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NRW-Grüne strotzen vor Kraft
Nach der erfolgreichen Kommunalwahl formiert sich an den Spitzen von Landtagsfraktion und Landesverband die neue Generation. Die hat es in sich.
¥ Düsseldorf. Die Grünen in Nordrhein-Westfalen strotzen nur so von Kraft. Nach dem Erfolg bei den Kommunalwahlen – die Grünen stellen jetzt zwei Oberbürgermeisterinnen, einen Oberbürgermeister und zwölf Bürgermeister und Bürgermeisterinnen in NRW – will die Partei nun auch bei den Bundestagswahlen (2021) und Landtagswahlen (2022) ihre Stärke beweisen. Das Ziel: Regierungsbeteiligung auf allen Ebenen.
Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, sind die Grünen jetzt auch personell neu aufgestellt. An die Seite der Landesvorsitzenden Mona Neubaur (43) und Felix Banaszak (31) ist auch an die Spitze der Landtagsfraktion eine neue Generation getreten. Mit Verena Schäffer (33) aus Witten und Josefine Paul (38) aus Münster haben zwei jüngere Frauen das Ruder in die Hand genommen. Die bisherigen Vorsitzenden Monika Düker (57) und Arndt Klocke (49) sind ins zweite Glied gerückt. Düker will 2022 ihre landespolitische Karriere beenden.
Das Durchschnittsalter des neuen Führungsquartetts beträgt gerade einmal 38 Jahre. In ihrer neuen Funktion hatten die beiden Politikerinnen am Sonntag erste Auftritte vor dem Landesparteirat („Kleiner Parteitag“). Das höchste Gremium der Landespartei zwischen den Landesdelegiertenkonferenzen mit seinen 82 Delegierten tagte erstmals komplett digital. Immerhin waren in der Spitze 72 Delegierte online. Der Livestream der Konferenz im Internet verzeichnete 3.000 Zugriffe.
Von Felix Banaszak, der seit 2017 an der Spitze des Landesverbands NRW mit seinen 21.500 Mitgliedern steht, ist bekannt, dass er in die Bundespolitik drängt. Er will in seiner Heimatstadt Duisburg für den Bundestag kandidieren. Seine Ko-Vorsitzende Mona
Neubaur, seit 2014 an der Spitze des Landesverbandes, orientiert sich eher in Richtung Landespolitik. Aus dem Kreis des weiblichen Trios Neubaur, Schäffer und Paul dürfte die Spitzenkandidatin der Grünen bei den nächsten Landtagswahlen kommen. Dabei gilt Verena Schäffer, die sich bereits seit einigen Jahren als innenpolitische Expertin einen guten Ruf erarbeitet hat, vielen als das größte Talent der Grünen in NRW.
Die Grünen, die bei der Landtagswahl 2017 gerade noch 6,4 Prozent erreicht hatten und die Regierungsbank im Düsseldorfer Landtag räumen mussten, haben einen erstaunlichen Wiederaufstieg hinter sich und sich inzwischen um die 20+x Prozent als stabile
Größe etabliert; sie rangieren zurzeit knapp hinter der SPD auf Platz drei im Kräfteverhältnis in NRW. Bei den Europawahlen im Mai 2019 konnten die Grünen die SPD überholen und erreichten landesweit 23,2 Prozent.
Eine wirkliche Macht sind die Grünen jetzt auch auf Kommunalebene. Nicht nur weil sie in Aachen, Bonn und Wuppertal jetzt die Oberbürgermeister stellen. In Aachen und in der größten NRW-Stadt Köln sind sie auch die bei weitem stärkste Kraft in den Stadträten. Längst erproben die Grünen schwarz-grüne Bündnisse, unter anderem in Köln, Düsseldorf und Wuppertal. Ein schwarz-grünes Bündnis auf Landesebene, das viele nach der Landtagswahl 2022 für wahrscheinlich halten, hätte also gerade auf der kommunalen Ebene seine Basis.
Es gehe jetzt darum, den grünen Wandel in den Kommunen erfahrbar zu machen, sagte die neue Oberbürgermeisterin von Bonn, Katja Dörner, in der digitalen Sitzung des Landesparteirats. Das sei vor allem für die bevorstehenden Bundestags- und Landtagswahlkämpfe von großer Bedeutung.