Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Auf der höchsten Baustelle der Stadt
Telekom-Hochhaus soll Ende des Jahres entkernt sein – ein harter Job in schwindelerregender Höhe. Investor feilt noch an der neuen Fassade und müsste für die Polizei das Parkhaus abreißen und neu bauen.
¥ Bielefeld. Hier oben muss man schwindelfrei sein. Aus über 70 Metern Höhe ist selbst durchs Schutznetz die Aussicht über die Stadt faszinierend. Für die Arbeiter ist es ein harter Job. Gesichert an Seilen und von einer schmalen Kletterbühne aus, die an Masten an der Fassade emporschwebt, schneiden sie mit schwerem Gerät die Brüstungen auf. Noch ist das frühere Telekom-Hochhaus am Kesselbrink ein offenes Gerippe. Doch bald soll hier ein modernes Bürohaus stehen – vielleicht für die Polizei.
GROSSE FENSTER
„Wir wollen viel Licht ins Gebäude bringen und eine großzügige, offene Raumatmosphäre schaffen“, sagt Projektleiter Siegfried Wendker vom Bauunternehmen Goldbeck, das die markante Immobilie gekauft hat und für zig Millionen Euro von Grund auf sanieren lässt. Deshalb kürzen Arbeiter die Brüstungen von 90 auf 30 Zentimeter. Der Glasanteil der Fassade wird viel größer, der Komplex filigraner.
TRANSPORT IM AUFZUG
Was bleibt ist das „Rückgrat“(Wendker), der Kern mit zwei Treppenhäusern und fünf Aufzügen. Die sind auf der Baustelle die wichtigsten Transportwege im Hochhaus. Sämtlicher Schutt und der abgesägte Beton werden hierdurch nach unten befördert. „Das ist schneller als über einen Bauaufzug außen“, sagt Wendker.
Bis Ende 2020 soll auch der Verbindungsbau zum Techniktrakt, den die Telekom weiter nutzen wird, gekappt sein: „Eine Herausforderung, da ist viel Feingefühl gefragt.“Dabei steht die Großimmobilie Hochhaus, das mit einer Brücke über die Kavalleriestraße mit dem angrenzenden Parkhaus am Kesselbrink verbunden ist, auf äußerst solidem Fundament: Darunter ist ein großer Bunker mit zwei 400 Quadratmeter-Schutzräumen, der über 1.300 Personen Platz bot, wie ein altes Schild an der
Wand zeigt. Dicke Eisentüren, alte Gegensprechanlagen und Duschensind noch da. Der Keller könnte Depot oder Lager werden. Der Post SV nutzte ihn zuletzt auch als Sporthalle, Linien fürs Badminton sind noch auf dem Boden zu sehen.
KLAPPEN FÜR FRISCHLUFT
Oben ist der blanke Beton freigelegt: Auf 17 Etagen, 46 Meter lang, 23 Meter breit, sollen Büros entstehen. Jede Ebene erhalte eine eigene Lüftungsanlage, das spare Energie. Und Klappen, die in jedem Raum zu öffnen sind, sorgten zusätzlich für Frischluft, erklärt Wendker. Sonnenschutz soll die Temperatur in den Büros, früher ein Problem, niedrig halten. Die Fenster, 2,70 Meter hoch, lassen sich nicht öffnen – auch, weil der Luftzug erheblich ist, wie man in 78 Metern Höhe deutlich spürt. Der Antennenaufbau, mit dem das Haus sogar 95 Meter misst, bleibe. Er ist an die TelekomTochter Deutsche Funkturm vermietet und sendet zum Beispiel Radio Bielefeld.
ROT-BRAUN NOCH UNKLAR
2021 soll die neue Fassade entstehen – doch wie sie aussieht, ist noch teils unklar. Zwar legte Goldbeck vor einem Jahr schon einen Entwurf vor, den die Stadt nach Überarbeitungen genehmigte, doch werde daran weiter gefeilt, sagt Wendker. Hell solle die Außenhaut werden mit viel Glas. Ob aber das Lochblech, das die unteren Etagen mit dem Parkhaus optisch verbindet, wie vorgeschlagen in Rot-Braun gestaltet wird, sei offen.
FÜR BULLIS ZU NIEDRIG
Wie das Hochhaus künftig genutzt wird, bleibt offen. Goldbeck bestätigt, es gebe Gespräche mit Interessenten. Zudem hat sich der Investor für das neue Polizei-Großprojekt beworben, das Altbauten wie am Kesselbrink ersetzen soll. Dafür läuft aber ein aufwendiges Ausschreibungsverfahren. Das zieht sich hin und war für Monate sogar unterbrochen, wie Sprecherin Sonja Rehmert bestätigt. Die Polizei als alleiniger Mieter wäre für den Investor interessant. Das frühere Telekom-Hochhaus hätte für die benötigten etwa 15.000 Quadratmeter genügend Platz. Und es hätte ein Parkhaus. Aber dessen Deckenhöhen reichen für höhere Fahrzeuge der Polizei nicht aus. Wendker: „Wenn, dann müssten wir es abreißen und neu bauen.“