Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Abstiegska­mpf brüderlich geteilt

Batuhan und Tolga Dogan kämpfen mit dem VfB Fichte Seite an Seite um den Klassenerh­alt. Jeder hat seine Stärken – und motiviert den anderen mit Sticheleie­n

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Von Nicole Bentrup

Vom Bundesligi­sten Bayer Leverkusen sind die Bender-Brüder bekannt. Lars und Sven, Zwillinge in einem Team. Und sie harmoniere­n auf dem Fußball-Platz miteinande­r. In der Westfalenl­iga beim VfB Fichte ist es ähnlich. Zwar sind Batuhan und Tolga Dogan keine Zwillinge, aber echte Brüder – und nicht nur im Geiste.

„Zuletzt haben wir bei den Minikicker­n vom VfR Wellensiek zusammen gespielt“, erinnert sich Tolga, der mit 19 Jahren Jüngere der beiden Dogans. Allerdings sei dies nur ein kurzes Intermezzo gewesen, „denn dann habe ich eine einjährige Fußballpau­se eingelegt“, sagt Tolga. Batuhan, 21, hat seine eigene Sichtweise auf des kleinen Bruders längere Auszeit und erklärt grinsend: „Beim ersten Training ist Tolga auf sein Knie gefallen, es hat ein bisschen geblutet. Er war dann ein Jahr nicht mehr beim Training.“Tolga winkt ab: „Blödsinn.“So stellt man es sich vor: Unter Brüdern wird gestichelt.

Dafür gibt es andere Situatione­n, in denen der eine für den anderen in die Bresche springt. Oder den Richter gibt. Tolga über Batuhan: „Manchmal übertreibt Batuhan es ein wenig und haut den gegnerisch­en Spieler um, wenn der mir nur auf den Fuß tritt oder mich irgendwie anmacht.“Blut ist halt auch bei den Dogans dicker als Wasser. Batuhan erklärt zu seiner Ehrenrettu­ng: „Übertriebe­n unfair bin ich aber nicht.“

Am letzten Spieltag vor dem zweiten Amateurspo­rt-Lockdown gelang den Dogans mit ihrem VfB Fichte gegen den SV Rödinghaus­en II beim 5:2 endlich der langer

Viel zu tun: TSG-Jugendwart Christian Grunow. sehnte erste Saisonsieg. Damit war der Anschluss hergestell­t an das Feld, dessen Ende aber immer noch der VfB ziert. Platz 18 in der 18erStaffe­l, erst Platz 13 bedeutet den Nicht-Abstieg. Fichte hat vier Punkte, der SC Herford auf Rang 13 acht.

Für den „Zehner“Tolga war es ein ganz besonderes Spiel, denn er erzielte seine ersten zwei Pflichtspi­eltore in einer Seniorenma­nnschaft. „Das war ein sehr erleichter­ndes Gefühl. Wir haben wochenlang hart geackert, die Gegner immer zum Schwitzen gebracht, wurden aber immer wieder enttäuscht. Für mich persönlich waren meine zwei Tore natürlich auch sensatione­ll“, so Tolga. Für Batuhan war es „einfach ein gutes Gefühl, wenn man sieht, dass sich das Umsetzen der Taktik vom Trainer und das harte Arbeiten auszahlt.“Offensivkr­aft Batuhan ist auf dem linken Flügel zu Hause.

Nun hatten sich die Dogans auf die kommenden Spiele gefreut. Sie wollten den Schwung des ersten Sieges nutzen und weitere folgen lassen. Doch dann der neuerliche Corona-Lockdown. Batuhan Dogan sagt: „Die Zahlen sind noch einmal deutlich gestiegen, dann muss ja irgendwas gemacht werden. Schade um den Sport, aber Gesundheit geht vor.“Dennoch hoffe er, dass es nicht so lange dauere – „ohne Fußball fühle ich mich so leer.“Die Zwangspaus­e wollen die Brüder nutzen, um an ihren Schwächen zu arbeiten. „Bei Batu ist es definitiv der Abschluss, da muss er schon noch ein bisschen nachlegen“, sagt Tolga lachend. Zudem würden sie die individuel­len Trainingsp­läne, die Coach Philipp Willmann erstellt, umsetzen.

Womit Batuhan und Tolga Dogan dann für die kommenden Aufgaben gewappnet wären. Außerdem käme ein schneller Wiedereins­tieg in den Spielbetri­eb auch den sonntäglic­hen Abläufen im Hause Dogan entgegen. Beide wohnen noch gemeinsam im Elternhaus. Batuhan studiert Jura, Tolga Maschinenb­au.

An Spieltagen steht Tolga vor Batuhan auf, dann wird gemeinsam mit den Eltern gefrühstüc­kt. „Danach packen wir unsere Taschen. Dabei entsteht immer ein Streit, da eine Socke von dem anderen fehlt und wir den jeweils anderen dann beschuldig­en“, plaudert Tolga. Am Ende finde sich die Socke, und beide fahren zusammen zum Spiel. Tolga: „Wir wechseln uns eigentlich immer ab beim Fahren, das kommt auf die Laune an. Auf der Autofahrt drückt Batu mir ein paar ’Du kannst nicht fahren’-Sätze rein, die ich zu 90 Prozent ignoriere.“Batuhan erlebt die Anreisen etwas anders: „Auf der Fahrt tauschen wir uns über den Gegner, die Aufstellun­g und unsere Taktik aus.“

Das ist wahrschein­lich bei Geschwiste­rn so: Sie verstehen sich, auch wenn sie ganz unterschie­dliche Sichten auf die wichtigen Dinge haben.

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