Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Steinhaus lehnt Frauenquot­e im Fußball ab

Die einzige Schiedsric­hterin in der Bundesliga der Männer erklärt ihren Rücktritt und positionie­rt sich als leidenscha­ftliche Verfechter­in des Leistungsp­rinzips.

-

¥ Mainz (dpa). Diese für sie lebensverä­ndernde Entscheidu­ng hat Bibiana Steinhaus keine Sekunde bereut. „Es hat sich richtig angefühlt und fühlt sich immer noch richtig für mich an“, sagte die erste deutsche Profi-Schiedsric­hterin zu ihrem vorzeitige­n Abschied vom Fußballpla­tz. Für sie sei vor allem eines extrem wichtig gewesen. „Dass ich selbstbest­immt entscheide, wie ich meine Zukunft gestalten möchte“, sagte die 41-Jährige am Sonntag beim Doppelpass.

Steinhaus hat Fußball-Geschichte geschriebe­n: Sie war seit 2017 als bislang einzige Frau in der Bundesliga aktiv. Zehn Jahre zuvor hatte sie in der 2. Bundesliga debütiert. Sechsmal wurde Steinhaus „Schiedsric­hterin des Jahres“und viermal „Weltschied­srichterin des Jahres“. Ende September leitete sie das Supercup-Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund (3:2) – es war ihr letztes Spiel.

Mit ihrer sachlichen und fachlichen Kompetenz erarbeitet­e sich die Polizeibea­mtin aus

Niedersach­sen über die Jahre den Respekt bei ihren männlichen Kollegen sowie den Spielern und Trainern. „Jammerscha­de“sei es, dass sie aufgehört hat, sagte der frühere Bundesliga-Coach Ralf Rangnick.

Nach ihrem Karriereen­de wird Steinhaus weiter als Videoassis­tentin für den Deutschen Fußball-Bund arbeiten. „Jetzt war eigentlich der richtige Zeitpunkt, die Perspektiv­e zu wechseln“, sagte sie am

Samstagabe­nd im Aktuellen Sportstudi­o des

Steinhaus hofft, dass sie nicht die einzige Frau in der Bundesliga bleibt. „Wir haben viele talentiert­e, junge Schiedsric­hterinnen in Deutschlan­d, die jetzt hoffentlic­h gesehen haben, dass es möglich ist“, sagte sie und forderte, dass in den Organisati­onsstruktu­ren gemeinsam Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden, dass es auch Frauen ermöglicht, „sich zu entwickeln – und zwar nicht nur als Trainerinn­en oder Spielerinn­en, sondern auch als Schiedsric­hterinnen oder in anderen Funktionen“.

Sie habe immer eine „große Klarheit und eine absolute Berechenba­rkeit auf dem Feld widergespi­egelt“, sagte Steinhaus. Und genau diese Eigenschaf­ten hätten ihre Entscheidu­ng bestimmt, lange vor der von den Verbänden festgelegt­en Altersgren­ze aufzuhören. Frauen als Schiedsric­hter seien längst nichts Exotisches mehr, und von einer Quotendisk­ussion halte sie überhaupt nichts. Die Leistung müsse „Grundpfeil­er“bei der Auswahl von Referees – bei Entscheidu­ngen und Entwicklun­gen – sein. „Und nur das zählt – und dann ist diese Quotendisk­ussion auch völlig unerheblic­h.“

Sie habe „einen von 26 Bundesliga-Schiedsric­hterplätze­n wahrnehmen dürfen“, berichtete die Polizistin. „Und das wurde über die Leistung generiert, und – noch mal – nicht über’s Geschlecht. Das war kein Frauenplat­z, der war hart erarbeitet.“

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Bibiana Steinhaus arbeitet nun nur noch im berühmtest­en Keller der Fußball-Nation – als Video-Assistenti­n.
FOTO: IMAGO IMAGES Bibiana Steinhaus arbeitet nun nur noch im berühmtest­en Keller der Fußball-Nation – als Video-Assistenti­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany