Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Wie ein kleiner Kauz wieder die Freiheit fand

Der hilflose Greifvogel setzt in Herford eine Kette von Rettungsma­ßnahmen in Gang.

- Matthias Bungeroth und Peter Franzeck

¥ Herford/Bielefeld. Es ist ein ruhiger Vormittag in einer Herforder Siedlung. Doch dann machen Anwohner dort eine ungewöhnli­che Entdeckung. Auf ihrer Terrasse entdecken sie eine scheinbar verletzte Eule. Was tun mit dem Tier, fragen sie sich. Denn der nachtaktiv­e Vogel sitzt wie apathisch da und rührt sich nicht.

Sie versuchen, sich telefonisc­h Rat zu suchen und landen schließlic­h beim Bund für Umwelt- und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) in Herford. Derweil haben die Finder über die Eule eine leichte, luftdurchl­ässige Holzkiste platziert. Die Sorgen um den Vogel, der nach erstem Augenschei­n auch etwas blutet, sind bei ihnen groß.

Die Empfehlung lautet, sich an das BUND-Mitglied Peter Franzeck zu wenden, denn er engagiert sich seit mehr als 20 Jahren im Artenschut­z für Eulen und Greifvögel. Franzeck nimmt sofort Kontakt mit den Findern auf und sieht sich den Vogel vor Ort an, der aber keine äußerliche­n Verletzung­en aufweist.

Um aber eventuelle innerliche Verletzung­en auszuschli­eßen und ihn mit Nahrung zu versorgen, entscheide­t Franzeck, dass das als Waldkauz identifizi­erte Tier zur Auffangsta­tion nach BielefeldO­lderdissen gebracht werden soll. Mit dem dortigen Team arbeitet Franzeck schon seit Jahren gut zusammen, wie er berichtet.

Auf diesem Wege bedankt er sich bei dieser Gelegenhei­t für deren Unterstütz­ung und

Hilfe, wie er dieser Zeitung sagt. „Beim vorsichtig­en Umsetzen des Kauzes in einen Karton zeigt der Vogel, dass seine Greif- und Abwehrrefl­exe noch vorhanden sind“, berichtet Franzeck.

So greift er erst den einen und kurze Zeit später den zweiten Finger Franzecks mit den Krallen, der schon vorsichtsh­alber Lederhands­chuhe übergezoge­n hat. „Da das Tier aber weiter die Krallen zudrückte, ließ sich der linke Handschuh nicht so einfach wieder ausziehen.“Franzeck kann seine Hand aber herauswind­en und so den Kauz mit dem Handschuh in den Karton setzen.

Nachdem der Nachtgreif einige Tage zur Untersuchu­ng, Beobachtun­g und Pflege in Olderdisse­n verbracht hat, kann er schließlic­h wohlbehalt­en und wieder fit in seiner gewohnten Umgebung in Herford in die Freiheit entlassen werden. Für Franzeck, der schon einige der interessan­ten Vögel ausgewilde­rt hat, „immer wieder ein glückliche­r und erhebender Moment“, wie er es umschreibt.

Dieser allerdings gestaltet sich komplizier­ter als gedacht. Denn der Kauz, dessen Kiste kurz vor dem Dunkelwerd­en geöffnet wurde, hatte sich drinnen offenbar gemütlich eingericht­et. „Mit zugekniffe­nen Augen lag er völlig entspannt in einer Ecke und wollte auch nicht nach draußen.“Ein sachtes Bewegen der Kiste, und dann geht alles schnell: „Der Vogel startet durch, dreht eine Kurve und fliegt in den angrenzend­en Baumbestan­d hinein“, wie Franzeck berichtet. Ein großer Moment für einen kleinen Kauz.

 ?? FOTO: PETER FRANZECK ?? Schüchtern blickt der Waldkauz aus dem Pappkarton. Wenig später wird er in Herford in die Freiheit entlassen.
FOTO: PETER FRANZECK Schüchtern blickt der Waldkauz aus dem Pappkarton. Wenig später wird er in Herford in die Freiheit entlassen.

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