Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Hakenkreuz in die Brust geritzt
Mutmaßlicher Überfall auf Jogger (19) irritiert. Der Staatsschutz ermittelt. Kritik gibt es an der Polizei.
¥ Bielefeld-Brackwede (jr). Der Staatsschutz Bielefeld ermittelt nach einem mutmaßlichen Neonazi-Überfall am Mittwochabend auf einen jungen Jogger im Wald in der Nähe Niemöllershof Ecke Wiener Straße. Der 19-Jährige wandte sich gegen 19.25 Uhr mit Gesichtsverletzungen und Schnitten am Oberkörper an einen Passanten, der umgehend die Rettung rief. Der 19Jährige schilderte, dass er von vier bis fünf Männern, die durch Nazi-Symbole als Rechtsextreme erkennbar waren, überfallen, geschlagen und getreten worden sei. Einer der Täter soll ihm ein Hakenkreuz in die Brust geritzt haben. Der Schwerverletzte musste im Krankenhaus behandelt werden. Eine Fahndung nach den Tätern verlief ohne Erfolg. Auch Tatortaufnahme und Suche mit einem Polizeihund brachten keine Erkenntnisse, so die Polizei.
Der 19-Jährige zeigt auf seinem Instagram-Kanal Bilder von seinen Verletzungen. Zudem berichtet er, dass die Polizei ihm nicht geglaubt habe. Ihm zufolge hätten Polizisten gesagt, das in die Brust geritzte Hakenkreuz sei nicht tief genug. Die Beamten hätten ihm vorgeworfen, sich die Verletzungen womöglich selbst zugefügt zu haben. Deshalb hätten Beamte das Zimmer des 19Jährigen durchsucht, um dort ein passendes Tatwerkzeug zu identifizieren – ohne Erfolg.
Grund für die Skepsis der Polizei könnten die teilweise abweichenden Angaben des 19-Jährigen sein – aber auch ein ähnlicher Vorfall in der Vergangenheit.
Laut Polizeisprecherin Sonja Rehmert hatte der 19-Jährige bereits im Januar eine ähnliche Tat angezeigt. Auch damals soll er von rechten Angreifern verletzt worden sein. „Die Ermittlungen hatten damals nicht zur Aufklärung und Identifizierung von Tatverdächtigen geführt“, so Rehmert. Der Bielefelder ist iranischer Staatsbürger und weist die Vorwürfe weit von sich. Er fühlt sich zu Unrecht unter Verdacht. Beamte sollen dem Vater sogar mit einer Ausweisung gedroht haben, sollte der Sohn weiter lügen. Die Polizei hat auf die Vorwürfe reagiert: „Die Staatsanwaltschaft wurde beauftragt, die Vorwürfe der Nötigung durch Polizeibeamte zu prüfen“, so Rehmert.
Die Gruppe „Rise up for Justice“hat die Tat, aber auch das Vorgehen der Polizei kritisiert und am Samstag zur Demo am Hauptbahnhof aufgerufen.
Laut Rehmert nimmt die Polizei den Vorfall sehr ernst. Der Staatsschutz ermittelt in alle Richtungen. Zeugen gebe es bisher nicht: „Es ist aktuell weder auszuschließen, dass die Verletzungen durch eine politisch motivierte Körperverletzung verursacht wurden, noch, dass diese auf anderem Wege entstanden sind.“Eine Rechtsmedizinerin hat am Freitag die Verletzungen untersucht. Sie sollte klären, ob der 19-Jährige sich die Verletzungen selbst habe zufügen können. Ihr zufolge stimmen die Verletzungen nicht in vollem Umfang mit den Angaben des 19-Jährigen überein, so die Polizei.
Täterbeschreibung: Die Angreifer (deutsch, 1,80 Meter groß, schlank) sollen athletisch sein sowie Mützen oder Kappen und Masken getragen haben. Eine Maske soll ein „adidas“-Logo aufgewiesen haben, eine Person einen dunkelroten Pullover getragen haben. Hinweise an die Polizei (Staatsschutz): (05 21) 54 50.