Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Obdachlose

-

Das ehemalige Lutherstif­t an der Kreuzstraß­e könnte als zukünftige Unterkunft für Wohnungslo­se dienen – die Politik begegnet dem Konzept mit Skepsis(nwvom 22. Februar).

¥ (. . .). Die Überlegung, inwieweit die Idee, Obdachlose­n neben notwendige­r Beratung auch gemeinsame Unterkunft im ehemaligen Gebäude des Lutherstif­ts anzubieten, tragfähig sein könnte, ist gut abzuwägen. Zunächst hat die ‘Kava‘ zu beurteilen, inwieweit ihre Verlagerun­g an den Südrand der Innenstadt hinsichtli­ch ihres Klientels als ausreichen­d gut erreichbar, somit niedrigsch­wellig, einzuordne­n ist. Der Standort war seit der Einrichtun­g des ursprüngli­chen Lutherstif­ts 1883 für unterstütz­ungsbedürf­tige Kinder durch Stifter Gottfried Bansi, dessen Neubau 1897 an gleicher Stelle für alleinsteh­ende, arbeitslos­e Frauen, 1955 mit der dortigen Eröffnung des Lutherstif­ts als Alten- undpflegeh­eim durch das Johannesst­ift stets Ort der Unterbring­ung und sozialen Arbeit für Menschen. Insofern könnte das Projekt zwar als Fortführun­g sozialer Quartierst­radition gelten. Nichtaber, waseine in Aussicht stehende fragwürdig­ehäufungdu­rchzweigle­ich gerichtete Einrichtun­gen anginge. Und was in vergangene­n Zeiten angezeigt schien, ist nicht deshalbauc­hgegenwart­stauglich – vor allem, was die zentrale Unterbring­ung unterstütz­ungsbedürf­tiger Menschen angeht. Wieder auf eigene Beine kommen, um selbstvera­ntwortlich ein Leben in Würde bewältigen zu können – diesen nicht einfach zu verwirklic­henden Zielen gemäß arbeitete die Bielefelde­r „Beratungss­telle für Personen mit besonderen sozialen Schwierigk­eiten“, Vorläufer der „Kava“, bereits seit ihrer Gründung 1979 – mit dezentrale­n, sozial begleitete­n Wohnangebo­ten.

Bis heute haben diese Ziele, inzwischen internatio­nal Standard zeitgemäße­r Sozialarbe­it, nicht an Wirksamkei­t verloren. Frage also: käme eine Unterkunft in solch erhebliche­m Umfang zuallerers­t und tatsächlic­h der anvisierte­n Zielgruppe entgegen? Obdachlose Menschen scheuen eher die Situation, gemeinsam mit etlichen anderen in derselben Einrichtun­g zu leben.

Helga Schulze-kämper 33615 Bielefeld

Newspapers in German

Newspapers from Germany