Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Auf der höchsten Baustelle der Stadt

Telekom-Hochhaus soll Ende des Jahres entkernt sein – ein harter Job in schwindele­rregender Höhe. Investor feilt noch an der neuen Fassade und müsste für die Polizei das Parkhaus abreißen und neu bauen.

- Joachim Uthmann

¥ Bielefeld. Hier oben muss man schwindelf­rei sein. Aus über 70 Metern Höhe ist selbst durchs Schutznetz die Aussicht über die Stadt fasziniere­nd. Für die Arbeiter ist es ein harter Job. Gesichert an Seilen und von einer schmalen Kletterbüh­ne aus, die an Masten an der Fassade emporschwe­bt, schneiden sie mit schwerem Gerät die Brüstungen auf. Noch ist das frühere Telekom-Hochhaus am Kesselbrin­k ein offenes Gerippe. Doch bald soll hier ein modernes Bürohaus stehen – vielleicht für die Polizei.

GROSSE FENSTER

„Wir wollen viel Licht ins Gebäude bringen und eine großzügige, offene Raumatmosp­häre schaffen“, sagt Projektlei­ter Siegfried Wendker vom Bauunterne­hmen Goldbeck, das die markante Immobilie gekauft hat und für zig Millionen Euro von Grund auf sanieren lässt. Deshalb kürzen Arbeiter die Brüstungen von 90 auf 30 Zentimeter. Der Glasanteil der Fassade wird viel größer, der Komplex filigraner.

TRANSPORT IM AUFZUG

Was bleibt ist das „Rückgrat“(Wendker), der Kern mit zwei Treppenhäu­sern und fünf Aufzügen. Die sind auf der Baustelle die wichtigste­n Transportw­ege im Hochhaus. Sämtlicher Schutt und der abgesägte Beton werden hierdurch nach unten befördert. „Das ist schneller als über einen Bauaufzug außen“, sagt Wendker.

Bis Ende 2020 soll auch der Verbindung­sbau zum Techniktra­kt, den die Telekom weiter nutzen wird, gekappt sein: „Eine Herausford­erung, da ist viel Feingefühl gefragt.“Dabei steht die Großimmobi­lie Hochhaus, das mit einer Brücke über die Kavallerie­straße mit dem angrenzend­en Parkhaus am Kesselbrin­k verbunden ist, auf äußerst solidem Fundament: Darunter ist ein großer Bunker mit zwei 400 Quadratmet­er-Schutzräum­en, der über 1.300 Personen Platz bot, wie ein altes Schild an der

Wand zeigt. Dicke Eisentüren, alte Gegensprec­hanlagen und Duschensin­d noch da. Der Keller könnte Depot oder Lager werden. Der Post SV nutzte ihn zuletzt auch als Sporthalle, Linien fürs Badminton sind noch auf dem Boden zu sehen.

KLAPPEN FÜR FRISCHLUFT

Oben ist der blanke Beton freigelegt: Auf 17 Etagen, 46 Meter lang, 23 Meter breit, sollen Büros entstehen. Jede Ebene erhalte eine eigene Lüftungsan­lage, das spare Energie. Und Klappen, die in jedem Raum zu öffnen sind, sorgten zusätzlich für Frischluft, erklärt Wendker. Sonnenschu­tz soll die Temperatur in den Büros, früher ein Problem, niedrig halten. Die Fenster, 2,70 Meter hoch, lassen sich nicht öffnen – auch, weil der Luftzug erheblich ist, wie man in 78 Metern Höhe deutlich spürt. Der Antennenau­fbau, mit dem das Haus sogar 95 Meter misst, bleibe. Er ist an die TelekomToc­hter Deutsche Funkturm vermietet und sendet zum Beispiel Radio Bielefeld.

ROT-BRAUN NOCH UNKLAR

2021 soll die neue Fassade entstehen – doch wie sie aussieht, ist noch teils unklar. Zwar legte Goldbeck vor einem Jahr schon einen Entwurf vor, den die Stadt nach Überarbeit­ungen genehmigte, doch werde daran weiter gefeilt, sagt Wendker. Hell solle die Außenhaut werden mit viel Glas. Ob aber das Lochblech, das die unteren Etagen mit dem Parkhaus optisch verbindet, wie vorgeschla­gen in Rot-Braun gestaltet wird, sei offen.

FÜR BULLIS ZU NIEDRIG

Wie das Hochhaus künftig genutzt wird, bleibt offen. Goldbeck bestätigt, es gebe Gespräche mit Interessen­ten. Zudem hat sich der Investor für das neue Polizei-Großprojek­t beworben, das Altbauten wie am Kesselbrin­k ersetzen soll. Dafür läuft aber ein aufwendige­s Ausschreib­ungsverfah­ren. Das zieht sich hin und war für Monate sogar unterbroch­en, wie Sprecherin Sonja Rehmert bestätigt. Die Polizei als alleiniger Mieter wäre für den Investor interessan­t. Das frühere Telekom-Hochhaus hätte für die benötigten etwa 15.000 Quadratmet­er genügend Platz. Und es hätte ein Parkhaus. Aber dessen Deckenhöhe­n reichen für höhere Fahrzeuge der Polizei nicht aus. Wendker: „Wenn, dann müssten wir es abreißen und neu bauen.“

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FOTO: ANDREAS ZOBE Von sechs 23 Meter breiten Arbeitsbüh­nen aus, die von außen an Masten hängen, schneiden die Arbeiter die Brüstungen niedriger, damit mehr Licht ins Gebäude kommt.
 ?? FOTO: ANDREAS ZOBE ?? Das Hochhaus als Gerippe, rechts das Parkhaus, das vielleicht neu gebaut wird.
FOTO: ANDREAS ZOBE Das Hochhaus als Gerippe, rechts das Parkhaus, das vielleicht neu gebaut wird.
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FOTO: GOLDBECK Viel Glas und heller – Goldbeck feilt aber noch an der Optik der neuen Fassade.

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