Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Wie ein kleiner Kauz wieder die Freiheit fand
Der hilflose Greifvogel setzt in Herford eine Kette von Rettungsmaßnahmen in Gang.
¥ Herford/Bielefeld. Es ist ein ruhiger Vormittag in einer Herforder Siedlung. Doch dann machen Anwohner dort eine ungewöhnliche Entdeckung. Auf ihrer Terrasse entdecken sie eine scheinbar verletzte Eule. Was tun mit dem Tier, fragen sie sich. Denn der nachtaktive Vogel sitzt wie apathisch da und rührt sich nicht.
Sie versuchen, sich telefonisch Rat zu suchen und landen schließlich beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) in Herford. Derweil haben die Finder über die Eule eine leichte, luftdurchlässige Holzkiste platziert. Die Sorgen um den Vogel, der nach erstem Augenschein auch etwas blutet, sind bei ihnen groß.
Die Empfehlung lautet, sich an das BUND-Mitglied Peter Franzeck zu wenden, denn er engagiert sich seit mehr als 20 Jahren im Artenschutz für Eulen und Greifvögel. Franzeck nimmt sofort Kontakt mit den Findern auf und sieht sich den Vogel vor Ort an, der aber keine äußerlichen Verletzungen aufweist.
Um aber eventuelle innerliche Verletzungen auszuschließen und ihn mit Nahrung zu versorgen, entscheidet Franzeck, dass das als Waldkauz identifizierte Tier zur Auffangstation nach BielefeldOlderdissen gebracht werden soll. Mit dem dortigen Team arbeitet Franzeck schon seit Jahren gut zusammen, wie er berichtet.
Auf diesem Wege bedankt er sich bei dieser Gelegenheit für deren Unterstützung und
Hilfe, wie er dieser Zeitung sagt. „Beim vorsichtigen Umsetzen des Kauzes in einen Karton zeigt der Vogel, dass seine Greif- und Abwehrreflexe noch vorhanden sind“, berichtet Franzeck.
So greift er erst den einen und kurze Zeit später den zweiten Finger Franzecks mit den Krallen, der schon vorsichtshalber Lederhandschuhe übergezogen hat. „Da das Tier aber weiter die Krallen zudrückte, ließ sich der linke Handschuh nicht so einfach wieder ausziehen.“Franzeck kann seine Hand aber herauswinden und so den Kauz mit dem Handschuh in den Karton setzen.
Nachdem der Nachtgreif einige Tage zur Untersuchung, Beobachtung und Pflege in Olderdissen verbracht hat, kann er schließlich wohlbehalten und wieder fit in seiner gewohnten Umgebung in Herford in die Freiheit entlassen werden. Für Franzeck, der schon einige der interessanten Vögel ausgewildert hat, „immer wieder ein glücklicher und erhebender Moment“, wie er es umschreibt.
Dieser allerdings gestaltet sich komplizierter als gedacht. Denn der Kauz, dessen Kiste kurz vor dem Dunkelwerden geöffnet wurde, hatte sich drinnen offenbar gemütlich eingerichtet. „Mit zugekniffenen Augen lag er völlig entspannt in einer Ecke und wollte auch nicht nach draußen.“Ein sachtes Bewegen der Kiste, und dann geht alles schnell: „Der Vogel startet durch, dreht eine Kurve und fliegt in den angrenzenden Baumbestand hinein“, wie Franzeck berichtet. Ein großer Moment für einen kleinen Kauz.