Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Mit einem „Allez“zum WM-Titel
Über den Hoffnungslauf holt Schrittmacher Christian Dippel mit Horst Schütz 1984 in Barcelona die Weltmeisterschaft der Steher
50 Metern Vorsprung gelangten Dippel/Schütz nach 60 Minuten und 72 gefahrenen Kilometern ins Ziel. Die Schweizer Max Hürzeler/Veli Luginbühl wurden Zweite vor den Belgiern Constant Tourné und Jos De Bakken. 6.000 Zuschauer applaudierten den neuen Weltmeistern. Einen Arm am Lenker, einen in der Höh’ winkten die Sieger ins Publikum. Später im Innenraum kam Radsport-Bundestrainer Gustav Kilian, den man ob seiner großartigen Erfolge den „Goldschmied“nannte, und gratulierte als einer der ersten.
Nur kurz haben sich die Aktiven frisch gemacht, schon folgte die Siegerehrung. Christian Dippel und Horst Schütz erklommen die höchste Stufe des Treppchens. „Oben zu stehen und die deutsche Nationalhymne zu hören – da wird man emotional, da kommt auch schon mal ein Tränchen. Weltmeister wird man schließlich nicht alle Tage“, sagt Dippel. Mit Horst Schütz war er 1982 schon Europameister geworden. Bei den Profis. Schütz war Berufsfahrer, Dippel nicht. Er hat neben dem Sport immer als Gießerei-Modellbauer gearbeitet.
1997 wurde der Bielefelder noch einmal Europameister. Dieses Mal mit einem Italiener, der auf den klangvollen Namen Sabino Can
Der Moment, in dem die Augen feucht werden: Nur die Weltmeister Horst Schütz und Christian Dippel hatten Grund zum Lächeln. none hörte. Der zweite EM-Titel ist wie eine Weltmeisterschaft einzustufen. Denn seit 1994 wird die WM nicht mehr ausgefahren. „Zu wenige Teilnehmerländer außerhalb Europas und die geringer werdende Zahl an Bahnen“, begründet Dippel. Die Europäer dominierten ohnehin den Stehersport. Der Australier Danny Clark bildete eine der seltenen Ausnahmen.
Als Radsportler hat Christian Dippel die Welt gesehen. 19 Mal nahm er an einer WM teil. 1977 holte er Bronze mit Rainer Podlesch in San Cristobal, Venezuela. 1990 startete er im japanischen Maebashi nahe Tokio mit Podleschs Sohn Carsten. Wie der Vater so der Sohn gilt auch bei den Dippels. André ist in die Fußstapfen seines Vaters getreten. Der 46-Jährige fährt mittlerweile auch schon seit 25 Jahren als Schrittmacher. Und das sehr erfolgreich: Zweimal war er Europameister. 2019 Deutscher Meister. Kein Wunder. Dem Filius ist der Stehersport im wahren Wortsinn in die Wiege gelegt worden. Am Tag der Niederkunft ließ der Sohnemann auf sich warten. Zur gleichen Zeit aber stand auch die Deutsche Stehermeisterschaft auf dem Plan. Die werdende Mutter hatte schließlich Verständnis und entließ ihren Mann zum Sport. Noch auf der Bahn erfuhr Christian Dippel, dass er Vater geworden war. Und ganz nebenbei wieder Deutscher Meister.