Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Der umstrittene Titelverteidiger lehnt detaillierte Erklärungen zu seiner Asthmamittel-Affäre ab. Sein Rivale Dumoulin spricht von „Chaos“
■ Saint-Mars-la-Reorthe (sid). Dunkle Wolken und Donnerhall begleiteten Christopher Froome zu seinem ersten offiziellen Auftritt bei der 105. Tour de France. Die Symbolik war offenkundig, Froomes Absicht auch: In den verregneten Hügeln der Vendee versuchte der zuletzt viel gescholtene Radsport-Star seinen Namen in der Asthmamittel-Affäre reinzuwaschen, die trotz seines Freispruchs durch den Weltverband UCI weiter über ihm schwebt. „Ich habe immer gewusst, dass ich nichts falsch gemacht habe. Es ist eine große Last von meinen Schultern gefallen“, sagte Froome bei der Präsentation seines Sky-Teams.
Der viermalige Gewinner des Gelben Trikots saß auf einem weißen Plastikstuhl in einer heruntergekommenen und stickigen Sporthalle in Saint-Mars-la-Reorthe, über 20 Mikrofone und eine Heerschar Journalisten lauschten seinen Ausführungen zum auffälligen Befund bei einer Dopingprobe während der Vuelta 2017 und all ihren negativen Folgen. „Es waren sehr herausfordernde neun Monate“, sagte Froome. Detaillierte Erklärungen darüber, warum eine Probe bei der SpanienRundfahrt im vergangenen September einen unerlaubt erhöhten Wert des Asthmamittels Salbutamol aufwies, blieb Froome schuldig. Die UCI, antwortete der Brite schmallippig, habe relevante Informationen bereits ausreichend kommuniziert. Ohnehin sei die Materie komplex und schwierig zu verstehen. Wie genau Froomes Anwälte konkret argumentierten, um eine Sperre zu verhindern, ist allerdings weiter unklar. Fest steht für Froome derweil eines: „Das Thema hat meinen Ruf beschädigt.“Der Sky-Kapitän sieht sich als Opfer der Indiskretionen von „Leakern“, die seinen erhöhten Probenwert der Presse steckten – und das nach seiner Ansicht zudem mit falschen Werten.
Die Welt-Anti-DopingAgentur WADA hatte zuvor den Vorwurf einer bevorzugten Behandlung Froomes zurückgewiesen. Froomes Fall sei nicht einzigartig, die Umstände hingegen schon, erklärte WADA-Wissenschafts-Direktor Oliver Rabin bei cyclingnews.com und nannte etwa die Einnahme weiterer Medikamente gegen eine Infektion als den Salbutamol-Wert beeinflussende Faktoren.
Froomes Ziele für die am Samstag startende Tour de France haben nicht unter der Affäre gelitten. Der 33-Jährige peilt den fünften Gesamtsieg und vierten Grand-Tour-Erfolg nacheinander an. Der Rückhalt für Froome hält sich außerhalb des Sky-Teams jedoch in Grenzen. Der Weltverband steht seinerseits in der Kritik.
„Wie der ganze Fall behandelt worden ist, das ist einfach ein Chaos“, sagte Froomes Rivale Tom Dumoulin vom deutschen Sunweb-Team: „Das verletzt die Reputation des Radsports, und so rennen uns die Fans wegen einer so dummen Sache wahrscheinlich wieder davon. Ich bin wirklich sauer!“