Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West
Robin Davis überzeugender Auftakt
Erste Runde im Finale der Nachfolge um den Generalmusikdirektor der Philharmoniker: Brahms Erste geriet ein wenig hektisch; das Publikum zeigte sich dennoch begeistert.
Bielefeld.
Es begannmit einem Stück Kreide, das zunächst unter chronischer Unterforderung litt, dann aber in künstlerischer Schwelgerei Erfüllung fand, indem es einem Knaben in die Hand fiel, der Schlösser, Gärten mit Pavillons und ein Meer mit Sonne auf den Asphalt malte. Robin Davis, einer der drei Finalisten im Wettbewerb um die Nachfolge des Generalmusikdirektors, hatte sich Sofia Gubaidulinas „Märchen-poem“, dem diese Geschichte zugrunde liegt, als Wahlstück auserkoren – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
So kam es vergangenenfreitag zu einem unerhört zarten Auftakt der Finalrunde. Das einstimmige Streichertutti geriet verstörend ausdrucksstark, flirrende Glissandi zeugten von der Zerbrechlichkeit der Künstlerseele, eine ganze Passage ließ die Farbe der verschiedenen Instrumentengruppen wie in einem Katalog erklingen. Davis, gegenwärtig GMD in Pforzheim, der in der Konzerteinführung sich als regelrechter Schwärmer entpuppt hatte, hatte die durchaus komplexe Partiturimgriff, führe die Philharmoniker der Leineweberstadt sicher durch rhythmische Untiefen, verfügte über eine beredete linke Hand, während die Rechte unbestechlich wie ein Metronom den Takt schlug. Glückwunsch zum Mut, zeitgenössische Musik zu präsentieren; Glückwunsch zur Akkuratesse der Realisierung.
Die beiden Hornkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart gerieten schonalleindurch die herausragende Leistung von Hartmut Welpmann, seines Zeichens Solo-hornist der Philharmoniker seit über zwei Jahrzehnten, zu einem Ohrenschmaus, an dem auch Robin Davis gebührenden Anteil hatte. Er ermunterte animierend zu dem mitunter etwas frechen und zugleich federleichten Gestus des originellen Österreichers.
Allen drei Finalisten hat die Findungskommission Brahms-symphonien ins Aufgabenheft geschrieben. Davis war die Erste in c-moll mit der wuchtigen paukengeschwängerten Introduktion anvertraut. Johannes Brahms hatte spät mit seinem symphonischen Schaffen begonnen und es nach Fertigstellung dervierten schon wieder beendet. Es sind Werke von enormer Expressivität. Schonzur Konzerteinführung hatte Davis kenntnisreich darauf hingewiesen, wie der Hanseat das raffinierte Kunststück fertigbringt, aus vier elementaren Motiven einen ganzenmusik-dom aufzurichten. Erkennbar mitgerissen und mit überschwänglicher Zeichengebung führte er das Orchester durch Brahms‘ üppige klippenreiche Klangwelten; nicht ganz gefeit gegen hektisch ausgefallene Momente ließ Davis ab und an die nötige Abgeklärtheit vermissen, die eine wichtige dirigentische Tugend gerade bei begeisternden, hochemotionalen Abläufen sein sollte.
Die Herzen des Bielefelder Publikums hat er dennoch zweifellos erobert. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Der nächste Finalist steht bereits vor der Tür. Am Freitag, 19. und am Sonntag, 21. April, wird Danielhuppert seinkönnen am Pult der Bielefelder Philharmoniker unter Beweis stellen.