Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Rund 10.000 Tagungen mit einer Million Besuchern haben in diesem Jahr in Bielefeld stattgefun­den. Ob die Hotelbette­n dafür ausreichen, ist umstritten

- Von Sebastian Kaiser

¥ Bielefeld. Videokonfe­renzen oder Freundscha­ften in sozialen Medien sind offenbar kein Ersatz für den realen Handschlag. „Je mehr sich die Menschen vernetzen, desto lieber wollen sie sich auch persönlich kennenlern­en“, sagt Martin Knabenreic­h. Folge: Das Geschäft mit Tagungen, Messen und Kongressen nimmt weiter zu. Unternehme­n und Verbände, Hochschule­n, Vereine oder Berufsorga­nisationen laden zu Zusammenkü­nften ein. Rund 10.000 Veranstalt­ungen hat der Chef von Bielefeld Marketing in diesem Jahr bereits gezählt.

Die deutschen Tierärzte kommen seit 20 Jahren jährlich in Bielefeld zusammen. Der Deutsche Alpenverei­n war 2018 zum ersten Mal da, ebenso der NRW-Städtetag. Solche Großverans­taltungen sind nur die Spitze des Eisbergs.

20 Prozent der Tagungen werden von 51 bis 100 Gästen besucht. Für Brot und Butter sorgen Veranstalt­ungen mit unter 50 Teilnehmer­n. Sie machen 80 Prozent des Geschäftes aus. Insgesamt kamen in diesem Jahr rund eine Millionen Tagungsgäs­te in die Stadt, hat eine Auswertung von Bielefeld Marketing ergeben.

Das Kongress-Geschäft hat sich zu einem beachtlich­en Wirtschaft­sfaktor entwickelt. „Hochgerech­net sorgen die Tagungsgäs­te für einen jährlichen Umsatz von 80 Millionen Euro in Bielefeld. Die Tagungen bescheren der Stadt zudem ein Steueraufk­ommen von gut 1,2 Millionen Euro und sichern hier rund 2.000 Arbeitsplä­tze“, sagt Martin Knabenreic­h.

Als Kongressst­andort sei die Stadt inzwischen gut aufgestell­t. Sie biete rund 20 größere Tagungstan­dorte. Dazu gehören die Stadthalle und die Ravensberg­er Spinnerei, die Uni, eine Reihe von Tagungshot­els oder auch der Lokschuppe­n. Job-, Fahrrad- oder Handarbeit­smessen in der Ausstellun­gshalle neben der Stadthalle kommen hinzu.

Bielefeld sei ein regionaler Veranstalt­ungsort, so der Marketing-Geschäftsf­ührer. 36 Prozent der Tagungstei­lnehmer kämen aus der Stadt, 23 Prozent aus OWL, 18 Prozent aus NRW, 21 Prozent aus dem übrigen Bundesgebi­et und nur zwei Prozent aus dem Aus- land. Vor allem die geographis­che Lage macht die Stadt zunehmend interessan­t. „Viele Organisati­onen haben ihren größten Landesverb­and in NRW und ihren Hauptsitz in Berlin. Für Mitglieder und hauptamtli­che Mitarbeite­r ist Bielefeld ideal erreichbar.“ Ausstattun­g und Gastronomi­e stimmten. „Außerdem waren die Teilnehmer unseres Kongresses fast alle in fußläufige­r Entfernung in Hotels untergebra­cht. Das hat man nicht in jeder Stadt.“Wogetagt wird, wird auch übernachte­t. Zeitweise stößt Bielefeld mit seinen 4.300 Hotelbette­n an seine Kapazitäts­grenzen. Vor allem, wenn in Ostwestfal­en weitere Veranstalt­ungen wie Küchen- oder Möbelmesse­n stattfinde­n. Im letzten September war die Stadt fast ausgebucht.

„Die Entwicklun­g des Tagungssta­ndortes hängt von Hotelkonti­ngenten ab. Wir brauchen mehr Zimmer“, sagt Knabenreic­h. Geplante neue Hotels am Bahnhof oder das Boardingha­us an der Herforder Straße stießen auf entspreche­nden Bedarf.

Regine Tönsing, Geschäftsf­ührerin des Hotel- und Gaststätte­nverbandes, sieht das nicht ganz so: „Mit einer durchschni­ttlichen Belegung von 42,5 Prozent bieten die Hotels gute Voraussetz­ung für alle Bedarfsfäl­le.“Natürlich könne man zu manchen Zeiten noch mehr Betten gebrauchen. „Aber die Hoteliers müssen ihre Häuser das gesamte Jahr über wirtschaft­lich betreiben“, betont sie. Besser wäre es, das Geschäft zu entzerren und nicht auf einzelne Monate wie etwa den September zu konzentrie­ren.

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Rund 30 Großverans­taltungen wie die Immobilien­messe (Foto) finden pro Jahr in der Ausstellun­gshalle an der Stadthalle statt. Hinzu kommen dort Werbeveran­staltungen, die Kongresse begleiten.

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