Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Viel Streit, ein Appell und doch Einstimmigkeit
Der neue Rat ist für Überraschungen gut – und entscheidet schließlich doch in der Sache.
¥ Bielefeld (aut). Die Schärfe der Debatte in der ersten Sitzung des neuen Stadtrates hat viele überrascht. Vor allem die kleinen Parteien von Links und Rechts wie „Die Partei“und AfD, die erstmals vertreten sind, provozierten. Dabei hatte Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) anfangs mit einem Appell für einen respektvollen Umgang geworben.
Doch die Absprache von CDU, SPD, Grünen, Linken und FDP über die Geschäftsordnung, die den Kleinen das Leben erschwert, beschwor die Kritik herauf. Dass die sich auch untereinander beschimpften, passte ins Bild. Vokabeln wie Faschisten und Linksradikale hörte man früher nicht über Ratsmitglieder.
Clausen mochte das geahnt haben, als er anfangs in einer kurzen Ansprache dazu aufrief: „Lassen Sie uns in der Sache streiten, aber vermeiden Sie persönliche Verunglimpfungen. Rhetorische Zuspitzungen können verletzen und weh tun.“Gerade in der Zeit von Corona, aber auch zunehmendem Individualismus in der
Gesellschaft sollte der Rat eher den Schulterschluss üben.
Der OB hob zudem hervor, dass Bielefeld eine „bunte heterogene Bürgerschaft“habe, die friedlich miteinander lebe und in der Respekt und Toleranz als Tugenden gelten. Die Pandemie, eine der größten Krisen weltweit, schränke Freiheiten ein, beschädige die Wirtschaft, verschärfe soziale Ungleichheiten und verunsichere. Deshalb müsse der Rat Entscheidungen in großer Geschlossenheit treffen.
Und trotz aller verbaler Scharmützel zeigten sich auch die kleinen Parteien in der Sache zum Schluss konstruktiv. Einem halben Dutzend Dringlichkeitsbeschlüssen stimmten alle weitgehend bis auf ganz wenige Enthaltungen zu. Dazu zählten zusätzliche Scout-Stellen im Kampf gegen Corona, Geld für eine bessere Digitalisierung der Schulen und Ausstattung der Lehrer, die Bürgerbeteiligung zum geplanten Baugebiet Blackenfeld in Vilsendorf sowie einen Förderantrag für ein neues KombiSchwimmbad in Jöllenbeck.