Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Corona-Zahlen gehen weiter steil nach oben

Am ersten Schultag wurden aus elf weiterführ­enden Schulen bis 15 Uhr 22 positive Schnelltes­ts gemeldet. Mindestens 18 Mitarbeite­r der Eisengieße­rei Baumgarte sind erkrankt. Oberbürger­meister Pit Clausen geht davon aus, dass die Inzidenz am Donnerstag die

- Susanne Lahr

¥ Bielefeld. Ende Juni hat die Corona-Welt in Bielefeld noch so schön ausgesehen: die Sieben-Tages-Inzidenz bei 0,9, kaum noch Schnelltes­ts erforderli­ch und den Urlaub vor der Brust. Jetzt, gerade mal sieben Wochen später, gehen die Zahlen wieder steil, die Stadt ist just bundesweit mit einer Inzidenz von 91,3 mit Platz 8 unter den Top Ten. Oberbürger­meister Pit Clausen und der Krisenstab erläuterte­n am Mittwochab­end, was die verschärft­e Infektions­lage für die Bielefelde­rinnen und Bielefelde­r bedeutet.

„Die Dynamik des Infektions­geschehen ist keine gute Nachricht“, räumt Clausen ein. Für heute gingen die Prognosen davon aus, dass die 100erMarke gerissen wird. Zumal bereits am ersten Schultag aus elf weiterführ­enden Schulen bis 15 Uhr 22 positive Schnelltes­ts gemeldet worden seien. „Leider haben nicht alle beachtet, sich vorher testen zu lassen“, bedauert der Oberbürger­meister. In diesen Fällen würden nun die PCR-Testergebn­isse abgewartet und dann weitere Entscheidu­ngen getroffen. In Quarantäne müssen im positiven Fall allerdings nur noch die direkten Sitznachba­rn in der Schule, wie Norbert Wörmann, Leiter der Corona-Abteilung im Gesundheit­samt, erklärt.

Pit Clausen nimmt an, dass die Dynamik bei den Inzidenzza­hlen in der Schule weiter zunimmt. „Schule ist jeden Tag Anlass zur Begegnung von mehr als 50.000 Menschen in Bielefeld.“Er hofft, dass mit Entscheidu­ng der Ständigen Impfkommis­sion auch in der Altersgrup­pe der 12- bis 17Jährigen die Impfbereit­schaft wächst. Bislang liege die Zweitimpfq­uote in dieser Gruppe mit hoher Inzidenzbe­lastung bei 16,5 Prozent, während sie mit Blick auf alle Impfberech­tigten bei knapp 75 Prozent liegt. Clausen: „Ich davon aus, dass sich dort was bewegt.“

Die Zahlen des Landesamte­s für Gesundheit NRW bestätigen die Inzidenztr­eiber: In der Woche vom 11. bis 17. August haben sich demnach 122 Fünf- bis Neunjährig­e angesteckt (Inzidenz 141,9), 138 10- bis 14-Jährige (146,8), und bei den 15- bis 19-Jährigen waren es 136 Neuinfekti­onen (186,2). Die meisten Infektione­n gibt es jedoch in der Gruppe der 20- bis 24-Jährigen mit 258 (Inzidenz 188,6).

Von den 16.503 Covid-19Fällen in Bielefeld seit Pandemiebe­ginn entfielen bis zum 18. August 849 auf die 5- bis 14-Jährigen sowie 2.924 auf die 15- bis 24-Jährigen und 2.364 Fälle auf die 25- bis 34-Jährigen.

Die Stadt sei willens und bereit, so der Oberbürger­meister, in die Schulen zu gehen und dafür weitere Impfteams zu mobilisier­en. Weiterhin sollten alle Gelegenhei­ten genutzt werden, zu impfen. „Impfen ist erkennbar für alle die sicherste Option“, betont Clausen.

Mitauslöse­r der vierten Corona-Welle in Bielefeld waren auch Ferienspie­le in Sennestadt. Bis Dienstag hatte die Stadt allein in diesem Zusammenha­ng 34 positive Personen gemeldet, darunter 21 Kinder. Das Gesundheit­samt geht aufgrund des zeitlichen Abstandes von einer guten Woche nun nicht mehr von weiteren Positiven aus, die sich den Ferienspie­len zuordnen lassen. Große Sorge bereitet aber, dass bei den betroffene­n erwachsene­n Kontaktper­sonen zehn Mitarbeite­r aus Krankenhäu­sern, Pflegeeinr­ichtungen und -diensten sowie Arztpraxen positiv waren.

Dazu kommt ein größerer Ausbruch in der Eisengieße­rei Baumgarte in BielefeldB­rackwede, deren Namen die Stadt nun bekanntgab. Dort waren bis Dienstag 18 Mitarbeite­nde in unterschie­dlichen Abteilunge­n und Schichten an Covid-19 erkrankt. Die Massentest­ungen von rund 200 Mitarbeite­rn, die in der Produktion in drei Schichten arbeiten, waren am Dienstagab­end abgeschlos­sen. Die ersten vorliegend­en Ergebnisse am Mittwoch brachten bislang 30 negative Tests.

Außerdem haben nach letzten Erhebungen der Stadt Reiserückk­ehrer einen erhebliche­n Anteil am extrem dynamische­n Infektions­geschehen: knapp 25 Prozent. Länderschw­erpunkte sind jedenfalls Türkei, Spanien, Griechenla­nd und die Niederland­e.

Erkenntnis­se darüber, ob das Arminia-Heimspiel am vergangene­n Wochenende zum Infektions­geschehen beiträgt, liegen dem Gesundheit­samt in der Kürze der Zeit nicht vor. Mit Blick auf die Inkubation­szeit (die im Mittel bei fünf bis sechs Tagen liegt) könne „da aber noch was kommen“, meint Stadtsprec­her Daniel Steinmeier.

Die Kontaktnac­hverfolgun­g stellt derzeit eines der größten Probleme dar. Bei rund 100 Neuinfekti­onen pro Tag sei es schwierig, alle Fälle tagesaktue­ll nachzuverf­olgen. Aktuell sind laut Norbert Wörmann 60 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r an sieben Tagen damit beschäftig­t, davon allerdings viele in Teilzeit. Auch aus dem „Reiserückk­ehrerberei­ch“wurde Personal abgezogen, um der Nachverfol­gung den absoluten Vorrang zu geben. Heute gebe es Vorstellun­gsgespräch­e mit zehn Bewerbern. „Aber“, betont Wörmann, „bei Sprüngen der Inzidenz von mehr als 20 ist der personelle Bedarf nicht planbar.“

Der Krisenstab sieht den Peak bei der Inzidenz auch noch nicht erreicht. Er schätzt, dass es mindestens noch zwei Wochen aufwärtsge­ht. Allerdings solle man sich von dieser Zahl allein „nicht wuschig machen lassen“, so Clausen. In den Kliniken gebe es keine besorgnise­rregende Situation, gleichwohl auch dort die Dynamik des Infektions­geschehens ablesbar sei. Der Appell des Oberbürger­meisters geht dahin, sich weiter vorsichtig und umsichtig zu verhalten, Impfangebo­te zu nutzen. Alle von Covid-19 Betroffene­n sollten ihrer rechtliche­n Verpflicht­ung nachkommen, sich umgehend in Quarantäne begeben und Kontaktper­sonen informiere­n.

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In der Eisengieße­rei Baumgarte waren bis Dienstag 18 Mitarbeite­r aus unterschie­dlichen Abteilunge­n an Covid-19 erkrankt. Das hat die Stadt am Mittwoch bekanntgeg­eben. Jetzt werden die Ergebnisse von rund 200 PCR-Tests abgewartet.

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