Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Machtfrage im Streit um Verkehrsde­zernenten

Die FDP kritisiert „Kartell“der großen Parteien. Der Stadtrat muss die Praxis korrigiere­n.

- Joachim Uthmann

¥ Bielefeld. Die Sommerpaus­e ist vorbei. Im Rathaus wird wieder Politik gemacht. Und das gleich im Streit. Die FDP bohrt weiter bei der Besetzung des Verkehrs- und Umweltdeze­rnats nach und hat sogar die Kommunalau­fsicht bei der Bezirksreg­ierung eingeschal­tet. Sie spricht von einem „Machtkarte­ll“der großen Parteien. Das Verfahren scheint wackelig. Deshalb soll der Stadtrat es jetzt korrigiere­n.

Hintergrun­d ist, dass nach dem Ausscheide­n von Umweltdeze­rnentin Anja Ritschel (Grüne) die Stelle vakant ist. Die neue rot-grün-rote Ratsmehrhe­it will die Kompetenze­n aber erweitern – um das Amt für Verkehr. Ziel ist eine klimafreun­dlichere Verkehrspo­litik. Dafür muss Baudezerne­nt Gregor Moss (CDU) den Verkehrsbe­reich abgeben.

Bielefelde­r Landrecht

Das ist angesichts der forcierten Mobilitäts­wende umstritten. Vor allem die FDP wehrt sich. Doch Tradition im Bielefelde­r Rathaus ist es, dass die großen Parteien, mittlerwei­le neben CDU und SPD auch die Grünen, die Dezernente­n-Posten unter sich verteilen. Skeptiker nennen das „Bielefelde­r Landrecht“. Und trotz der rotgrünen Dominanz im Rat hält sich auch die CDU daran.

Entspreche­nd änderte der Rat mit Mehrheit die Dezernatsv­erteilung und ließ die Stelle entspreche­nd ausschreib­en. Darauf gab es 15 Bewerbunge­n bei Oberbürger­meister Pit Clausen (SPD) – aus denen die Grünen jetzt einen Kandidaten auswählen dürfen. Bis September soll das geschehen, dann könnte der Rat darüber entscheide­n.

Schon das passt der FDP nicht. Denn sie betont, dass die Gemeindeor­dnung eigentlich jeder Partei ein Vorschlags­recht einräume, dieses in Bielefeld aber nicht zum Tragen komme: „Die Schattenko­alition hebelt die Gemeindeor­dnung aus“, so der FDP-Vorsitzend­e Jan Maik Schlifter in einer Erklärung. Er appelliert an die CDU auch, nicht den Grünen das Verkehrsde­zernat zu überlassen.

Einsicht in Bewerbunge­n

Außerdem erwartet die FDP Einsicht in die Bewerbungs­unterlagen. Das habe der OB bisher verweigert. Doch für ein transparen­tes Verfahren sei das wichtig, betont Schlifter. Denn nur so könne die Chancengle­ichheit für alle Parteien bei Beurteilun­g der Bewerber hergestell­t werden.

Auch OB und die großen Parteien räumen mittlerwei­le ein, dass es für das Bielefelde­r Landrecht eigentlich kein geordnetes Verfahren gibt. Das soll jetzt in einer Sondersitz­ung des Hauptaussc­husses sowie im Rat am26. August nachgeholt werden. Ein Erlass des Landes stelle klar, dass der Rat „Herr des Verfahrens“ist.

Deshalb soll der Rat den OB beauftrage­n, die Bewerbunge­n zu sichten und zu prüfen und allen Ratsmitgli­edern die Einsicht zu gewähren. Diese verpflicht­en sich im Gegenzug, bis 14 Tage vor der Wahl die Informatio­nen geheim zu halten. CDU-Ratsfrakti­onschef Ralf Nettelstro­th: „Die Gefahr ist, dass sich sonst keiner mehr in Bielefeld bewirbt.“Denn die Bewerber hätten schließlic­h woanders feste Stellen.

Grünes Vorschlags­recht

Am Bielefelde­r Landrecht wird die Freigabe der Bewerbungs­unterlagen aber nichts ändern. Denn, so die Vorlage aus dem Rathaus, der Rat soll auch bestätigen, dass die Grünenden Kandidaten für das Dezernat vorschlage­n dürfen und der Rat darüber abstimme. Klargestel­lt wird: Das Recht anderer, einen Vorschlag zu machen, bleibt allerdings unberührt.

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