Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

35-Stunden-woche Maß der Dinge

Der Tarifabsch­luss der GDL wurde lange verhandelt und die Gewerkscha­fter zeigen sich zufrieden mit dem Ergebnis. Doch nicht alle sind überzeugt.

- Leonie Beyerlin und Lukas Brekenkamp

Bielefeld. Die Gewerkscha­ft deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) hat es geschafft: Die 35Stunden-woche bei vollem Lohnausgle­ich für Schichtarb­eitende wird bei der Deutschen Bahn (DB) bis 2029 eingeführt. Beschäftig­te können mehr arbeiten, wenn sie wollen und bekommen pro zusätzlich­e Arbeitsstu­nde 2,7 Prozent mehr Lohn. Damit ist die DB der GDL sehr entgegen gekommen.

Hat die Gewerkscha­ft die Messlatte für den Arbeitskam­pf auf ein neues Niveau gelegt? Nicht unbedingt. Die IG Metall hat bereits 1984 die 35Stunden-woche in der alten Bundesrepu­blik.

Die Vereinte Dienstleis­tungsgesel­lschaft (Verdi) zeigte dennoch Interesse an der Einigung zwischen GDL und DB. Für eine konkrete Stellungna­hme sei es jedoch zu früh: „Wir werden uns die Ergebnisse im Detail anschauen und in Zusammenar­beit mit Experten entscheide­n, was wir daraus für uns übernehmen können und was nicht“, teilte Verdi mit.

Die Eisenbahn- und Verkehrsge­werkschaft (EVG) zeigt sich indes wenig beeindruck­t. Als direkte Konkurrent­in der GDL hebt sie die Nachteile der Vereinbaru­ng hervor: Durch die Absenkung der Arbeitszei­t haben Gdl-mitglieder ab 2026 nicht mehr die Möglichkei­t, bis zu zwölf Urlaubstag­e zusätzlich in Anspruch zu nehmen.

Die IG Metall konnte 2018 ein Wahlmodell aushandeln. Beschäftig­te, die Kinder erziehen, Angehörige pflegen oder in Schicht arbeiten, können zwischen einem tarifliche­n Zusatzgeld oder acht zusätzlich­en freien Tagen wählen.

Skeptisch von einer 35Stunden-woche zeigt sich derweil der Arbeitgebe­rverband Bielefeld. Karsten Schürmann sagt: „Die 35-Stunden-woche ist in manchen Branchen bereits etabliert, für zielführen­d halte ich es jedoch nicht.“Eine Verkürzung der Arbeitszei­t werde man wegen des demografis­chen Wandels nicht lange durchhalte­n könne. Immerhin werde das Arbeitsauf­kommen nicht weniger, dafür gehen jedoch mehr Menschen in Rente und das nötige Personal komme in einigen Branchen in der Zahl nicht nach. Er plädiert für die Möglichkei­t, die Arbeitszei­ten für Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er flexibler zu gestalten.

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Foto: imago images In vielen Branchen demonstrie­ren Beschäftig­te für die Einführung einer 35-Stunden-woche.

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