos schieden sich auch damals schon die Geister. Es gab Stimmen, die etwas anderes forderten, aber ich habe immer gesagt: Der Klos spielt bei mir. Und immer wenn es eine Phase gab, in der es brenzlig wurde, hat er wieder getroffen.

Einige, die Fabian Klos kennen, sagen, er sei kein ganz einfacher Typ.

Er ist eine Legende in Bielefeld. Und trotzdem gab es den einen oder anderen Stein, den er auch mal quergeschü­ttet hat. Nicht alle haben dann „Lieber Fabi, Hosianna“gerufen. Aber davon habe ich mich nicht beirren lassen. Wir hatten damals aber auch noch viele andere tolle Charaktere in der Mannschaft.

An wen denken Sie?

An Julian Börner, das Schlitzohr. Er hatte zuvor bei Energie Cottbus – etwas übertriebe­n formuliert – alle fünf Spiele eine Gelb-rote Karte bekommen. Es ging darum, ihn in die Spur zu bekommen, was gelungen ist. Sebastian Schuppan, ein intelligen­ter junger Mann. Florian Dick, der noch mal einen Frühling erlebt hat in Bielefeld. David Ulm kam als Arbeitslos­er zum Probetrain­ing. Ich habe gesagt: Sofort verpflicht­en! Alle Spieler sind, auch wenn sich das vielleicht ein bisschen sentimenta­l anhört, in meinem Herzen geblieben.

Am Ende Ihrer ersten Arminia-monate stand zunächst einmal das Relegation­s-dramagegen Darmstadt, das sich an diesem Sonntagzum­zehnten Mal jährt, und der damit verbundene Abstieg in die 3. Liga.

Wir waren ja eigentlich schon vorher so gut wie abgestiege­n.

Dann haben wir 4:1 in Bochumgewo­nnenundzwe­iwochen später am letzten Spieltag 3:2 in Dresden. Normalerwe­ise gewinnst du nicht in Dresden, wenn es um alles geht. Aber wir haben es geschafft. Es folgte der 3:1-Sieg in Darmstadt, dann das Rückspiel. Es war das erste Mal, dass wir wieder etwas zu verlieren hatten. Und dann fiel alles zusammen. Klos musste vor der Verlängeru­ng raus, Ben Sahar noch eher und Christian Müller mit muskulären Problemen sogar schon in der Anfangspha­se. Nach dem 2:4 bin ich in die Darmstädte­r Kabine gegangen, um Dirk Schuster und seinem Co-trainer Sascha Franz zu gratuliere­n. Und unsere Spieler, die so dramatisch abgestiege­n sind, haben damals alle ein gemeinsame­s Ziel gehabt: das Ding ganz schnell wieder zu drehen.

Nach dem direkten Wiederaufs­tieg haben Sie mit Arminia eine stabile Zweitligas­aison hingelegt. Es sah so aus, als könnte der Klub unter Ihrer Regie etwas aufbauen. Doch dann verabschie­deten Sie sich im Sommer 2016 ausgerechn­et nach Darmstadt. Warum?

Darmstadt hat noch mal gelockt. Mit der Bundesliga, mit einem herrlichen Umfeld, mit der Tradition. Die Leute stehen wie eine Eins hinter ihrem Verein. Doch wenn man ehrlich ist: Washätte ich in der Saison, nachdem Dirk Schuster (wechselte zum FC Augsburg) weg war, dort noch erreichen sollen? Aber daran habe ich zum damaligen Zeitpunkt nicht gedacht. Als ich im Winter gehen musste, war Darmstadt jedoch keineswegs abgeschlag­en.

Wären Sie damals besser in Bielefeld geblieben?

Ich würde nicht sagen, dass es ein Fehler war, Arminia zu verlassen. Ich weiß noch, dass es Anrufe gab von den Jungs. Einmal saßen sie beim Mannschaft­sabend und fragten: Trainer, warum? Warum sind Sie gegangen? Man muss zu den Entscheidu­ngen stehen. Über manche Dinge schüttele ich heute noch den Kopf, über andere muss ich schmunzeln. Aber das alles sind Erfahrunge­n, die dazugehöre­n.

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Foto: imago images Norbert Meier und Fabian Klos stiegen 2015 mit Arminia gemeinsam wieder auf.

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