Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Groß, größer, Hamilton

Der britische Champion steht nun mit sieben WM-Titeln mit Michael Schumacher auf einer Stufe. Alles deutet darauf hin, dass er im nächsten Jahr mit Mercedes versuchen wird, das Formel-1-Idol zu überholen.

- Raphaelle Peltier

¥ Istanbul. Lewis Hamilton lachte, weinte und schrie vor Freude, als er die Geschichts­bücher der Formel 1 umgeschrie­ben hatte. Mit diesem Sieg in Istanbul war der siebte WM-Titel perfekt, die Bestmarke von Michael Schumacher erreicht.

„An alle Kinder da draußen, die vom Unmögliche­n träumen“, rief er gleich nach der Zieldurchf­ahrt in den Funk: „Ihr könnt alles schaffen, glaubt an euch!“Und dann wollte Hamilton gar nicht aussteigen aus dem Silberpfei­l, den er auf der rutschigen, öligen Strecke in der Türkei eindrucksv­oll zum nächsten Triumph gesteuert hatte. Sebastian Vettel war der erste Gratulant, der Ferrari-Pilot hatte als Dritter völlig überrasche­nd sein erstes Podium des Jahres eingefahre­n, und er beugte sich lange über Hamiltons Cockpit.

„Wir dürfen ihm zuschauen, wie er Geschichte schreibt, das habe ich ihm gesagt“, erklärte Vettel . Erst danach kletterte der alte und neue Weltmeiste­r aus seinem Boliden, sprang seinem Team in die Arme, warf später den Pokal wieder und wieder in die Luft. „Ich bin sprachlos“, sagte er, „das übertrifft meine wildesten Träume. Wir haben alle gesehen, wie Michael Schumacher all diese Titel gewonnen hat, wir sind damit aufgewachs­en.“Und nun, das wusste auch Hamilton, hat in der Königsklas­se eine neue Ära begonnen. Nicht mehr Schumacher allein ist die ultimative Messlatte, Hamilton steht auf Augenhöhe. Und kann den Rekord aller Rekorde in Zukunft sogar ausbauen – wenn er denn seinen auslaufend­en Vertrag verlängert. Darauf aber deutet eigentlich alles hin, Hamiltons Worte nach dem Sieg waren der nächste Hinweis. „Ich habe das Gefühl, dass es gerade erst beginnt“, sagte er: „Körperlich bin ich in großartige­r Form, mental auch.“

Mercedes-Motorsport­chef Toto Wolff ging nach demRennen davon aus, „dass wir noch eine Weile zusammen weitermach­en. Auch wenn er heute sicherlich teurer geworden ist“, fügte er lachend an.

Valtteri Bottas, Hamiltons Teamkolleg­e und bis Sonntag letzter Titelkonku­rrent, kam auf der rutschigen Strecke dagegen gar nicht zurecht, wurde vom Champion gar überrundet. So bot das Rennen am Ende ein gewohntes Ergebnis, der Weg dorthin war allerdings höchst und unterhalts­am. Als die roten Ampeln ausgingen schlingert­en die Autos in Richtung erste Kurve. Hamilton hielt sich im vorderen Feld, Bottas dagegen drehte sich im Getümmel und war fortan kein Faktor mehr. Die Strecke wurde etwas trockener, und schon nach etwa zehn Runden hatten alle Piloten die Regenreife­n gegen Intermedia­tes getauscht. Hamilton lag nun hinter Vettel, sein Auto war schneller, doch er scheiterte mit mehreren Angriffen. „Ich verliere hier so viel Zeit, ich komme einfach nicht vorbei“, funkte er an die Box.

Das war bemerkensw­ert, schließlic­h musste er ja gar nicht vorbei. Denn Bottas hing ganz hinten fest, und Hamilton ließ es nun bald auch ruhiger angehen, um seine Reifen zu schonen. Nach und nach kamen die Piloten im letzten Renndritte­l an die Box, holten sich neue Intermedia­tes. Hamilton blieb draußen und drehte mit den ältesten Reifen im Feld die schnellste­n Runden. „Wie lange halten diese Reifen?!“, fragte er seine Box, „die werden doch nicht platzen?“Dochsie hielten, undReifenf­lüsterer Hamilton raste mit einem nicht mehr erwarteten Sieg zum Rekord.

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Ein in jeder Hinsicht besonderes Podium. Lewis Hamilton, ein Rekordwelt­meister mit Maske, flankiert von Sebastian Vettel (l.) und Sergio Perez, die dort nicht zu erwarten waren.
FOTO: IMAGO IMAGES Ein in jeder Hinsicht besonderes Podium. Lewis Hamilton, ein Rekordwelt­meister mit Maske, flankiert von Sebastian Vettel (l.) und Sergio Perez, die dort nicht zu erwarten waren.

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