Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Volkstrauertag im kleinen Kreis
Ingo Nürnberger erinnert an Opfer von Gewalt und Krieg, berichtet von Traumata seiner Opas.
¥ Bielefeld (imi). Coronabedingt konnten auch die Feierlichkeiten zum Volkstrauertag zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft amSonntag nicht wie gewohnt stattfinden. Symbolisch für alle legten Sozialdezernent Ingo Nürnberger, Kreisvorsitzender des Volksbunds Kriegsgräberfürsorge, und Bezirksbürgermeister Holm Sternbacher am Kriegerdenkmal gegenüber der Peter-und-Pauls-Kirche in Heepen einen Kranz nieder.
„Im Jahr 2020 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum fünfundsiebzigsten Mal“, sagte Nürnberger. Die sechs Jahre des Kriegs – und die zwölf Jahre Nationalsozialistische Herrschaft – hätten unser Land bis heute wie kein anderes geschichtliches Ereignis geprägt. Der Zweite Weltkrieg habe unvorstellbares Leid über die Menschheit gebracht. „Wir gedenken am Volkstrauertag all dieser Opfer“, so Nürnberger. nen Verirrung in der Jugend keine angemessenen Schlüsse ziehen konnte“, berichtet Nürnberger.
Dieser Tag bedeute Gedenken an die Opfer – aber auch Erinnerung an die Schuld und Verantwortung des eigenen Landes, der eigenen Regierungen und vieler einzelner Menschen, die mitgemacht und einer falschen Sache gedient haben. Das Kriegsende am 8. Mai 1945 und das Leid, das die Menschen in Deutschland vorher und teilweise auch noch danach erfahren mussten, sei nicht zu trennen vom Tag der Machtübergabe an die Nazis am 30. Januar 1933.
Die Deutschen selbst, viel zu viele Wähler der Nazis, aber auch versagende Eliten, hätten den Kriegstreibern den roten Teppich ausgerollt, ihnen den Weg zur Macht geebnet. „Die Nazis kündigten Gewalt und Krieg an – und wurden trotzdem gewählt.“Der Weg zur Macht sei ihnen auch leicht gemacht worden, weil die Demokraten sich gegeneinander ausspielen gelassen hätten.
„Indem wir der Kriege und ihrer Ursachen erinnern, halten wir auch die Lehre daraus am Leben“, ergänzte Nürnberger. Dass Kriege und Gewalt entstünden, wenn der Egoismus – auch zwischen den Völkern und Nationen – dominiere, wenn wirtschaftliche Interessen gnadenlos durchgesetzt würden, wenn religiöser oder rassistischer Hass geschürt werde.
„Gewalt und Kriege entstehen, wenn die Vorzeichen nicht frühzeitig erkannt werden – und wenn die Gutwilligen, die Friedfertigen, nicht früh genug dagegen aufstehen“, ergänzte Nürnberger. Diese Lehre sei so aktuell und wichtig wie eh und je.