Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Guido Sandler, der einstige Generalbevollmächtigte der Oetker-Gruppe, feiert heute seinen 90. Geburtstag. Warum Rudolf August Oetker ein „prima Vorgesetzter“war
■ Bielefeld. Dieser Manager ist ein Alleskönner. Guido Sandler ist promovierter Betriebswirt, Braumeister, staatlich geprüfter Milchkaufmann, Helfer in Steuerfragen. Als Generalbevollmächtigter und persönlich haftender Gesellschafter des Oetker-Konzerns hat Sandler zudem Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Vor sechs Jahren erschienen seine Memoiren unter dem Titel „Oetker-Rezepte“. Heute feiert der gebürtige Bayer seinen 90. Geburtstag.
Mit gut 30 Jahren kam Sandler 1957 zur Oetker-Gruppe. Seinen Einstand gab er als Direktionsassistent einer Oetker-Brauerei in Bayern. 1966 berief Rudolf August Oetker (RAO) den Manager zum Vorsitzenden der Geschäftsleitung. Als RAO selbst sich zurückzog, wurde Sandler Anfang 1981 persönlich haftender Gesellschafter und Mitglied der Gruppenleitung. 1997 wechselte Sandler in den Beirat, dem er bis zum Frühjahr 2000 angehörte.
Sandler engagierte sich in zahlreichen Beiräten und Aufsichtsräten von Douglas über Hornbach bis hin zu zahlreichen bayerischen Brauereien. Er ist auch der Erfinder des ostwestfälischen Unternehmertags, bei dem Jahr für Jahr streitbare Redner von Peer Steinbrück bis Jean-Claude Juncker ans Pult treten. 32-mal hat Sandler den Tag maßgeblich mit-organisiert.
Daneben setzte sich Sandler auch für soziale Belange ein. 2017 erhielt er für seine mehr als 30-jährige ehrenamtliche Tätigkeit im Dienste der katholischen Krankenhäuser, darunter auch das FranziskusHospital in Bielefeld, den päpstlichen Silvester-Orden. Die Auszeichnung wurde Sandler direkt von Papst Franziskus verliehen.
Ganz besonders war Sandlers Verhältnis zu seinem langjährigen Chef Rudolf August Oetker. „Er war ein prima Vorgesetzter“, berichtet Sandler in seinen Memoiren „Oetker-Rezepte“. „Er hat nie etwas befohlen. Nicht einmal sagte Oetker, er wolle das einfach, weil er Oetker sei oder weil ihm das Unternehmen gehört.“Kurz gesagt: „Oetker arbeitete so, dass es einem zu denken gab.“
Auch durch Sandlers Engagement wurde Oetker groß und verdiente viele Millionen. Aber er nahm nie für sich in Anspruch, mit seinen Entscheidungen stets richtig gelegen zu haben. So baute Oetker einst eine Brauerei in Alaska – und ging mit dem Projekt fürchterlich auf die Nase. Dass Oetker die Chance verpasste, die Sektkellerei Rotkäpppchen für 3,6 Millionen Mark zu übernehmen, nimmt Sandler ebenfalls auf seine Kappe. „Die hätten wir übernehmen müssen. (...) Wir dachten, da lachen die Leute. Das war dumm.“
Für Oetker arbeitete Sandler stets mit Vollgas. Dass nicht alle Manager so viel Einsatz leisten, kann er nicht nachvollziehen. „Ich frage mich immer, wo Manager die Zeit für Golf hernehmen“, schreibt er in seinem Buch. „Das ist doch eines der zeitaufwendigsten Hobbys. Ich hätte nie, nie Zeit für Golf gehabt. Auch nicht für Tennis.“