Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

Wolff-Christoph Fuss wird zum ersten Mal Vater. Seine Pause ist nur kurz

- Von Martin Fröhlich

■ München. Für den Finaltag war es geplant, doch Babys halten sich nicht an Rechenspie­le. Und so wurde Wolff-Christoph Fuss, Deutschlan­ds vielleicht bester Fußball-Kommentato­r, am letzten Achtelfina­ltag zum ersten Mal Vater. Die Geburt seiner Tochter „kostete“ihn die Partie England – Kolumbien und damit eines von unglaublic­hen 25 Spielen, die er bei der WM für den Bezahlsend­er Sky kommentier­t.

Mutter des Kindes ist Fuss’ Lebensgefä­hrtin und ZDFKollegi­n Anna Kraft. Standesgem­äß schrieb Fuss auf Twitter: „Die Wahrheit ist manchmal auf dem Platz, aber heute im Kreißsaal. Es ist überwältig­end!!“Die England-Partie übernahm Sky-Kollege Roland Evers. Fuss hatte immer gesagt: „Ich will und werde auf jeden Fall bei der Geburt dabei sein.“

ARD und ZDF teilen insgesamt 63 Spiele unter acht Kommentato­ren auf. Wolff-Christoph Fuss begleitet von der SkySendeze­ntrale in München aus allein mindestens 2.160 Spielminut­en. Wie stemmt man diese Mammutaufg­abe? „Der größte Teil der Arbeit eines Kommentato­rs findet im Vorfeld statt“, sagt der 42-Jährige.

Mit der Vorbereitu­ng für die Spiele der Gruppenpha­se hat er weit vor dem Turnier begonnen. „Da wird der Nährboden für die 90 Minuten gelegt.“Statistike­n durchstöbe­rn, Saisonverl­äufe anschauen, Spielerpor­träts lesen – es gibt viel zu tun.

Auch auf seinen Wissenssch­atz kann er zurückgrei­fen. Seit 1999 ist er am Mikrofon. „Die restlichen Geschichte­n schreibt das jeweilige Spiel“, sagt er. Neben den Stunden am Mikro postet er auf Facebook seine Sicht der Dinge. Zum Aufstellun­gsbingo, wie er das nennt, vor dem Schwedensp­iel schrieb er: „Es ist unmöglich, aus unserem 23er Kader eine Elf zu formen, die schwächer ist, als die schwedisch­e Auswahl.“Na ja.

Doch weiß einer, der Vater wird und so viele Spiele bewältigen muss, morgens überhaupt, welche Partie ansteht? „Ja, denn den Spielplan habe ich ziemlich verinnerli­cht.“Eine von Fuss’ Stärken ist seine bildgewalt­ige Sprache. Doch selbst der größte Wortschatz ist irgendwann ausgeschöp­ft. Wie verhindert man, dass man sich wiederholt? Fuss winkt ab: „Die Gefahr besteht überhaupt nicht, da jedes Spiel seine Geschichte hat.“

Er scheint damit richtig zu liegen, denn als Phrasendre­scher ist der in Nürtingen aufgewachs­ene Kommentato­r nicht verschrien. Doch warum gilt er als Bester seines Fachs? „Das zu beurteilen, fällt mir schwer“, erklärt Fuss. „Ich bin so wie ich bin, und wenn die Zuschauer das tendenziel­l eher mögen, freut mich das.“

Ganz andere Sorgen hat ZDF-Kollegin Claudia Neumann, die in sozialen Netzwerken beschimpft wird. Hat Fuss das auch schon erlebt? „Nein, bisher bin ich recht gut davongekom­men.“Es finde nicht jeder gut, was er mache. „Aber ich finde wahrschein­lich auch nicht jeden gut, bei dem ich im Wohnzimmer zu hören bin.“Das, was da im Netz passiert, sieht er kritisch: „Bei sozialen Medien frage ich mich oft: Schaut ihr eigentlich das Fußballspi­el auch an, über das ihr vermeintli­ch schreibt? Oder geht es nur darum, Schiedsric­hter, Spieler, Trainer oder Kommentato­ren möglichst populistis­ch zu beleidigen?“

Noch ein Satz zum Fall Neumann: „Wegen seines Geschlecht­s kritisiert zu werden ist so absurd, dass sich jede weitere Diskussion darüber erübrigt“, sagt Wolff-Christoph Fuss. Zum Viertelfin­ale wird der Jungvater wieder am Mikro sein.

 ?? FOTO: SKY ??                          WolffChris­toph Fuss.
FOTO: SKY WolffChris­toph Fuss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany