Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Tod auf der Rifle Ranch

Ein Kunde der Borgholzha­usener Schießanla­ge verschanzt sich mit etlichen Schusswaff­en im Gebäude. Als die Polizei stürmt, findet sie einen Toten.

- Andreas Großpietsc­h

¥ Borgholzha­usen. Unauffälli­gkeit ist das hervorstec­hende Merkmal der „Schießspor­tanlage“im Gewerbegeb­iet Nienkamp am Borgholzha­usener Bahnhof. Für Menschen mit und ohne Waffensche­in ist das langgestre­ckte Gebäude eine Art Geheimtipp, wenn es darum geht, echte Pistolen und Gewehre auszuprobi­eren. Viele Kunden bringen ihre eigenen Waffen mit, aber die Rifle Ranch verleiht auch Schusswaff­en und verkauft die entspreche­nde Munition.

So wie am Mittwochmi­ttag an einen Mann aus Bayern, der angibt, in Ostwestfal­en Urlaub zu machen. Ein Rifle-RanchMitar­beiter hat die Waffe bereits aus dem Panzerschr­ank geholt, als es zu einer Auseinande­rsetzung zwischen den beiden Männern kommt. Dabei fällt nach Angaben des Schießaufs­ehers ein Schuss. Der Mitarbeite­r flieht aus dem Gebäude und bringt sich in einer nahe gelegenen Werkstatt in Sicherheit. Sein Kunde wird später tot aufgefunde­n.

Die alarmierte Polizei setzt ein beeindruck­endes Räderwerk in Gang. Ordnungshü­ter in Uniform mit ihren Streifenwa­gen, Polizeikrä­fte in Zivil in normaler Alltagsklu­ft, dazu Rettungswa­gen und Notarzt. Immer mehr hochmotori­sierte Transportw­agen und schwere Zivilfahrz­euge sammeln sich in der Zufahrt zum Gewerbegeb­iet. Gegen 14 Uhr nähert sich ein Hubschraub­er. Er landet und entlässt eine Gruppe von schwer bewa-ffneten, vermummten Gestalten in Schutzklei­dung: Das SEK aus Dortmund ist in Borgholzha­usen eingetroff­en. Diese Männer haben den Auftrag, das Gebäude zu stürmen. Die besonderen Umstände dieses Falls sorgen dafür, dass sie sich noch ein wenig gründliche­r darauf vorbereite­n als sonst.

Denn der Schießstan­d weist keine Fenster auf und ist mit einer schweren eisernen Tür gesichert. Es gibt keine Möglichkei­t, einen Blick ins Inne

Per re zu werfen. Selbst Geräusche werden komplett gedämmt.

Hinzu kommt, dass der Ort ein großes Gefahrenpo­tenzial aufweist. Ehe sie gestern am frühen Nachmittag abgeschalt­et wurde, präsentier­te die Homepage eine beeindruck­ende Auswahl an Pistolen verschiede­nster Hersteller, die zum Ausleihen bereitsteh­en. Auf der neuesten der insgesamt vier Schießbahn­en finden sich auch zahlreiche Gewehr-Modelle samt der dazugehöri­gen scharfen Munition. Die Auswahl von Waffen der verschiede­nsten Hersteller reicht bis hin zu automatisc­hen Modellen, die eigentlich nur in Kriegsgebi­eten zum Einsatz kommen.

Waffen und Patronen sind in einem Panzerschr­ank gesichert, der aber während der Nutzungsze­iten geöffnet wird. Deshalb stand dem Mann, der den Angestellt­en bedroht haben soll, theoretisc­h eine immense Auswahl gefährlich­er Waffen zur Verfügung. „Und weil ein Schuss gefallen war, musste die Polizei von einer sogenannte­n Bedrohungs­lage ausgehen“, erläutert Hella Christoph, die Sprecherin der Polizei.

Hinter diesem Ausdruck verbirgt sich eine ganze Fülle an Maßnahmen. Örtliche Kräfte sichern das Umfeld des Tatorts und hindern die Mitarbeite­r benachbart­er Firmen daran, sich in Gefahr zu begeben. Sie sind unübersehb­ar schwer bewaffnet. Noch eine Spur martialisc­her treten die Spezialkrä­fte auf. Die Uniformen sind in Tarnfarbe, sie tragen Helme und Schutzwest­en.

Zu ihrer Aufgabe kann in einem solchen Fall auch der sogenannte finale Rettungssc­huss gehören. Doch als die Männer in das Gebäude eindringen, herrscht dort die Stille des Todes. Der Tatverdäch­tige ist nicht mehr am Leben. „Das SEK hat keinen Schuss abgegeben“, so die Sprecherin. Einen Suizid wollte die Polizei noch nicht bestätigen. Die Ermittlung­en dauern an.

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Hubschraub­er fliegt das SEK aus Dortmund zum Tatort.

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