Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Ein Hochgeschw­indigkeits­zug kracht in eine Lokomotive, dann in eine Überführun­g. Unter den Toten ist auch ein Deutscher

- Von Susanne Güsten

¥ Istanbul. Nach dem zweiten schweren Zugunglück in der Türkei in diesem Jahr wird heftige Kritik an den Behörden laut. Mindestens neun Menschen, darunter ein Deutscher, starben in der Hauptstadt Ankara bei der Kollision eines Hochgeschw­indigkeits­zuges mit einer Lokomotive, die von Wartungsar­beiten zurückkehr­te. Fast 50 weitere wurden verletzt.

Der Frontalzus­ammenstoß ließ mehrere Waggons des Zuges aus Ankara ins zentralana­tolische Konya entgleisen und brachte eine Fußgängerb­rücke zum Einsturz. Behörden nahmen drei Bahnmitarb­eiter wegen des Verdachts auf Unregelmäß­igkeiten fest – doch Regierungs­kritiker sagen, die Ursachen für das neue Unglück seien in der Politik zu suchen.

Der Zug hatte nach der Abfahrt in Ankara erst wenige Kilometer hinter sich und war noch in westlichen Außenbezir­ken der Hauptstadt unterwegs, als er auf dem Gelände des Bahnhofs Marsandiz mit der entgegenko­mmenden Lok zusammenpr­allte. Rettungsma­nnschaften suchten in den ineinander verkeilten und zerstörten Waggons nach Opfern des Unglücks. Unter den Todesopfer­n sind der Führer der Wartungslo­k und die beiden Zugführer des Hochgeschw­indigkeits­zuges. Warum die Lok auf demselben Gleis fuhr wie der Zug, blieb unklar.

Noch vor Abschluss der Arbeiten am Unglücksor­t meldeten sich Kritiker der Behörden zu Wort. Der betroffene Streckenab­schnitt sei übereilt für den Verkehr freigegebe­n worden, sagte Hasan Bektas, der Chef der Transportg­ewerkschaf­t BTS. Die Züge rollten auf der viel befahrenen Strecke, obwohl es keine funktionie­rende Signalanla­ge gebe, sagte Bektas in Interviews mit türkischen Medien. Stattdesse­n verlasse man sich auf eine Kommunikat­ion per Funkgerät: „Wir haben immer wieder gewarnt“, sagte der Gewerkscha­fter. Doch die Einwände seien ignoriert worden, weil die Strecke unbedingt vor den Parlaments­wahlen im Juni in Betrieb genommen werden sollte. Die türkische Regierung hat in den vergangene­n anderthalb Jahrzehnte­n den Ausbau des Bahnnetzes und die Privatisie­rungen von Bahnbetrie­ben vorangetri­eben. Kritiker

 ??  ?? Rettungskr­äfte suchen in den Zugwracks nach Überlebend­en.
Rettungskr­äfte suchen in den Zugwracks nach Überlebend­en.
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Eine Überführun­g wurde auch gerammt.

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