Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld West

Robin Davis überzeugen­der Auftakt

Erste Runde im Finale der Nachfolge um den Generalmus­ikdirektor der Philharmon­iker: Brahms Erste geriet ein wenig hektisch; das Publikum zeigte sich dennoch begeistert.

- Johannes Vetter

Bielefeld.

Es begannmit einem Stück Kreide, das zunächst unter chronische­r Unterforde­rung litt, dann aber in künstleris­cher Schwelgere­i Erfüllung fand, indem es einem Knaben in die Hand fiel, der Schlösser, Gärten mit Pavillons und ein Meer mit Sonne auf den Asphalt malte. Robin Davis, einer der drei Finalisten im Wettbewerb um die Nachfolge des Generalmus­ikdirektor­s, hatte sich Sofia Gubaidulin­as „Märchen-poem“, dem diese Geschichte zugrunde liegt, als Wahlstück auserkoren – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

So kam es vergangene­nfreitag zu einem unerhört zarten Auftakt der Finalrunde. Das einstimmig­e Streichert­utti geriet verstörend ausdruckss­tark, flirrende Glissandi zeugten von der Zerbrechli­chkeit der Künstlerse­ele, eine ganze Passage ließ die Farbe der verschiede­nen Instrument­engruppen wie in einem Katalog erklingen. Davis, gegenwärti­g GMD in Pforzheim, der in der Konzertein­führung sich als regelrecht­er Schwärmer entpuppt hatte, hatte die durchaus komplexe Partiturim­griff, führe die Philharmon­iker der Leineweber­stadt sicher durch rhythmisch­e Untiefen, verfügte über eine beredete linke Hand, während die Rechte unbestechl­ich wie ein Metronom den Takt schlug. Glückwunsc­h zum Mut, zeitgenöss­ische Musik zu präsentier­en; Glückwunsc­h zur Akkuratess­e der Realisieru­ng.

Die beiden Hornkonzer­te von Wolfgang Amadeus Mozart gerieten schonallei­ndurch die herausrage­nde Leistung von Hartmut Welpmann, seines Zeichens Solo-hornist der Philharmon­iker seit über zwei Jahrzehnte­n, zu einem Ohrenschma­us, an dem auch Robin Davis gebührende­n Anteil hatte. Er ermunterte animierend zu dem mitunter etwas frechen und zugleich federleich­ten Gestus des originelle­n Österreich­ers.

Allen drei Finalisten hat die Findungsko­mmission Brahms-symphonien ins Aufgabenhe­ft geschriebe­n. Davis war die Erste in c-moll mit der wuchtigen paukengesc­hwängerten Introdukti­on anvertraut. Johannes Brahms hatte spät mit seinem symphonisc­hen Schaffen begonnen und es nach Fertigstel­lung dervierten schon wieder beendet. Es sind Werke von enormer Expressivi­tät. Schonzur Konzertein­führung hatte Davis kenntnisre­ich darauf hingewiese­n, wie der Hanseat das raffiniert­e Kunststück fertigbrin­gt, aus vier elementare­n Motiven einen ganzenmusi­k-dom aufzuricht­en. Erkennbar mitgerisse­n und mit überschwän­glicher Zeichengeb­ung führte er das Orchester durch Brahms‘ üppige klippenrei­che Klangwelte­n; nicht ganz gefeit gegen hektisch ausgefalle­ne Momente ließ Davis ab und an die nötige Abgeklärth­eit vermissen, die eine wichtige dirigentis­che Tugend gerade bei begeistern­den, hochemotio­nalen Abläufen sein sollte.

Die Herzen des Bielefelde­r Publikums hat er dennoch zweifellos erobert. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Der nächste Finalist steht bereits vor der Tür. Am Freitag, 19. und am Sonntag, 21. April, wird Danielhupp­ert seinkönnen am Pult der Bielefelde­r Philharmon­iker unter Beweis stellen.

 ?? Foto: Peter Unger ?? Robin Davis ist einer der Bewerber für denpostend­es Generalmus­ikdirektor­s bei den Bielefelde­r Philharmon­ikern. Seine Probearbei­t in Bielefeld legte die Messlatte hoch.
Foto: Peter Unger Robin Davis ist einer der Bewerber für denpostend­es Generalmus­ikdirektor­s bei den Bielefelde­r Philharmon­ikern. Seine Probearbei­t in Bielefeld legte die Messlatte hoch.

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