Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Gymnasium an Traditionsstandort
In der Gutenbergschule soll ein weiteres städtisches Gymnasium entstehen. Das schlagen SPD, Grüne und Linke vor. Das Westfalenkolleg wird zum Weiterbildungscampus.
Bielefeld. Irgendwie war es eine glückliche Fügung. „Wir waren schon seit längerem im Gespräch mit der Abendrealschule und dem Westfalenkolleg“, sagt Sven Meyering, Direktor des Abendgymnasiums. Jetzt ist klar: Alle drei Schulen sollen in einem Weiterbildungscampus am Standort des Westfalenkollegs an der Brückenstraße zusammengeführt werden. Zum Schuljahr 2025/26 soll es soweit sein.
Die Gutenbergschule, in der das Abendgymnasium seit zehn Jahren untergebracht ist, wird also frei. Dort soll zwar bereits nach den Sommerferien der erste Jahrgang der neuen Grundschule Gellershagen einziehen. Doch wenn die in ihren geplanten Neubau am Brodhagen wechselt, wäre genug Platz für ein Gymnasium mit drei Jahrgangsklassen. In den jeweiligen Gründungsphasen könnten Grundschule und Gymnasium auch nebeneinander im Gebäude der Gutenbergschule geführt werden.
„Und das Problem mit der Unterversorgung von Gymnasialklassen wäre gelöst“, sagt Spd-fraktionschef Riza Öztürk. Im Juni soll ein entsprechender Antrag der Rathauskoalition aus SPD, Grünen und Linken im Schulausschuss des Rates beschlossen werden. Auch die Bezirksregierung muss noch ihr Okay zu den Gymnasialplänen geben. Aber die Koalitionspartner sind zuversichtlich. „Der Bedarf ist da“, sagt Lisa Brockerhoff, grüne Schulpolitikerin.
Neue Schule gut zu erreichen und eine preiswerte Lösung
Die Schulentwicklungsplanung der Stadt weist aus, dass ab 2026 zwischen acht und zehn Jahrgangsklassen an Gymnasien fehlen. Vier sollen in dem ebenfalls neu geplanten Gymnasium am Seidensticker-campus entstehen, je eine am Ceciliengymnasium und im Gymnasium am Waldhof. Die Fehlenden kämen in der Gutenbergschule hinzu.
Nur schweren Herzens verlasse das Abendgymnasium seinen bisherigen Standort, um den es so lange gerungen habe, sagt Meyering. Aber durch die Zusammenarbeit mit der Abendrealschule und dem Westfalenkolleg, bei dem es sich um eine Landeseinrichtung
handelt, könnten zahlreiche Synergieeffekte erzielt werden. Aktuell haben die drei Weiterbildungseinrichtungen insgesamt rund 700 Studierende, das Abendgymnasium davon 220. Vor ein paar Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele. Beim Abendgymnasium führten die geringen Studierendenzahlen auch zu einem verringerten Kursangebot. Das könne sich durch die geplante Zusammenarbeit deutlich erhöhen. Die Schulaufsicht hat der Zusammenführung der drei Einrichtungen der Erwachsenenbildung bereits zugestimmt.
Für die Rathauskoalition hat ein Gymnasium in der Gutenbergschule den Charme, dass es am Ende auch eine relativ preisgünstige Lösung ist. „Wir müssen uns nicht in neuen Prestigebauten verewigen“, sagt die Spd-schulpolitikerin Miriam Welz dazu. Klar ist, dass es in dem Gebäude aus dem Jahr 1900, das bereits aufwendig saniert worden ist und das unter Denkmalschutz steht, Anpassungsbedarf gibt. Notwendig sein werde auch ein Erweiterungsbau auf dem Schulhof. Aber das ist allemal preiswerter als ein kompletter Neubau. Aus Sicht der Koalitionspartner
ist auch die Verkehrsanbindung der neuen Schule perfekt. Mit der Wittekindstraße und dem Siegfriedplatz liegen gleich zwei Stadtbahnstationen in unmittelbarer Nachbarschaft.
Für Kinder aus dem Bielefelder Westen, gerade auch aus Dornberg, sei das neue Gymnasium eine „naheliegende Ergänzung“, so Bernd Vollmer, Fraktionschef der Linken im Rat und auch Bezirksvertreter in Dornberg. Dies auch, weil am benachbarten Max-planckgymnasium weiterhin G8, also das Abi nach acht Jahren, angeboten wird.
Überlegungen, in Dornberg auf der grünen Wiese oder im früheren Handwerksbildungszentrum am Kleiberweg ein Gymnasium zu schaffen, wären mit dem jetzigen Vorschlag vom Tisch. Auch Gedankenspiele, gleich zwei Gymnasien auf dem Seidensticker-gelände zu gründen. Zum einen setzt das Rathausbündnis dort weiter auf eine zusätzliche, dreizügige Sekundarschule, zum anderen, so der grüne Fraktionschef Dominic Hallau, seien solche „Insellösungen“für eine Schulform der Bielefelder Schullandschaft nicht zuträglich.