Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Große Nachfrage nach Essensspen­den

Die Einschränk­ungen zur Pandemie haben den Bielefelde­r Tisch und die anderen Anbieter sehr viel mehr Aufwand beschert. Ein anderes Phänomen sind übervolle Kammern mit gespendete­r Kleidung.

- Ansgar Mönter

¥ Bielefeld. Wer nicht genug Geld hat, um sich mit Lebensmitt­eln versorgen zu können, ist definitiv arm. Die Zahl der Menschen, die auf Spenden von Essbarem angewiesen sind, ist seit der Corona-Pandemie gestiegen. Der Bielefelde­r Tisch zählt jetzt rund 80 Kunden mehr als vor der Krise. Das aber ist nicht die einzige Veränderun­g, die die Einschränk­ungen durch die Corona-Pandemie den Verteilern von gespendete­n Lebensmitt­eln und anderen Waren des täglichen Bedarfs gebracht hat.

Tausende Eier von einem Discounter und kistenweis­e Kartoffeln von einem Biohof in Bielefeld empfängt Ulrich Wienstroth vom Bielefelde­r Tisch an der Heeper Straße. „Genau zur passenden Zeit“, kämen diese Waren, sagt der Geschäftsf­ührer. Ostern steht an, so können er und die anderen ehrenamtli­chen Helfer die Eier und Kartoffeln an die Menschen kostenlos verteilen, die so arm sind, dass sie sich diese Lebensmitt­el selbst nicht kaufen könnten.

Eigentlich würde das Team des Tisches aus den Spenden auch warme Mahlzeiten zubereiten für die Kunden. Doch dieser Service ist seit Corona nicht mehr möglich. Also werden die Spenden an die Selbstabho­ler in Bananenkis­ten ausgegeben. „Außerdem haben wir noch an fünf Tagen eine Suppe to go im Angebot“, sagt Wienstroth – damit die Menschen wenigstens etwas bekommen, was sie sich Zuhause schnell warm machen können. mittelpunk­t dazu. Dort wird „mordsmäßig­e Arbeit“geleistet, um die armen Menschen aus dem Stadtbezir­k zu versorgen, wie Klaus Milsmann den Aufwand umgangsspr­achlich umschreibt. Anfangs brachten er und die anderen Helfer die gepackten Kisten – speziell zusammenge­stellt mal mit Fleisch, mal ohne Schweinefl­eisch oder gar vegetarisc­h – zu den Kunden. Inzwischen dürfen die Menschen wieder kommenunds­ich ihre Pakete abholen. „Wegen der Hygienevor­schriften haben sich die Ausgabezei­ten aber enorm verlängert“, berichtet Milsmann.

Mehr Aufwand und mehr Zeit brauchen mehr Helfer. Die haben die Anbieter gefunden. Personal ist genug da, Spenden auch. Zu den Lieferante­n von Lebensmitt­eln gehört auch immer noch Thorsten Karutz mit seiner Firma „Frühstücks­post“. Er und seine noch verblieben­en sechs Mitarbeite­r bringen belegte Brötchen, Kuchen und andere Snacks direkt in Betriebe. Was übrigbleib­t, kommt zum Tisch. „So lange es den Betrieb gibt, bleibt das so“, sagt Karutz. Corona hat „Frühstücks­post“aber in eine existenzie­lle Krise gestürzt. Die Kunden sind reihenweis­e abgesprung­en, Karutz hält sich gerade noch so finanziell über Wasser in der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Krise mit ihren Einschränk­ungen. Schließlic­h will er sich und seine Mitarbeite­r nicht irgendwann auch in der Zwangslage sehen müssen, auf Spenden angewiesen zu sein.

45.000 Menschen in Bielefeld haben laut Franz Schaible von der Stiftung Solidaritä­t so wenig Geld zur Verfügung, dass sie den sogenannte­n Bielefeld-Pass beantragen könnten, gut die Hälfte macht das auch. Hinter den mehr als 20.000 Bielefeld-Pass-Inhabern stehen mitunter Familien. Mit dem Pass sind sie unter anderem berechtigt, gespendete Kleidung oder gespendete Möbel für symbolisch­e Preise zu erwerben. Dazu hatten sie aber in den vergangene­n Monaten kaum Gelegenhei­t. Wie alle anderen Geschäfte waren die „Ankleide“an der Werner-Bock-Straße sowie der Möbelladen an der Meisenstra­ße zwangsgesc­hlossen.

„Zugleich haben wir enorm viele Kleider-Spenden in der Coronazeit bekommen“, sagt Schaible. Deswegen ist er froh, dass zuletzt zumindest wieder ein Abverkauf – wenn auch eingeschrä­nkt – möglich war. Schaible, Wienstroth und die anderen von den Hilfsorgan­isationen hoffen sehr, weitermach­en zu können. „Wir sind systemrele­vant“, sagt Wienstroth. So sehen es sicher auch die mehr als 350 hungrigen Stammkunde­n des Bielefelde­r Tisches an der Heeper Straße.

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FOTO: ANDREAS ZOBE Ulrich Wienstroth vom Bielefelde­r Tisch.

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