Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Ein Professor der Uni Bielefeld sieht Schwachstellen bei den Plänen der Ministerin
■ Bielefeld/Paderborn. Der Schulunterricht soll digitaler werden. Ein Professor der Universität Bielefeld hält die Pläne der NRW-Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) für unrealistisch. Sie hatte die Regionalkonferenz „Digitaloffensive Schule NRW 2018“im Paderborner Heinz Nixdorf Museums-Forum eröffnet.
Uwe Sander, Professor der Erziehungswissenschaften an der Universität Bielefeld, sieht die Forderungen kritisch. „Alle Bundesländer wollen Digitalisierung. Aber keiner weiß, wie es geht“, sagt Sander. Ein zentraler Mangel sind seiner Meinung nach die schlechte Versorgung der Schulen mit schnurlosem Internet. „WLAN in Schulen ist häufig mangelhaft. Die Hochschulen sind gut ausgestattet, aber an den Schulen gibt es Defizite.“
Lehrkräfte berichteten auf der Konferenz, dass Eltern dem Einsatz von Tablets im Unterricht manchmal kritisch gegenüberstünden. Wenn die Kinder schon den ganzen Tag am Handy „daddelten“, sollten sie doch wenigstens in der Schule mal zum Buch greifen, heiße es aus der Elternschaft. Dabei gibt der Erziehungswissenschaftler Entwarnung. „Der Anteil an Unterricht mit digitalem Lernmaterial ist sehr gering. Die Buchkultur ist absolut nicht in Gefahr“, sagt Sander.
Handlungsbedarf sieht Sander bei der Aus- und Weiterbildung der Lehrer. „Die Digitalisierung der Schulen steht und fällt damit, wie klug die Lehrer aus- und weitergebildet wurden“, sagt der Experte. „Auch ältere Lehrer müssen bereit sein, aus dem alten Schultrott auszubrechen.“In seiner Tätigkeit als Professor bringt er Berufsanfängern bei, wie sie digitale Medien in ihren Schulunterricht integrieren.
Trotz der vielen Vorzüge, die digitale Medien im Unterricht hätten, bestünden aber auch Gefahren. Es gebe Jugendliche, die sich dauernd in sozialen Netzwerken aufhielten. Das sei keine körperliche Sucht, erklärt der Experte, sondern eher ein Verhalten, von dem sie abhängig seien. Wenn es in Schulen langfristig also mobile Computer als Lernmaterial gebe, könne die Sucht darauf natürlich auch ausgelebt werden.