Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Prozessbeginn gegen Betonplatten-Werfer
Mutmaßlicher Erpresser des Autobauers Daimler muss sich vor dem Landgericht verantworten.
¥ Paderborn. Fast jede Nacht war eine 26-Jährige mit ihrem Mercedes Sprinter unterwegs. Schließlich verdiente sie mit Kurierfahrten ihre Brötchen. Jetzt sitzt die Hildesheimerin nur noch ungern hinter dem Steuer eines Autos. Wenn sie unterhalb von Brücken fahren muss, fühlt sie sich besonders unwohl. Denn in den frühen Morgenstunden des 28. April zerschlug eine Betonplatte die Windschutzscheibe ihres Fahrzeugs. Die 26-Jährige kam mit leichten Verletzungen, die durch die umherfliegenden Glassplitter verursacht worden waren, davon. Jetzt begann vor dem Landgericht Paderborn der Prozess gegen Andreas O. (Name geändert). Er muss sich wegen versuchten Mordes und versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung verantworten.
Nach Überzeugung von Oberstaatsanwalt Ralf Meyer war es der 21 Jahre alte Geseker, der den 15 Kilo schweren Gegenstand von der Autobahnbrücke geworfen hatte, als die Kurierfahrerin bei Erwitte unterwegs war. Es sei sein Ziel gewesen, die Daimler AG erpressen. Denn gute zwölf Stunden nach dem Vorfall auf der A33 erhielten der Autokonzern und die Dortmunder Polizeidirektion eine E-Mail, in der 250.000 Euro gefordert wurden. Gehe der Betrag bis zum 1. Mai nicht auf das genannte Bitcoin-Konto ein, würde es weitere Anschläge auf Fahrzeuge aus dem Hause Daimler geben, hieß es dort. Dann aber komme der Fahrer nicht nur mit einem Schock davon. Als eine Zahlung nicht erfolgte, wurde bei Salzkotten-Oberntudorf eine Betonplatte auf die L 776 geworfen, eine Nacht später ein Gesteinsbrocken auf die A33 bei Hövelhof. Menschen wurden nicht verletzt, laut Anklage hatte sich der Täter zuvor davon überzeugt, dass sich niemand auf der Fahrbahn aufhielt.
In begleitenden Nachrichten an die Polizei und das Unternehmen drohte er aber damit, „das kann zu meinem täglich Brot werden wie Zähneputzen“. Nach Tagen des intensiven E-Mail-Verkehrs reduzierte der Erpresser seine Forderung schließlich auf eine Anzahlung in Höhe von 30.000 Euro. Nachdem er eine Nachricht mit den Zahlungsmodalitäten versandt hatte, wurde der Geseker am selben Abend durch ein Sondereinsatzkommando im Haus seiner Eltern festgenommen.
Am 3. Dezember wollen die Richter umdie Vorsitzende Tabea Rustemeyer in die Beweisaufnahme einsteigen.