Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

Viele Staaten lassen sich bei der Abstimmung von politische­n Interessen leiten

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■ Berlin (KNA). Der Verein World Heritage Watch zieht zum Ende der Sitzung des Unesco-Welterbeko­mitees eine kritische Bilanz. „Die Politisier­ung des Welterbeko­mitees hat eine neue Qualität erreicht“, kritisiert­e der Vorsitzend­e Stephan Dömpke.

Zahlreiche Staaten hätten ihr Stimmverha­lten an ökonomisch­en und geopolitis­chen Interessen ausgericht­et, „offenkundi­ge Verletzung­en“der Welterbeko­nvention gerechtfer­tigt und Argumente der Fachgremie­n ignoriert.

Als Beispiele nennt Dömpke die usbekische Stadt Shahrisabz, die nicht von der Liste gestrichen worden sei, obwohl ihr Altstadtze­ntrum umgestalte­t worden sei. Auch die Aufnahme des Naumburger Doms in die Welterbeli­ste sei gegen die Empfehlung des Internatio­nalen Denkmalrat­s Icomos erfolgt. „Wir freuen uns natürlich über die Einschreib­ung von Naumburg, nicht jedoch über den fragwürdig­en Prozess, der ihr voranging“, so Dömpke. Bereits 2015 hatte er erklärt, der Verein halte die immer länger werdende Liste für höchst problemati­sch. „Denn mit der zunehmende­n Zahl geht unweigerli­ch eine schleichen­de Entwertung einher.“Man müsse sich darüber einigen, wie man zu einem Ende der Liste kommen könne.

Doch ein solcher Aufnahmest­opp erscheint illusorisc­h – denn mit dem Welterbeti­tel sind handfeste wirtschaft­liche Interessen verknüpft. Viele Kulturreis­e-Veranstalt­er steuern inzwischen nur noch Regionen an, die auch Welterbest­ätten vorweisen können. In dieser Hinsicht ist das Welterbeko­nzept ein Opfer seines eigenen Erfolgs: Immer mehr Länder wollen sich mit noch mehr Einträgen profiliere­n.

Positiv sei, so Dömpke, dass in diesem Jahr Nichtregie­rungsorgan­isationen mehr gehört worden seien.

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